Ablation statt Elektroschock

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Wenn eine Kammertachykardie auftritt, dann klopft der Tod an die Tür, und zwar heftig. Mehr als 100 Mal pro Minute schlägt dann das Herz, weil der Herzrhythmus verrückt spielt. Ventrikuläre Tachykardie nennen die Mediziner jenen elek­trischen Kurzschluss, bei dem die Herzkammern unabhängig vom normalen Erregungsablauf arbeiten und einen wilden Herzschlag produzieren. Ventrikuläre Tachykardien gehören zu den bösartigen Herzrhythmusstörungen, weil sie nicht nur zu typischen Symptomen wie Herzrasen, Schweissausbrüchen und Schwindel, sondern auch zu Kammerflimmern, Bewusstlosigkeit und plötzlichem Herztod führen können.

Chaos im Reizleitungssystem durch zusätzliche Herzschläge

Ursache ist meistens eine schwere Erkrankung des Herzmuskels nach einem Herzinfarkt. Die Schädigung des Herzmuskels hinterlässt Narben, welche Fünfliber- bis Handteller-gross sein können. Durch die Narbenbildung kommt es zu einer Störung des natürlichen Erregungsablaufs. Je grösser das Infarktareal und je später jemand nach einem Herzinfarkt in die Klinik kommt, desto grösser ist die Gefahr für eine ventrikuläre Tachykardie.

Unmittelbarer Auslöser für eine Kammertachykardie sind zusätzliche Herzschläge, die jeder Mensch haben kann. Bei Patienten, die vor Jahren oder sogar Jahrzehnten einen Herzinfarkt erlitten haben, stürzen die Zusatzschläge das Reizleitungssystem des Herzens in Chaos. Eine weitere Ursache sind Herzerkrankungen, die mit einer Ausweitung des Herzmuskelgewebes einhergehen. Sehr selten ist eine Kammertachykardie bei herzgesunden jungen Menschen ohne sichtbaren Grund. Solche Fälle sind zwar lästig, aber nicht potenziell letal.

Bisherige Therapiemethoden schmerzhaft und traumatisierend

Die Behandlung ist in erster Linie medikamentös. Um die Gefahr für einen plötzlichen Herztod zu bannen, werden heute häufig Defibrillatoren implantiert, sogenannte ICD’s. Diese Geräte erkennen eine gefährliche Rhythmusstörung und applizieren dem Träger einen Elektroschock, um wieder einen normalen Herzrhythmus herbeizuführen. Muss der implantierte «Defi» wiederholt eingreifen, ist das für die Patienten dermassen schmerzhaft und traumatisierend, dass durch die ständige Angst die Lebensqualität massiv eingeschränkt wird und bei den Betroffenen zu Suizidgedanken führt.

Echte Ursachenbekämpfung dank Katheterablation

Eine neue Therapieoption ist in solchen Fällen die Katheterablation, bei der mit Hightech-Sonden im Sinne einer echten Ursachenbekämpfung das auslösende Herzmuskelareal gezielt ausgeschaltet wird. Die heutigen Systeme und insbesondere das 3-D-Mapping, also die dreidimensionale Darstellung des Herzens, erlauben genau jene Stellen zu orten, welche für das elektrische Gewitter verantwortlich sind, und die es zu veröden gilt. Der Fortschritt auf diesem Gebiet ist immens. Noch vor wenigen Jahren glichen solche Eingriffe auf Grund der fehlenden Technik einem Fischen im trüben Wasser, oder sagen wir es noch drastischer, wie wenn Kinder blinde Kuh spielen.

Bei der Ablation von Kammertachykardien ist das Elektrophysiologie-Labor der Basler Universitätskliniken führend. Über 40 Eingriffe hat man hier letztes Jahr gemacht. Die Zahlen sind stark steigend, die Zuweisungen auch. Die Erfolgsraten betragen zwischen 70 und 80 Prozent. Die Rückmeldungen der Patienten sind oft überwältigend. Viele sagen, sie fühlen sich wie neugeboren.

Nach Herzinfarkt sofort handeln

Auch wenn die Behandlungserfolge noch so spektakulär sein mögen, noch wichtiger ist, möglichst viele Herzinfarkte zu verhindern, mit regelmässiger Bewegung und Vermeidung von Übergewicht und Diabetes. Und falls jemand trotz allem einen Herzinfarkt erleidet, heisst es, sofort zu reagieren und ja nicht zuzuwarten.

 

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Dreidimensionale Darstellung der linken Herzkammer mit ausgedehnter, rot gekennzeichneter Narbe der gesamten Herzvorderwand. Die roten Punkte sind die Verödungsstellen der Katheterablation. Einzig die violett-blau-grünen Areale sind noch intaktes Herzmuskelgewebe.