Sicher bis zum Schlusspfiff

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In Brasilien wird um den Weltmeistertitel gespielt, und in der Schweiz ­startet die Grümpelturniersaison. Fussball ist zwar die schönste Neben­sache der Welt, gleichzeitig aber auch die Sportart mit den meisten Unfällen.

Fussballweltmeisterschaft in Brasilien mit Schweizer Beteiligung. Das lässt jedes Fussballerherz höherschlagen. Doch Fussball wird diesen Sommer nicht nur vor dem Bildschirm konsumiert, sondern auch selber betrieben: Rund 150 000 Frauen und Männer kicken jedes Jahr an irgendeinem Grümpelturnier. Angesichts der Fussballweltmeisterschaft mutieren ganz gewöhnliche Hobby-Fussballer zu Lionel Messi oder Cristiano Ronaldo oder versuchen es wenigstens. Bloss geht dabei leicht vergessen, dass es im Gegensatz zu den ganz Grossen am entsprechenden Training fehlt, ganz zu schweigen von der ausgefeilten Technik. Dies macht auch der grösste Kampfgeist nicht wett, im Gegenteil: Oft führt voller Körpereinsatz zu Unfällen auf dem Fussballplatz. «Fussball ist die Sportart mitden meisten Unfällen», sagt Philippe Gassmann, Kampagnenleiter Fussball bei der Suva. Alle 11 Minuten verletzt sich in der Schweiz ein Fussballspieler. Insgesamt erfassen die Unfallversicherungen 45 000 Fussballunfälle pro Jahr.

Für die Betroffenen sind Fussballunfälle vielfach mit Schmerzen und Untätigkeit verbunden. Es kommen zwar auch leichte Verletzungen vor. «Sehr häufig sind es jedoch Verstauchungen, Zerrungen und Sehnenrisse, was oftlängere Heilungsphasen zur Folge hat», sagt Gassmann. Und: Fast jede zehnte Verletzung beim Fussball ist eine Fraktur. Für Unternehmen bedeuten Fussball­unfälle eine halbe Million Ausfalltage und für Versicherungen Kosten von rund 160 Millionen Franken. Die Suva will mit einer neuen Präventionskampagne Gegensteuer geben. Ziel ist, die Unfälle vor allem im Amateurfussball zu reduzieren – damit das Drittliga-Spiel, das Grümpelturnier oder der ungezwungene Kick mit Freunden nach Feierabend möglichst unfallfrei bleiben.

Herzstück der Kampagne ist ein Fussballtest, der am Computer, auf dem Tablet oder mit dem Smartphone ausgefüllt werden kann. «Mit dem Tool kann jeder Spieler sein Verletzungsrisiko im Fussball selber bestimmen und reduzieren», sagt Philippe Gassmann. Die Teilnehmer beantworten rund 50 Fragen zu Themen wie Training, Fitness, Lebensstil oder Ausrüstung. Das Ergebnis des Tests zeigt dem Spieler, wie hoch sein Verletzungsrisiko ist. «Erhält er eine grüne Karte, ist sein Verhalten vorbildlich und sein Risiko hält sich in Grenzen.» Wer am Ende aber die gelbe oder gar rote Karte sieht, läuft grössere Gefahr zu verunfallen und dadurch verletzt auszufallen. In jedem Fall aber erfährt der Teilnehmer, in welchen Bereichen er noch Verbesserungspotenzial hat. Diese Ratschläge sind in kurze Videos eingebettet.

Mit gutem Beispiel vorangegangen ist Alex Frei. Der ehemalige Nationalspieler und heutige Sportdirektor des FC Luzern füllte als Erster den Fussballtest bei der Lancierung der Kampagne aus. «Eine Verletzung kann weitreichende Konsequenzen haben – ob als Profi- oder Amateurfussballer», sagt Frei. Umso wichtiger sei es, dass jeder Spieler sein Verletzungsrisiko kenne und daran arbeite. Die Auswertung des Fussballtests von Frei hat ergeben, dass der 34-Jährige in der Dimension Training noch immer vorbildlich abschneidet. Er trainiert strukturiert und wärmt sich auf – egal ob im Training oder vor einem Wettkampf. In der Dimension Fairplay kann der Rekordtorschütze der Schweizer Nationalmannschaft sein Verletzungsrisiko noch senken, indem er im Zweikampf künftig nicht mehr für ein Tackling «zu Boden geht». Eine sogenannte Grätsche erhöht nicht nur das Verletzungsrisiko des Gegenspielers, sondern auch das eigene. «Zwar lebt der Fussball von einer angemessenen Härte und Emotionen, doch leichtfertig Verletzungen in Kauf nehmen, möchten natürlich weder die Spieler noch der Verein», betont Frei.

An sportlichen Grossereignissen wie der Fussballweltmeisterschaft in Brasilien haben nicht nur Fussballspieler ein hohes Unfallrisiko, sondern auch die Zuschauer. Der Tagesablauf wird bei vielen Fans auf den Anpfiff ausgerichtet. In Gaststätten oder sogenannten Public-Viewing-Zonen gehen die Emotionen hoch. Die Suva hat das Unfallgeschehen an der Fussball-EM 2008 beziehungsweise an der WM 2006 analysiert und festgestellt, dass die Unfallhäufigkeit direkt nach EM- und WM-Fussballspielen deutlich über dem Durchschnitt liegt: An den Abenden von Spieltagen unter der Woche ist mit bis zu zehn zusätzlichen Unfällen pro Stunde zu rechnen. Wenn die eigene Mannschaft spielt, liegt die Unfallhäufigkeit in den Stunden nach dem Spiel um fast 40 Prozent höher. Ob die eigene Mannschaft Erfolg hat oder nicht, ist ebenfalls entscheidend: Hat sie gewonnen, werden der Suva 30 Prozent mehr Unfälle gemeldet, bei einer Niederlage 50 Prozent. Bis zu den Finalspielen steigt die Unfallhäufigkeit um weitere 15 Prozent an. Betroffen sind mehrheitlich Männer. Zu den Unfällen, die speziell nach der Fussball-EM bzw. Fussball-WM geschehen, zählen vorwiegend Verkehrsunfälle sowie Unfälle im Ausgang. Deshalb gilt: Vorsicht in den nächsten Wochen – damit die Zuschauer der Weltmeisterschaft in Brasilien nicht mehr Unfälle erleiden als die Fussballspieler.

Machen Sie den Test

Der Fussballtest der Suva ist hier aufgeschaltet.
Aus­serdem kann auch die dazugehörige App «Fussballtest» kostenlos im App Store und im Google Play Store bezogen werden.

Dieser Eintrag wurde veröffentlicht am 26.06.2014.

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