Sex im Standby Modus – muss das sein?

Ein Leser beklagt die Flaute im Bett, obwohl sie 12 Jahre jünger als er ist. Henri Guttmann, Paar-und Sexualtherapeut, weiss Rat.

Sex Standby

Ich bin immer noch 50 Prozent berufstätig, mache sehr viel Sport, Bergtouren und Langlauf und bin trotz Jahrgang 1944 fit wie ein Turnschuh, wie mein Hausarzt sagt.

Aber eben mit dem Sexleben herrscht Flaute, obwohl meine Partnerin 12 Jahre jünger ist. Anfangs war alles kein Problem, dann kamen ihre Wechseljahre, und da sie dabei immer über Schmerzen klagt und nichts dagegen machen wollte, ist mir die Lust vergangen. Und heute beklagt sich meine Partnerin, dass ich keinen körperlichen Kontakt mehr suche. Sonst haben wir keine anderen Probleme und haben ein gutes Verhältnis, auch darum, weil jeder sein eigenes Zuhause hat und wir uns in der Woche so drei bis vier Tage sehen.

Das sagt Paar-und Sexualtherapeut Henri Guttmann:

Die Sexualität von Frauen und Männern ist störanfällig, und die lebenslange Leidenschaft wie bei frisch Verliebten ein Mythos. Mit der Leidenschaft in langjährigen Paarbeziehungen ist es leider wie mit der Schwerkraft – es geht abwärts. Aber zum Glück können wir einiges dagegen unternehmen, egal, wie lange die Partnerschaft schon dauert.

Körperliche Ursache meist Grund für Schmerzen

Schmerzen beim Geschlechtsverkehr bei Ihrer Partnerin dämpft ihre Lust, und dafür könnte es diverse Auslöser geben. In den meisten Fällen findet sich eine körperliche Ursache. Entzündungen, oder kleine Risse in der Schleimhaut der Scheide verursachen ein unangenehmes Brennen, Drücken oder Ziehen ebenso wie verwachsenes Scheidengewebe nach einer Operation. Mangelnde Erregung und eine zu trockene Scheide trotz Lust können ebenfalls zu Schmerzen beim Sex führen.

Ein Besuch beim Frauenarzt kann hier Klarheit schaffen. Oftmals stellt sich heraus, dass bestimmte Stellungen die Schmerzen verursachen, tägliche Medikamente hinter der Unlust stecken, oder das Paar sich zu wenig über ihre sexuellen Wünsche und Sehnsüchte austauscht.

Guttmann Henri Portrait
Paartherapeut Henri Guttmann

Rückzug ist die falsche Strategie

Ihre Partnerin sehnt sich nach Nähe und Geborgenheit und möchte möglicherweise auch mehr Intimität mit Ihnen leben. Wenn Sie sich jetzt wie ein Igel in den Winterschlaf zurückziehen, wählen Sie die falsche Strategie. Übrigens finden Frauen Männer, die ihnen aufmerksam zuhören, voll erotisierend.  Die Tatsache, dass Sie keinen gemeinsamen Wohnsitz haben, ermöglicht es doch, sich gegenseitig einzuladen und mit einem romantischen Candle light Dinner zu überraschen.

Abwechslung ist gefragt

Zwei Aspekte machen Sex in langjährigen Paarbeziehungen nicht einfach. Erstens lebt die Paarsexualität vom Vertrauen und Vertrauten, aber zusätzlich auch vom Kick des Neuen. Wer will schon jeden Tag Hörnli und Gehacktes, auch wenn es mal die Leibspeise war? Hier ist Abwechslung gefragt, und da müssen sich Beide immer wieder mal etwas einfallen lassen.

Viele Paare, die in meine Praxis kommen, wünschen sich eine Wunderpille, die alles wiedergutmacht. Doch wenn die Ursache des Konflikts Sorgen und Dauerstress im Alltag sind, würde auch eine Wunderpille nicht das Problem lösen.

Ein paar Sitzungen bei einem Paar-und Sexualtherapeuten können helfen, offen über Wünsche, Ängste und Abneigungen zu reden und Wege zu finden, die für beide gangbar sind.

www.henri-guttmann.ch

Dieser Eintrag wurde veröffentlicht am 24.11.2022.

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