Machen Sie Schluss mit den Kopfschmerz-Tabletten!

Kopfweh Klostermann portrait

Mein grosses Problem ist mein ständiges Spannungs-Kopfweh. Ich habe mit meinem Hausarzt alle Therapien durchexerziert, die es gibt. Angefangen von Traditionell Chinesischer Medizin, Physiotherapie, Massage etc. Auch geröntgt wurde alles, der Kopf und die Wirbelsäule. Nichts, aber auch gar nichts hat das gebracht. Das Kopfweh schleicht sich im Laufe des Nachmittags ein und wird gegen Abend immer stärker. Leidig sind für mich die vielen verschiedenen Schmerzmittel, die ich nehmen muss. Das geht alles nicht spurlos an mir vorbei. Ich lebe sehr zurückgezogen, bin antriebslos und gereizt. Meine Familie leidet auch. Ich versuche so gut es geht, mir nichts anmerken zu lassen. Ich habe drei erwachsene Kinder inklusive Grosskinder. Ich habe immer gearbeitet, geputzt, in Wäschereien gekrampft, Zeitungen ausgetragen. Ich bin Nichtraucherin, sportlich, fahre gerne Velo und gehe täglich mit dem Hund spazieren. Für einen Tipp, der meinem Leiden ein Ende bereiten könnte, wäre ich ausserordentlich dankbar.

Die beschriebene Situation ist bereits eine hochgradig chronifizierte Kopfschmerzerkrankung. Das bestätigt Dr. Ulf Klostermann, Facharzt für Anästhesiologie und Interventionelle Schmerztherapie vom Schmerz Zentrum Zofingen.

Vermutlich hatten Sie ursprünglich eine Migräne mit vier bis sechs Attacken pro Monat oder auch gelegentlich Spannungskopfschmerzen. „Diese beiden Kopfschmerzformen sind die beiden häufigsten Kopfweharten und machen über 80 Prozent der Kopfschmerzen aus“, sagt Dr. Klostermann.

Medikamenten-Übergebrauchs-Kopfschmerz

Fatal ist, dass sich gerade diese beiden Kopfschmerzarten durch zu häufige Einnahme von Schmerzmitteln in einen „Medikamenten-Übergebrauchs-Kopfschmerz“ verwandeln können. Schon ab zehn Schmertabletten pro Monat, eingenommen über zwölf Wochen hinweg, steigt bei diesen Kopfweharten das Risiko für einen „Medikamenten- Übergebrauchs-Kopfschmerz“ stark an. Es macht dabei keinen grossen Unterschied, welche Art von Schmerzmitteln eingenommen wird. Jedes Schmerzmedikament zählt.

Der „Medikamenten-Übergebrauchs-Kopfschmerz“ ist am Ende ein mehr oder weniger täglicher Kopfschmerz, der durch die zu häufige Einnahme von Schmerzmittel immer weiter zementiert wird.

Konsequenter Entzug von allen Schmerzmitteln

Dr. Klostermann sieht nur einen Ausweg, nämlich einen konsequenten Entzug von allen Schmerzmitteln. Das sei die einzige Möglichkeit, aus dem Teufelskreis aus Medikamentenübergebrauch und täglichem Kopfweh wieder heraus zu kommen. „Wir bieten an unserem Zentrum dazu einen ambulanten Entzug an und unterstützen die Betroffenen mit nicht-medikamentösen Verfahren. Dazu gehören Elektrostimulationsgeräte wie das Cefaly, welches der Patient selber anwenden kann. Nahrungsergänzung wie hochdosiertes Co-Enzym-Q10 kann als Migräneprophylaxe eingenommen werden, bestimmte Co-Analgetika aus dem Bereich der Antidepressiva können den Entzug unterstützen. Entspannungsverfahren und Biofeedback helfen ebenfalls in dieser schwierigen Situation.“

Neuerdings gibt es ein Verfahren, welches den Entzug und die Kopfschmerztherapie in  Zukunft grundlegend verändern kann: Ein feiner Kunststoffkatheter, den der Schmerzspezialist über die Nase einführt und damit ein lokales Betäubungsmittel appliziert. „Dieses Verfahren wird unter Röntgenkontrolle durchgeführt. Das lokale Anästhetikum kommt dabei an das Dach der oberen Nasenmuschel und betäubt dort eine wichtige Nervenumschaltzentrale, welche bei Migräne oder Cluster Headache relevant ist“, erklärt der Schmerzspezialist. „Diese Schaltstelle mit dem Namen Ganglion Sphenopalatinum wird durch die Betäubung vorübergehend ausgeschaltet, und es kommt gleichsam wie bei einem Reset eines Computer zu einem geordneten Neustart des Ganglions.“

Methode hat keine Nebenwirkungen

Die neue Methode lässt sich einfach und sehr sicher durchführen. Ein grosser Vorteil ist, dass sie mit keinen Nebenwirkungen einhergeht, wie sie bei Medikamenten auftreten, und damit auch für Schwangere mit Migräne geeignet ist. In solchen Fällen lässt sich eine Migräneattacke innert weniger Stunden ohne schädliche Medikamente unterbrechen. Eine weitere Möglichkeit ist die elektrische Stimulation der Nackennerven. Auch das lässt sich ambulant in einem spezialisierten Schmerzentrum machen. Geprüft wird auch, ob die Kopfschmerzen in der Halswirbelsäule ausgelöst werden. Ist das der Fall, kann die Halswirbelsäule gezielt behandelt werden.

Ausdauersportarten sehr hilfreich

Was kann die Patientin selber tun? Dr. Klostermann: „Sehr hilfreich sind Ausdauersportarten wie Laufen, Velofahren oder Schwimmen, um die Migräne besser in den Griff zu bekommen. Wichtig ist auch ein regelmässiger Lebensrhythmus. So kann es helfen, den Morgenkaffee immer zur selben Uhrzeit an sieben Tagen der Woche zu trinken, um nur ein kleines Beispiel zu nennen.“

Wenn der ambulante Entzug nicht gelingt, bleibt nur noch ein stationärer Entzug, der idealerweise mit einem stationären Reha-Aufenthalt kombiniert wird. Dennoch kann es zu Rückfällen kommen – der Medikamentenübergebrauch hat fast schon Suchtqualitäten. „Daher ist es wichtig, den Anfängen zu wehren, bevor sich der Teufelskreis geschlossen hat“, mahnt Dr. Klostermann. „Patienten mit Kopfschmerzen an mehr als sechs Tagen pro Monat sind daher gut beraten, ein spezialisiertes Schmerzzentrum zu konsultieren. Hier versucht man mit einer geeigneten Prophylaxe die Häufigkeit der Kopfschmerzen und der Medikamenteneinnahme zu reduzieren.“

Schmerzmitteleinnahme möglichst bald beenden

Bei den Medikamenten, welche unsere Patientin einnimmt, handelt es sich zum grössten Teil um bekannte Schmerz- und Rheumamittel. Dr. Klostermann: „Vor der regelmässigen und täglichen Einnahme dieser Medikamentengruppe muss ich auch noch aus anderen Gründen warnen: Der dauernde Gebrauch erhöht das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall um das Vierfache . Zudem kann es zu einer ernsthaften Schädigung des Magens kommen. Aus all diesen Gründen rate ich Ihnen dringend, die Schmerzmittel-Einnahme möglichst bald zu beenden.  Lassen Sie sich dabei von einem Schmerzspezialisten helfen.“

Weitere Informationen erhalten Sie hier: www.schmerzzentrum.ch