Porno – muss das sein?

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Besserer Sex Lektion 4. Pornografie ist nicht nur allgegenwärtig im Internet, sondern mehr und mehr auch im täglichen Leben. Wie soll man da noch ungestört Liebe machen können?

Ist Pornografie im Internet harmloser Zeitvertreib, Antrieb zu besserem Sex oder gar eine Sucht? Die Wahrheit liegt wohl irgendwo dazwischen. Die Folgen dieses gigantischen Trends sind jedenfalls erst in Jahren oder Jahrzehnten sichtbar. Klar ist: Die Bilder prägen sich im Gehirn ein. Vielleicht bekommen manche Paare neues Futter für ihre Lust, bei den meisten schieben sich die Pornos aber wie eine unsichtbare Wand dazwischen.

Machen wir uns nichts vor. Die Motivation für Pornografie liegt meistens in einem Ersatz für Sex mit einem Partner. Auch wenn es sich trivial anhört: Pornos werden vor allem zum Masturbieren konsumiert. Pornos sind von Haus aus für den Einzelkonsum angelegt und keine Paartherapie.

Pornografie möchte etwas, das zutiefst mit Berührung und dem gegenseitigen Spüren zu tun hat, nur mit audiovisueller Stimulation erfahrbar machen. Deswegen muss sie mit Übertreibungen und dem Bruch von Tabus arbeiten. Das löst eine starke, vorübergehende Befriedigung aus.

Den Weg zum Kiosk, in die Videothek oder in den Sexshop muss heute niemand mehr gehen. Der Weg ins Internet ist körperlos. Physisch nicht erkennbar kann man stundenlang vor den einschlägigen virtuellen Schaufenstern verweilen.

Vor dreissig Jahren verstand man unter Hardcore-Pornografie Darstellungen von Geschlechtsverkehr zwischen zwei Partnern mit Bildern von Genitalien. Heute wird dieses Genre von Erniedrigungen und Perversionen beherrscht und zeigt Vergewaltigungen, Ejakulationen ins Gesicht der Frau und aggressiven Analverkehr. Die Softcore-Pornografie von heute entspricht der Hardcore-Pornografie von damals. Pornos sind in normale Beziehungen eingesickert. Intimrasur ist Standard. Analverkehr wird von immer mehr Frauen erwartet.

Wie wirkt sich das aus, wenn Sexualität in die Banalität einer Massenware abzugleiten droht und wenn scheinbar nichts mehr unerreichbar bleibt und alles jederzeit verfügbar ist? Wird die Pornografie nicht zwangsläufig zum Erstickungstod des Begehrens?

Immer mehr Männer entwickeln eine habituelle Impotenz, weil sie auf die natürlichen Reize der Frau nicht mehr reagieren. Wer es gewohnt ist zu Pornos zu masturbieren, braucht auch im Bett den visuellen Kick. Das geht beim normalen Sex jedoch nicht. Andere versuchen ihre Partnerinnen dazu zu bringen, sich wie Pornostars zu benehmen und wollen nicht mehr Liebe machen, sondern ficken. Ihre Fantasien werden von primitiven und aggressiven Drehbüchern beherrscht, die sich in ihr Gehirn eingebrannt haben. Dass Pornos süchtig machen können, ist keine blosse Redewendung. Süchtig ist, wer die Kontrolle über sein Handeln verliert, die Dosis eines Stoffes steigern muss und trotz negativer Folgen zwanghaft ein Suchtmittel konsumiert.

Pornografie lindert sexuelle Mängel. Sie ist der Abort unbefriedigter Geilheit. Pornografie ist die bewusste Verletzung eines Tabus, das auf dem Gebot des Nichtzeigens beruht. Scham wird verletzt und Intimität gebrochen. Demütigend und verletzend ist nicht die Sichtbarkeit des Akts, sondern die Fliessbandherstellung und das Abfüttern des Publikums durch Fastfood. Gefühle und Empfindungen verschwinden. Lust deformiert sich zur Lüsternheit. Mögen die Bilder auch noch so eindringlich sein, sie leeren mehr als sie füllen. Sie versprechen etwas, das nicht eingelöst werden kann. Sehnsüchte werden nicht erfüllt.

Vielleicht machen es alle im stillen Kämmerchen. Aber über Pornografie reden? Das können die wenigsten, schon gar nicht mit dem Partner. Deshalb mache ich Ihnen einen Vorschlag: Schauen Sie gemeinsam Pornos an. Und zwar nicht aus einer vorwurfsvollen Haltung heraus, sondern einfach aus Neugierde, was dann passiert. Diskutieren Sie gemeinsam, wie die Pornos gemacht sind, wie sich die Darsteller verhalten, wie das Drehbuch abläuft, wie der gezeigte Sex ist, die Positionen und so weiter. Sie werden rasch feststellen, wie doof und langweilig diese Pornos eigentlich sind. Wie mechanisch und unerotisch der gezeigte Sex ist. Wie unnatürlich die Verrenkungen sind. Wenn Sie dann noch daran denken, wie die Akteure mit Viagra und Co vollgepumpt worden sind und wie ihre Penisse mit Vakuumpumpen und Spritzen malträtiert werden mussten, vergeht Ihnen definitiv die Lust. Wenn Sie diese Desillusionierung hinter sich haben, schalten Sie den Porno ab und beginnen Sie Ihre Partnerin oder Ihren Partner ganz sanft zu streicheln und nehmen sich dazu ganz viel Zeit. Das sind Dinge, die Sie in Pornos nie zu sehen bekommen. Dabei ist dieses sich nahe und zärtlich Sein etwas vom Schönsten beim Sex. Pornografie ist keine Begegnung zwischen Menschen. Aber genau danach sehnen wir uns in unserem innersten Wesen. Besserer Sex führt über den Abschied von Pornos.

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Dieser Eintrag wurde veröffentlicht am 15.05.2014.

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