Keine Angst vor grossen Fischen

Spitzenkoch André Jaeger schreibt und fotografiert seine besten Rezepte. Heute geht’s um wunderbar zubereitete Fischgerichte nach der Niedrigtemperaturgarmethode.

Fischgerichte: Keine Angst vor grossen Fischen
Bild: AdobeStock, Urheber: exclusive design

Wenn Gäste in meinem Restaurant sagen „Fisch mag ich nicht!“ dann ist meine Standardantwort: „Den Fisch, den Sie nicht mögen, mag ich auch nicht!“ Fisch ist köstlich und gesund. Er bringt unserem Körper Omega 3 Fettsäure und Vitamine, ist leicht verdaulich und sehr bekömmlich. Doch warum gibt es leider immer noch so viele Menschen, die Fisch nicht mögen? Wenn er riecht, wenn er undefinierbar ist, wenn er voller Gräten ist, todgekocht und mit einer pampigen Sauce überdeckt – ja dann mag ich Fisch auch nicht und dann verstehe ich alle, welche solche Fischgerichte ablehnen.

©boekhaus.comWir leben in einem Schlaraffenland. Es ist fast alles zu haben. Aber wie so oft im Leben muss man für das wirklich Gute etwas tun. Sei es im Sport, beim Abnehmen, oder beim Aussehen. Um einen guten Fisch zu bekommen, muss man ebenfalls etwas tun, man muss ihn suchen und vor allem nicht den erstbesten kaufen. Leider beschränken sich die meisten Leute auf Fischfilets. Das ist immerhin etwas, aber Fisch ist nicht gleich Fisch. Es würde zu weit gehen, wenn ich hier über Wildfang, Zucht und Qualität erzählen wollte.

Doch wie erkennt man einen guten, frischen Fisch? Wenn es Filets in der Auslage sind sollte man darauf achten, dass das Filet glänzt, dass es kompakt ist, dass es eine schöne Farbe hat und nirgends blutunterlaufen ist und dass es nicht direkt auf dem Eis liegt – Eis laugt das Eiweiss aus dem Fisch.

Fragen Sie den Verkäufer, wie frisch der Fisch ist und auch von wo er stammt. Sie dürfen auch fragen, ob Sie mal dran riechen dürfen, denn frischer Fisch duftet gut nach Fisch, er riecht nicht unangenehm. Wenn Sie so ein Fischfilet kaufen, sind Sie schon mal auf dem richtigen Weg, und ich garantiere Ihnen, dass Sie etwas Köstliches erwartet. Ein wenig Salz und Pfeffer, beide Seiten in wenig Mehl wenden, etwas Butter in einer Bratpfanne aufschäumen und die Fischfilets auf beiden Seiten kurz braten, etwas gehackte Petersilie darüber streuen, einen Spritzer frischen Zitronensaft dazu und schon haben Sie ein köstliches Fischgericht.

Doch nun zu meinem ganzen Fisch! Was ist der Vorteil? Man kann noch besser als beim Filet feststellen, ob der Fisch frisch ist. Besondere Merkmale eines ganzen, frischen Fisches sind: Glänzende Haut, festes Fleisch, hellrote Kiemen, klare Augen.

Ein kurzes Gespräch mit dem Fischverkäufer lohnt sich immer. Man zeigt, dass man Interesse hat, dass man etwas versteht und dass man nur guten, frischen Fisch haben will. Wenn es keinen ganzen Fisch in der Auslage hat, kann man im Gespräch erfahren, wann oder wo es einen ganzen Fisch zu kaufen gibt. Man kann ihn möglicherweise auch bestellen. Das wäre ohnehin der beste Weg, da man sich darauf vorbereiten kann. Und was ganz wichtig ist, man kann sich auch darauf freuen, denn Freude ist genauso wichtig wie frisch und gut.

Was für ein Fisch soll es denn sein? Süsswasser? Meerfisch? Zucht oder Wildfang? Wenn der Fisch gut ist, spielt es eigentlich keine so grosse Rolle. Forelle, Zander, Saibling sind bei uns die gängigsten Süsswasserfische, meistens aus der Zucht. Wolfsbarsch, Steinbutt, Heilbutt, Scholle, Lachs kämen aus dem Meer.

Heute möchte ich Ihnen ein sehr einfaches, köstliches Fischrezept erklären, welches sich ausgezeichnet für Forelle, Zander, Saibling und Wolfsbarsch eignet.

