Forelle – warum in die Ferne schweifen?

Forelle – warum in die Ferne schweifen?

In meiner Kindheit war Steinbutt, Loup de mer, Hummer und Co in der Schweiz etwas Fremdes, fast Unerreichbares. Rauchlachs und Crevetten gab’s fast nur in den Grand Hotels. Für den Normalsterblichen waren es unerreichbare Köstlichkeiten. Was wir jedoch hatten waren wunderbare, heimische Fische in Hülle und Fülle. Zander, Egli, Hecht und Forellen. Leider war jedoch Fisch nicht sehr beliebt, es gab ihn meistens am Freitag.

Neulich waren wir mit lieben Freunden zum Essen verabredet und wie so oft, redeten wir auch übers Kochen und Geniessen. Unsere Freunde sind leidenschaftliche Hobbyköche. Kürzlich bekamen sie eine alte, kupferne Poissonnière geschenkt. Sie leben in einem tollen, modernen Haus, natürlich mit einer modernen Hightech Küche mit Induktion. Und da ist leider eine antike, kupferne Poissonnière total fehl am Platz. Guter Rat ist teuer. Das gute Stück als Blumenvase oder Eiskühler zu missbrauchen wäre wirklich schade. Unser Gespräch wurde spannend, und ich wurde in eine Zeit entführt, wo man solche Probleme noch nicht kannte.

Im Landgasthof meiner Eltern waren frische Forellen eine Hausspezialität. Mein Vater war leidenschaftlicher Angler. Um jedoch genügend Forellen für einen gut gehenden Gasthof zu fangen, fehlte ihm die Zeit. Also hatte man schon damals Zuchtforellen, welche fröhlich in einem Vivier hinter dem Haus herumschwammen. Die Forellen wurden auf drei Zubereitungsarten angeboten; Müllerinnen Art, gebacken, oder blau. Wenn ich daran zurückdenke, läuft mir das Wasser im Munde zusammen und viele schöne Kindheitserinnerungen kommen mir in den Sinn.

©boekhaus.comZurück zu unseren Freunden. Für die Forellen blau gab es in der Küche meiner Eltern genau eine solche Poissonnière, wie sie meine Freunde nun hatten. In der Poissonnière  gab es einen wunderbaren, aromatischen Sud – das Rezept verrate ich Ihnen später. Jedes Mal, wenn eine Portion Forelle blau bestellt wurde, brachte man den Sud zum Kochen, gab eine oder zwei frisch geschlachtete Forellen hinein und nahm die Poissonnière vom Feuer und liess die Fische langsam gar ziehen. Wie man sieht, gab es schon damals eine Art Niedertemperaturgaren. Der Sud wurde je nach Bestellaufkommen drei bis vier Tage immer wieder benutzt, indem man immer wieder etwas frisches Wasser beigab, damit er durch das ständige Aufkochen nicht zu salzig wurde.

Heute ist Forelle blau fast aus der Mode gekommen, ganz zu Unrecht, wie ich meine, denn es ist ein wunderbares Essen. Gesund, einfach zubereitet und vor allem auch familientauglich. Zudem gibt es in der Schweiz ganz ausgezeichnete Zuchtforellen von bester Qualität.

Die Forelle gehört zu den Salmoniden. Sie hat sehr zartes, delikates Fleisch. Da eine frische Forelle viel natürliches Eiweiss enthält, verträgt sie beim Kochen keine grosse Hitze, da sie sonst sofort trocken und spähnig wird. Um sie perfekt zu garen, darf man sie nie kochen. Das wiederum spricht trotz Induktionskochherd für die alte Poissonnière meiner Freunde. Es braucht nur einen kleinen Trick. Man kocht den Fischsud separat in einem modernen Topf, welcher induktionskompatibel ist. Den Sud schmeckt man perfekt ab, die Forellen legt man in die Poissonnière und giesst den kochenden Sud darüber. Da die Kupferlegierung der Poissonnière auf der Induktion nicht funktioniert, gibt man sie für circa 15 – 20 Minuten in den vorgeheizten Backofen bei 80 Grad. Eine Poissonière hat einen Rosteinsatz, mit welchem man das Gargut ganz leicht aus dem Sud heben kann. Zudem ist sie ein edles Teil, welches in der heutigen Hightech Zeit etwas ganz Besonderes darstellt.

In meiner Kindheit durften wir Kinder – wir waren vier – einmal im Jahr mit unseren Eltern die Forellenzucht besuchen, von welcher unsere Forellen stammten. Es war jedes Mal ein Fest. Nach einer Besichtigung gab es am grossen Küchentisch kleine, köstliche Forellen blau à discrétion. Der Rekord meines Bruders und mir waren 17 Stück, danach fühlten wir uns wie Max und Moritz, nachdem sie die  Hähnchen geklaut hatten, und wir schliefen selig auf der Heimfahrt.

Forelle blau – Rezept für 4 Personen:

4 frische Forellen à circa 500 – 600g oder 8 à circa 300g, welche circa 1-2 Tage nach dem Schlachten gekocht werden. So bleiben sie saftiger, da das Fleisch, nachdem es die Totenstarre hatte, sich entspannt, und das Eiweiss nicht so schnell koaguliert.

  • 4 Liter Wasser
  • 1 Flasche guter Weisswein
  • 1 Zwiebel, geschält
  • 1 Lauchstange, gewaschen, in vier geschnitten
  • 1/4 Sellerie Knolle, geschält, in vier geschnitten
  • 1/2 Fenchel Knolle in vier geschnitten
  • 1 Büschel frischen Dill
  • 1 kleine Ingwerknolle, geschält in Scheiben geschnitten
  • 1 Gewürzbeutel mit 1 Lorbeerblatt, 1-2 Nelken, 1 Kaffeelöffel Pfefferkörner.
  • 3-4 Esslöffel Meersalz (der Sud sollte fast wie Meerwasser schmecken). Alle Zutaten zum Kochen bringen und circa 15 Minuten köcheln lassen, damit sich alle Aromen optimal entfalten können.

Wenn immer man nun bereit ist für die Forellen, den Sud zum Kochen bringen, vom Feuer nehmen und dann die Forellen behutsam in den Sud gleiten lassen und langsam garen.

Wenn die Forellen leicht aufplatzen, ist das ein Gütezeichen, denn nur frische Fische platzen. Wenn die Haut blau ist und das Fleisch weiss, ist die Forelle fertig.

Dazu serviert man frische Salzkartoffeln und Nussbutter, welche man am Tisch separat dazu reicht.

Die Forelle selber zu zerlegen ist gar nicht schwer und eine besondere Vorfreude. Auf einem heissen Teller geht es am besten. Man fährt mit einem Fischmesser unter die Haut und kann diese ganz einfach abheben. darunter sieht man ganz deutlich die Beschaffenheit der Fischfilets. Wiederum mit dem Fischmesser trennt man zuerst auf der einen Seite die zwei Filethälften längs voneinander und hebt das Fleisch behutsam von den Gräten. Danach macht man die andere Seite. Den Kopf und die Gräte legt man auf einen separaten Teller. Dann empfiehlt es sich, das Fleisch zur Sicherheit noch einmal auf Gräte abzusuchen. Wenn man sicher ist, dass man alle entfernt hat, träufelt man etwas braune Butter darüber, gibt ein oder zwei Kartoffeln dazu und fertig ist das Festessen.

Zeitfaktor: 45 Min