Pillen bis zum letzten Atemzug

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Pillen bis zum bitteren Ende. Sarkastischer könnte man es nicht formulieren. Doch es ist bittere Realität, gerade in Ländern mit einem hochstehenden und kostspieligen Gesundheitssystem. Eine grossangelegte Studie der Universität von Toronto mit Daten von fast 1000 über 66jährigen mit fortgeschrittener Demenz aus Pflegeheimen enthüllt schier unglaubliche Missstände. Obwohl ihr Tod schon absehbar ist, werden diese Menschen mit fragwürdigen oder schlicht nutzlosen Medikamenten behandelt. Viele Betroffene bekommen die Präparate sogar noch in der letzten Woche vor ihrem Tod. Dabei besteht ein breiter Konsens, dass in der letzten Phase des Lebens auf jegliche aggressiven Eingriffe und belastende Behandlungen verzichtet werden sollte. Doch das wird immer wieder missachtet, so die Ärztezeitung.

Cholesterinsenkende Medikamente könnten problemlos abgesetzt werden

Zu den am meisten verschriebenen Medikamenten mit fraglichem oder sogar fehlenden Nutzen in der letzten Lebensphase bei schwer kranken Menschen gehören gemäss der kanadischen Studie Cholesterinsenker, Blutverdünnungsmittel, Wirkstoffe gegen die Demenz selber, Hormonpräparate und sogar Chemotherapeutika. Oft würden diese Medikamente kritiklos einfach immer weiter verbreicht, entweder, weil man die verbleibende Lebenszeit überschätze oder weil einfach ein kompetenter Arzt fehle, um ein Medikament sicher abzusetzen, schreiben die Studienautoren. Dabei habe es sich beispielweise gezeigt, dass cholesterinsenkende Medikamente problemlos abgesetzt werden könnten, ohne dass das Leben dadurch verkürzt würde. Im Gegenteil: Die Betroffenen hätten weniger an Nebenwirkungen zu leiden und dadurch eine bessere Lebensqualität.

Sinn der eingesetzten Medikamente überprüfen

Die Studienautoren kritisieren weiter, dass fast jeder dritte Pflegebedürftige in seinem letzten Lebensjahr keinem Facharzt vorgestellt worden war. Dies sei jedoch wichtig, um Medikamente mit fraglichem Nutzen am Ende des Lebens sicher abzusetzen. Denn manche Wirkstoffe würden bei dieser Patientengruppe mehr Schaden anrichten als nützen. Deshalb müsse speziell bei Pflegeheimpatienten immer wieder der Sinn der eingesetzten Medikamente kritisch überprüft werden.