Schlaf ist lernbar

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Meine Schmerzlektionen, Teil 3. Agnes Richener verrät ihre besten Tipps gegen Schmerzen und fotografiert sie gleich selber. Trick Nummer 3: Ohne Verbissenheit, sondern mit Leichtigkeit wieder schlafen lernen.

Schmerzpatienten leiden fast alle an Schlafstörungen. Es gibt unzählige Bücher über Schlafhygiene, Vorträge von Professoren, Ärzten und Therapeuten. Doch was hilft uns wirklich? Kürzlich war ich wieder an einem solchen Vortrag. Neues habe ich leider nicht erfahren. Wie bei ganz vielen Dingen kommt es immer wieder aufs selbe heraus: Wenn wir das Wissen nicht umsetzen, passiert rein gar nichts. Es braucht unseren Willen, etwas zu verändern.

Da wird erzählt, dass der Schlaf rund einen Drittel unseres Lebens einnimmt. Und dass der Schlaf in drei Phasen unterteilt wird. Den Leichtschlaf, den Tiefschlaf und die REM-Phase mit den schnellen Augenbewegungen. Und dann weiss man auch, dass die Schlafqualität in jedem Alter eine andere ist, und dass man im Alter sowieso nicht mehr so viel Schlaf braucht. Und so könnte ich Ihnen ganz viel Wissenswertes über den Schlaf berichten, weil ich mich eben schlau gemacht habe. Auch gibt es zig Regeln, wie man zu einem besseren Schlaf kommt. So vieles habe ich ausprobiert. Und hat es mir geholfen? Leider nein. Warum wohl? Ich hatte mit mir keine Geduld. Ich wollte schlafen, und zwar ganz schnell. Ich wollte, wie man so schön sagt, jede Nacht einen gesunden, tiefen Schlaf.

Es gab eine Zeit, da war ich fast am verzweifeln, denn die schlaflosen Nächte zehrten an mir, machten mich wütend und traurig. Ich habe richtig darunter gelitten. Wenig Schlaf hiess für mich, tagsüber mehr Schmerzen zu haben. Ab und zu nahm ich ein Schlafmittel, doch die wirkten nicht eine ganze Nacht hindurch. Also setzte ich die Schlafmittel wieder ab. Doch ich brauchte Hilfe, denn ich wusste, wenn ich längere Zeit nicht schlafen kann, gerate ich in eine Depression.

Schlafen ist lernbar. Bei mir war das so. Aber es hat fast zwei Jahre gedauert, bis mein Gehirn dem Körper die richtigen Signale gab. Ich hatte einen Arzt, der mir dabei behilflich war. Anfangs sträubte ich mich dagegen. Doch dann gab ich nach und schluckte jeden Abend eine Stunde, bevor ich ins Bett ging, eine geringe Dosis eines Psychopharmaka. Es ging zwei bis drei Wochen, bis ich eine Wirkung spürte. Ich wurde ruhiger, doch das allein war‘s natürlich nicht. Es war ein kleines Programm, das mir half, in kleinen Schritten wieder zu lernen, wie schlafen funktioniert. Wichtig ist, dass ein solches Programm nur Schönes enthält. Ich machte mir deshalb selber ein Verwöhnprogramm, indem ich mich für ein paar Dinge entschied, die ich mag. Das geht so: Ich gehe den Abend ruhig an, mit einem feinen Nachtessen, zu dem ich mir ein Glas Rotwein gönne. Ein Bad zur Entspannung oder eine kühle Dusche, wobei ich das Wasser ganz bewusst wie Streicheleinheiten wahrnehme. Ich verliere mich in einem guten Buch, oder ich höre eine klassische CD. Das hat für mich eine starke meditative Wirkung.

Sich nicht ärgern, wenn man nicht schlafen kann: Das war am Anfang das Schwierigste. Es gab Nächte, wo ich zum Fenster ging und nach den Sternen schaute, mir schöne Gedanken vom Nachthimmel holte und mich mit diesen Gedanken wieder ins Bett legte. Tagsüber machte ich mir über die schlaflosen Nächte keine Gedanken mehr. Ich sagte mir: heute wirst du gut schlafen. Mit der Zeit funktionierte das dann auch. Und wenn es nicht ging, dann war es halt so. Ich hörte auf, meine Schlafqualität zu bewerten – und so ging es mir viel besser.

An leichtes Essen am Abend, na ja – daran halte ich mich nicht immer. Auch ein Café am Abend mit einem Reieli Schoggi, das ich auf der Zunge zergehen lasse, will ich mir auch nicht nehmen lassen. Was ich aber immer mache, ist ein Abendspaziergang mit meinem Hund. Den geniesse ich, und zwar bei jedem Wetter. Im Sommer spüre ich die Wärme auf meiner Haut – vielleicht noch ein laues Lüftchen, das mich streichelt. Im Winter geniesse ich die vielen Lichter hinter den Fenstern und frage mich oft wie die Menschen leben, die in diesen Häusern wohnen. Auf diese Weise habe ich begonnen, mit guten Gedanken, die mich auch durch die Nacht hindurch begleiten und mir einen erholsamen Schlaf schenken, in den Abend zu gehen.

Ich brauche auch ein Ritual. Menschen brauchen Rituale. Sie geben Sicherheit und ein Gefühl von Geborgenheit. Mein Ritual ist das Gebet, bevor ich einschlafe. Ich habe gelernt, mit meinen Gedanken ein gutes Körpergefühl zu bekommen. Mit der Zeit, reduzierte ich das Medikament. Schliesslich konnte ich es ganz absetzen. Sicher gibt es auch heute noch Nächte, die mich nicht schlafen lassen, dann weiss ich aber warum. Meistens ist es ein Problem, das mich plagt. In solchen Situationen nehme ich mein Buch und lese ein paar Seiten, um mich abzulenken. Meistens bin ich nach ein paar Seiten so müde, dass ich nicht mehr weiss, was ich gelesen habe, und gut einschlafen kann.

Um gesund und geistig aktiv zu bleiben, sollten wir uns um einen erholsamen Schlaf bemühen. Aber bitte mit Leichtigkeit und ja nicht verbissen.

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