Für uns Menschen mit Cystischer Fibrose ist das unerträglich

Cystische Fibrose aufmacher

Und wieder müssen schwer kranke Patienten im Land mit dem angeblich besten Gesundheitssystem der Welt zusehen, wie es ihnen Tag für Tag schlechter geht, während im Ausland die einzig an der Ursache wirkende neue Therapie schon längst verfügbar ist und von den Kassen bezahlt wird. Dieses Mal geht es um die unheilbare Erbkrankheit Cystische Fibrose, von der in der Schweiz rund 1000 Menschen betroffen sind. Sie greift die Lunge an und zerstört sie schleichend. Am Ende droht der Erstickungstod, weil für eine lebensrettende Lungentransplantation vielfach Spenderorgane fehlen. Den Betroffenen bleibt in ihrer Not und in ihrem Unverständnis über die ausweglose Situation nichts Anderes übrig, als an die Gesundheitsbehörden und die Pharmafirma zu appellieren, sich im Interesse der Patienten bald auf eine Kassenpflicht des Medikamentes zu einigen.

An vorderster Front kämpft die Schweizerische Gesellschaft für Cystische Fibrose (CFCH), damit die Patienten auch in unserem Land endlich Zugang haben zu der lebensrettenden Therapie. Seit die 13 Jahre alte Mia denken kann, bestimmt die Cystische Fibrose ihren Alltag. Der Therapieaufwand ist immens. Sogar beim Spielen mit ihren Klassenkameraden ist die Cystische Fibrose ihr ständiger Begleiter. Ihre einzige Hoffnung ist, die Zerstörung ihrer Lunge zu verlangsamen. Es gibt ein Medikament, das ihr helfen würde. Doch in der Schweiz wird es ihr vorenthalten.

Vor mehr als zwei Jahren wurde das Medikament, welches bei 300 Patienten an der Ursache der Krankheit ansetzt, in der Schweiz zugelassen. Studien haben gezeigt, dass die Therapie bei rund einem Drittel der Betroffenen eine grosse Wirkung hat. Dr. med. Markus Hofer, leitender Arzt Pneumologie am Kantonsspital Winterthur: „Bei den Patienten, die ich bisher „off label“ mit diesem Medikament behandelt habe, zeigt sich eine nachhaltige Stabilisierung der Lungenfunktion und eine deutliche Gewichtszunahme. Beides ist wichtig für die Lebenserwartung und die Lebensqualität der Patienten.“

Kein freier Zugang zur Therapie in der Schweiz

In der Schweiz gibt es keinen freien Zugang zur Therapie, weil sich das Bundesamt für Gesundheit und der Medikamentenhersteller noch nicht über den Preis der viel versprechenden, aber auch sehr teuren Therapie einigen konnten. Besonders schlimm ist es für Kinder. Die zuständige Invalidenversicherung übernimmt gar keine Kosten. „Die Situation ist zum Verzweifeln“, klagt die Mutter von Mia. „Wir sind zwar sehr froh, gibt es endlich ein Medikament, das die Krankheit an ihrem Ursprung bekämpft. Doch während es in anderen europäischen Ländern schon zugänglich ist, warten wir in der Schweiz immer noch darauf.“ Es sei unhaltbar zuzusehen, wie die Krankheit bei Mia voranschreitet und wertvolle Lebenszeit verloren gehe.

Mia, 13

Für die Patienten und ihre Familien zählt jeder Tag. Dass eine Einigung so lange auf sich warten lässt, verlängert das Leiden der Betroffenen. „Ohne Einigung sind die Patienten von zermürbenden und langwierigen „off label“-Einzelentscheiden abhängig“, meint Reto Weibel, Co-Präsident der Patientenorganisation CFCH. „Es kann doch nicht sein, dass nach zwei Jahren immer noch keine Lösung da ist! Wir wissen, dass das Medikament teuer ist. Aber endlich ist eine Therapie da, welche die Ursache bekämpft. Darauf warten wir schon lange.“

Welch grossen Unterschied die Behandlung macht, zeigen Aussagen des Comedians Stefan Büsser: «Mir geht es so gut wie noch nie. Ich kann mehr als 100 Prozent arbeiten, stehe auf der Bühne und hatte dieses Jahr noch keine ambulante Antibiotika-Behandlung nötig. Ich kann mich nicht erinnern, wann das das letzte Mal der Fall war.» Was seiner Ansicht nach auch Unmengen an Kosten gespart habe.

Das Universitätsspital Zürich hat kürzlich Daten publiziert, die den Effekt der Therapie bestätigen. Drei von zehn Patienten konnten bereits nach sechs Monaten Behandlung von der Transplantationsliste genommen werden.

Die Genetik der Cystischen Fibrose sehen Sie hier in einer Grafik erklärt

Was ist Cystische Fibrose?

Cystische Fibrose (CF), auch Mukoviszidose genannt, ist die häufigste genetisch bedingte Stoffwechselerkrankung in Europa. Sie wird in der Schweiz jedes Jahr bei rund 35 Neugeborenen diagnostiziert. Im Jahr 2016 waren in der Schweiz 900 Menschen von der Krankheit betroffen. Rund 320’000 Schweizerinnen und Schweizer sind Träger des Gens, das CF verursacht – die meisten ohne es zu wissen. CF führt dazu, dass der Austausch von Salz und Wasser in den Zellen nicht korrekt funktioniert. Dadurch bilden sich im Körper Sekrete und Flüssigkeiten, die entweder zu konzentriert oder zu zähflüssig sind. Vor allem die Lunge und der Verdauungstrakt sind davon betroffen. In der Lunge entsteht zäher Schleim, der zu Husten, Bakterienbesiedlung und Entzündungsreaktionen führt. Dabei nimmt die Lunge fortlaufend Schaden, und das Atemvolumen nimmt stetig ab. Auch die Verdauung ist beeinträchtigt und der Körper kann verschiedene Nährstoffe nicht aufnehmen. Die Folgen sind Bauchschmerzen, Durchfall und eine reduzierte Gewichtszunahme.

Die Krankheit ist bis heute unheilbar. Eine intensive Therapie gehört bereits ab Geburt zum Alltag von CF-Betroffenen. Sie inhalieren mehrmals täglich Medikamente und Antibiotika. Auch Atemphysiotherapie und Sport helfen, den Schleim abzuhusten. Als letzte therapeutische Massnahme bleibt den Betroffenen bis heute nur die Lungentransplantation. Jährlich erhalten 10 bis 15 CF-Betroffene eine neue Lunge, darunter auch Kinder und Jugendliche. Da in der Schweiz nur wenige Personen einen Organspende-Ausweis auf sich tragen, warten viele CF-Kranke vergeblich auf eine neue Lunge.