Die meisten haben eine Chance

Diabetes 20.3.18

Es geht nicht, ohne dass der Patient in seinem Leben etwas ändert, unter Umständen sogar sehr viel ändert. Und fast jeder Patient hat die Chance, seine Krankheit aufzuhalten, mindestens eine gewisse Zeit lang. Das sind die zwei wichtigsten Botschaften, die der Zürcher Hausarzt und Internist Dr. Daniel Schlossberg einem Menschen mit neu diagnostiziertem Diabetes vermittelt.

Tägliche Bewegung

Lebensstilanpassung, das heisst auf Deutsch, sich jeden Tag eine halbe bis eine ganze Stunde bewegen und vor allem abnehmen. Denn die zu vielen Kilos sind es, welche den Stoffwechsel und das Insulin schachmatt setzen. Für die Änderungen der Lebensgewohnheiten und die entsprechende Motivation wendet Dr. Schlossberg viel Zeit auf: «Sie sind das A und O jeder Diabetes-Behandlung. Nur dann haben wir Erfolg.»

Tiefgreifende Störung des Stoffwechsels

Dieses Engagement ist dringend nötig. Wer mit Diabetes konfrontiert ist, hat nicht einfach nur ein «bisschen Zucker». Sein ganzer Stoffwechsel ist tiefgreifend gestört. Und das hat für die Gesundheit dramatische Folgen. Nicht nur das Auge und die Nieren werden über kurz oder lang geschädigt, sondern das gesamte Herz-Kreislauf-System, vor allem das Herz. Fakt ist: Sogar ohne kardiovaskuläre Vorerkrankungen hat ein 50-jähriger Patient mit Diabetes Typ 2 eine um sechs bis sieben Jahre verkürzte Lebenserwartung. Die meisten Todesfälle sind dabei durch Herzgefässerkrankungen bedingt. «Wir kämpfen deshalb nicht nur gegen den Blutzucker, sondern wir müssen auch das kardiovaskuläre Risiko behandeln, das heisst das Herz schützen», sagt Dr. Schlossberg.

Umfassendes Behandlungskonzept wichtig

Ein umfassendes Behandlungskonzept sei deshalb wichtig, und zwar von Anfang an. «Während in den letzten zehn, zwanzig Jahren etliche neue Medikamente die in sie gesetzten Hoffnungen nicht erfüllen konnten, gibt es jetzt neue Wirkstoffe, die in kontrollierten Studien erstaunlich positive Effekte auf die Sterblichkeit von Diabetikern gezeigt haben.» Dabei handelt es sich zum einen um eine neue Substanzklasse zur oralen Behandlung von Diabetes. Der neue Wirkstoff sorgt dafür, dass überschüssiger Zucker via Nieren ausgeschieden wird, unabhängig von der Funktion der Bauchspeicheldrüse und der Ansprechrate auf das körpereigene Insulin. Der andere Wirkstoff wird gespritzt und bewirkt, dass der Appetit vermindert, die Magenentleerung verzögert und die Blutzuckerkontrolle durch verschiedene Mechanismen verbessert wird. Beide Wirkstoffe führen zu einer Gewichtsabnahme.

Die beiden Medikamente senken das Risiko für Herz-Kreislauf-Ereignisse eindrücklich. In einer Studie mit dem Mittel, das geschluckt wird und die Zuckerausscheidung über die Nieren erhöht, liess sich einer von drei kardiovaskulär bedingten Todesfällen verhindern. Werden 1000 Diabetiker mit hohem Herz-Kreislauf-Risiko drei Jahre lang mit diesem Medikament behandelt, kann man 25 Leben retten und 15 Spitaleintritte wegen Herzinsuffizienz verhindern. Oder anders gesagt: Nur gerade 39 Patienten müssen behandelt werden, um einen kardiovaskulären Todesfall zu verhindern. Und der schützende Effekt setzt schon nach drei Monaten ein.

Herzschutz im Vordergrund

Dr. Schlossberg zieht bei jedem Patienten mit hohem Herz-Kreislauf-Risiko die neuen Therapien in Betracht, auch wenn sich nicht jeder dafür eignet. «Es braucht in jedem Einzelfall eine sorgfältige Abwägung. Denn der Herzschutz ist dank den neuen Wirkstoffen eindeutig in den Vordergrund gerückt. Es geht nicht mehr nur um eine gute Blutzuckereinstellung. Die Diabetesbehandlung ist umfassender, komplexer und vor allem rationaler geworden, das heisst, sie basiert auf klaren wissenschaftlichen Daten.»

Weitere Informationen und Beratung

Die Schweizerische Diabetes-Gesellschaft wurde 1957 gegründet mit dem Ziel, die Lage der Diabetikerinnen und Dia­betiker in der Schweiz zu verbessern. Heute zählen die 20 regionalen Diabetes-Gesellschaften rund 20 000 Mitglieder.

www.diabetesschweiz.ch