Es war 5 vor 12

Ruth Schärer

Anfangs 2015 suchte ich die Ärztin wegen meines zu hohen Blutdrucks auf. Mit dem verordneten Medikament stellte sich bald eine Besserung ein. Später kontrollierten wir auch den Blutzucker. Da ich keinerlei Anzeichen für einen zu hohen Blutzucker verspürte, ging ich ohne Bedenken zur Kontrolle. Doch dem war nicht so. Mit 13,5 war der Wert viel zu hoch. Nun hatte es mich auch erwischt. Denn schon mein Vater hatte Diabetes. Auch bei meiner Ärztin läuteten die Alarmglocken.

Auf alles Süsse verzichten

Mir fiel die Decke auf den Kopf. Mit dem hatte ich nie gerechnet. Was nun? Meine Ärztin sagte mir, dass wir das zusammen schon in den Griff bekommen, wenn ich von jetzt an auf alles Süsse verzichte, das heisst keine Konfi, kein Honig, keine Schoggi, keine Guetzli, kein Fruchtjogurt, keine Süssgetränke, und auch kein Bier, kein Schnaps und Wein nur in kleinen Mengen. Auch mit Teigwaren, Reis, Kartoffeln und vor allem Wähen solle ich sehr vorsichtig sein. Das wandle sich alles in Zucker um. Auch mit Früchten solle ich mich zurückhalten, speziell mit getrockneten. Zudem solle ich von nun an einen täglichen „Marsch“ von 30 Minuten einplanen.

Ich wusste, dass es 5 vor 12 Uhr war. Auf keinen Fall wollte ich Insulin spritzen. Davor hatte ich richtig Bammel. Eine nicht einfache Zeit begann, denn Samichlaus und Weihnachten standen vor der Tür. Ich erklärte meiner Familie, dass ich keine Weihnachtsguetzli backen und ich nun strikte alles Süsses weglassen werde. Die Familie und die Freunde unterstützten mich, denn ich hatte zu allem noch ein gröberes Übergewicht. Satte 97 Kilo wog ich mit einer Körpergrösse von 1,66 Meter.

Den Diabetes habe ich im Griff

Ich sagte mir: Den Diabetes habe ICH im Griff und nicht umgekehrt. So war es denn auch. Mit nur einer Tablette im Tag ging ich zur ersten Kontrolle, und siehe da, meine Blutzucker-Werte verbesserten sich drastisch. Und innerhalb von nur zwei Monaten nahm ich 6 Kilo ab. Ich verlor weiter Gewicht, und meine Werte wurden immer besser. Meine Ärztin lobte mich in den höchsten Tönen. Das tat enorm gut.

Momentan habe ich ein Gewicht von 80 Kilo, und der Blutzucker hält sich gut bis sehr gut. Auch im Freundeskreis bekomme ich viel Lob. Meine Ärztin tadelte mich nie wegen meines Gewichts. Meine Familie unterstützte mich von Anfang an. Vor allem mein Mann ermuntert mich immer wieder auf einen Marsch zu gehen, obwohl wir nie Wanderer oder gar Spaziergänger waren. Wir haben beide entdeckt, dass es wunderschön ist, in der Natur zu sein. Die „Märsche“ anfangs waren nur geradeaus, heute geht es oft mal aufwärts, und die Läufe werden länger.

Ich fühle mich fit

Ich habe gelernt, dass es gar nicht so schwer ist, gewisse Lebensmittel wegzulassen, denn Lebensqualität bedeutet für mich, dass ich den Diabetes und das Gewicht in den Griff bekommen habe, und ich arbeite noch immer daran. Diesen Monat werde ich 62 Jahre alt und ich fühle mich fit wie schon viele Jahre nicht mehr. Es ist toll, dass ich wieder Kleidergrösse 44 und wohl bald 42 tragen kann.

Es ist sogar möglich, dass ich bald von meinem Diabetes-Medikament wegkomme. Die Blutdrucktablette konnte ich schon mal halbieren. Ich hoffe, dass ich viele Diabetiker ermuntern kann, mir nachzueifern.