Rezept Fischgericht für 2 bis 4 Personen

1 ganzer Wolfsbarsch, Zucht ( Bar de Corse mit Schuppen)
1 Fenchel
2 Schalotten
1 Karotte
2 Knoblauchzehen
1 dl gutes Olivenöl
0,5 dl Hühnerbrühe
0,5 dl Weisswein
½ Zitrone
Salz, Zitronenpfeffer
1 Bund frischen Dill

  • Den Fisch innen und aussen sauber waschen, trocken tupfen. Fenchel rüsten und in Streifen schneiden, Schalotten und Knoblauch schälen und in Streifen schneiden, Karotte schälen und in dünne Scheiben schneiden.
  • 2 Bahnen Alufolie aufeinander legen und an einer Breitseite zusammen drehen, so dass man eine breite Bahn erhält in der Länge eines Backbleches. Die Folie auf ein Backblech legen.
  • Das Gemüse in kochendem Salzwasser kurz blanchieren und in die Mitte der Folie ein Bett arrangieren mit allem Gemüse. Die Zitrone in Scheiben schneiden und auf das Gemüse verteilen. Den Dill mit den Stengeln darauf legen und mit etwas Salz und Zitronenpfeffer würzen.
  • Den Fisch, ganz mit Schuppen, Kopf nach oben, Rückenseite nach rechts, auf das Gemüse legen, die Folie rund um den Fisch etwas einrollen, so dass man wie ein tiefes Becken erhält.
  • Hühnerbrühe und Weisswein dazugeben, das Olivenöl über den Fisch giessen. Nun den Fisch so, mit der Folie offen, in den Backofen bei 80° schieben und je nach Grösse des Fisches 30-45 Minuten garen. Von Zeit zu Zeit den Fisch mit der Flüssigkeit übergiessen.
  • Um zu wissen, wann der Fisch gar ist, nimmt man eine dicke Stricknadel oder einen Holzspiess und sticht an der dicksten Stelle durch die Haut in den Fisch. Wenn die Nadel ohne Widerstand bis auf den Mittelgrat gleitet, ist der Fisch gar. Keine Angst vor Übergaren, da bei 80° nichts passieren kann. Dies ist das Niedertemperatur Garprinzip. Es hat den Vorteil, dass der Fisch saftig und zart bleibt. Besonders bei einem sehr frischen Fisch besteht die Gefahr, dass wenn er zu heiss gegart wird, das Eiweiss koaguliert und fest wird.

Wenn der Fisch gekocht ist, kann man mit einen Fisch- oder Tischmesser die Haut mit den Schuppen ablösen, indem man behutsam von der Schwanzseite unter die Haut fährt und diese sorgfältig abhebt. Nun liegt der Fisch in seiner ganzen Pracht, schneeweiss vor einem. Dies ist der Moment, wo viele nicht mehr weiter wissen. Doch nur Mut. Die Natur hat vorgesorgt. Man sieht sehr deutlich, dass eine Fischseite aus zwei Längshälften besteht. Mit dem Messer fährt man sanft der Mittellinie des Fisches entlang und trennt so die Hälften. Nun kann man die Hälften ganz einfach, eine nach links und die andere nach rechts wegschieben. Das hat zur Folge, dass alle Gräten am Rückgrat des Fisches bleiben. Nun kann man mit Messer und Gabel die Fischfilets auf einen vorgewärmten Teller legen und mit dem Zerlegen weiterfahren, indem man mit der Gabel am Schwanzende des Rückrates einhängt und das ganze Rückgrat langsam, von hinten nach vorne, abhebt und gleich ganz vom Fisch entfernt. Nun hat man noch die untere Seite des Fisches mit der Haut auf dem Gemüse liegen. Man teilt wiederum die zwei Hälften mit dem Messer, indem man behutsam unter das Fleisch gleitet, ohne die Haut zu verletzen. Man legt das Filet jeweils auf den zweiten Teller und entsorgt die Haut. Nun kann man das Gemüse mit dem Saft auf den Fisch geben. Dazu eigenen sich Salzkartoffeln.

Man kann aber auch den Saft in ein Pfännchen geben, etwas Sahne und Butter dazu geben und kurz aufkochen. Dabei kann es sein, dass man etwas Nachwürzen muss. Ganz köstlich ist dabei ein Schuss Pernot, welcher das Aroma vom Dill bestärkt. Zu dieser Variante passt eher ein weisser Basmatireis.

Dies ist ein wunderbares Fisch-Rezept, das sich für viele Fische eignet. Man kann so auch ein Stück Lachs, ein Stück Steinbutt oder Heilbutt zubereiten.

Wichtig ist dabei auch, dass man den Unterschied dieser Methode zum Garen im Salzmantel oder in der geschlossenen Folie kennt. Die meisten Rezepturen basieren auf einer Temperatur von 180°. Das ist natürlich auch in Ordnung, hat aber den Nachteil, dass man die Garstufe nicht so genau bestimmen kann wie bei dieser Methode. Da der Fisch einer grösseren Hitze ausgesetzt ist, wird er immer fester und oft auch etwas trocken.

Zeitfaktor: ca 1. Stunde

Dieser Eintrag wurde veröffentlicht am 13.04.2023.

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