Alles Gute für Ihre Knochen

Schadet Kaffee den Knochen? Welches Training macht meine Knochen stark? Wie merke ich, ob meine Knochen dicht genug sind? Apothekerin Verena Boltshauser aus Winterthur hat die Antworten.

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Verena Boltshauser, Apothekerin

Osteoporose lässt sich am besten mit einer ­Knochendichtemessung erkennen. Wer sollte sich angesprochen fühlen?

Zu den Risikogruppen gehören ganz grob gesagt Frauen nach den Wechseljahren, Männer ab 50, Personen, deren Eltern schon osteoporotische Brüche erlitten haben und Raucher. Auch Diabetiker und Patienten, die regelmässig Cortisonpräparate nehmen, sollten sich kontrollieren lassen. Dennoch sagt die Knochendichte alleine noch nicht alles über die Elastizität des Knochens aus. Die Elastizität bestimmt ebenfalls darüber, ob ein Knochen bricht oder nicht.

Vorbeugen ist besser als heilen. Bei Osteoporose gilt dies ganz besonders. Warum?

Wer seine Knochen in jungen Jahren optimal aufbaut, hat die besten Voraussetzungen, gar nicht oder erst spät zu erkranken. Der Knochenaufbau beginnt gleich nach der Geburt. In den ersten 30 Lebensjahren entscheidet sich, wie kompakt und dicht ein Knochen wird. Und jeder Einzelne kann durch sein Verhalten und seinen Lebensstil den Knochen über viele Jahre gesund halten und damit das Risiko und den Verlauf einer Osteoporose markant beeinflussen.

Was ist mit Verhalten genau gemeint?

Es geht um die Ernährung, die körperliche Aktivität und den Umgang mit Alkohol und Zigaretten.

Worauf kommt es beim Essen an?

In erster Linie auf eine ausreichende Versorgung mit Eiweiss. Gerade ältere Menschen haben hier oft ein Manko. Eiweiss ist für die Kollagenbildung und somit auch für die Elastizität der Knochen wichtig. Fleisch als tierische Eiweissquelle sollte eher zurückhaltend konsumiert werden, da ein Übermass der enthaltenen Arachidonsäure Entzündungen fördert. Entzündungen können zu einem Verlust an Knochenmasse führen. Dann scheint Gemüse die Knochendichte günstig zu beeinflussen und das Frakturrisiko zu reduzieren. Hierfür sind vermutlich die Mikronährstoffe und die basischen Eigenschaften verantwortlich.

Ist Kaffee trinken schädlich für die Knochen?

Nein. Zwar hat man beobachtet, dass mehr als vier Tassen Kaffee pro Tag die Knochendichte geringfügig erniedrigen können. Dies erhöht aber nicht das Risiko von Knochenbrüchen.

Welche Getränke sind zu empfehlen?

Am besten nicht-chloriertes Leitungswasser, reichhaltiges Mineralwasser ohne Kohlensäure und ungesüsster Kräutertee in wechselnder Zusammensetzung.

Was ist für die Knochen besser: Ausdauer- oder Krafttraining?

Krafttraining, denn es stärkt die Muskeln. Starke Muskeln reduzieren die Sturzgefahr und somit die Gefahr von Knochenbrüchen, vor allem bei Menschen mit Osteoporose. Der Knochen selber wird durch schlagende Bewegungen, wie sie beim Joggen, Wandern, Nordic Walking oder bei Sportarten mit ähnlichem Belastungsmuster typisch sind, zur Knochenbildung angeregt.

Sie sprachen Alkohol und Zigaretten an. Welche Effekte werden dadurch ausgelöst?

Regelmässiger Alkoholkonsum schädigt die knochenaufbauenden Zellen. Zudem stören Bier, Wein und Schnaps die Aufnahme von zahlreichen wichtigen Nährstoffen im Darm. Alkohol führt auch zu einer vermehrten Ausschwemmung von Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen über den Urin. Rauchen ist ungünstig für die Knochen, weil es deren Durchblutung reduziert und den Östrogenabbau verstärkt.

Immer wieder taucht Kalzium auf, wenn man über Knochen spricht.

Kalzium ist ein zentrales Strukturelement des Knochens. Aber die alleinige Gabe von Kalzium – selbst in Kombination mit Vitamin D3 – reduziert die Gesamt-Frakturrate nur marginal. Das Risiko für einen Bruch der Hüfte wird nicht vermindert. Dieser leichte Benefit von Kalziumpräparaten wird durch ein erhöhtes Herz-Kreislauf-Risiko wieder aufgehoben.

Was bedeutet das?

Osteoporose sollte nicht als reine Kalziummangel-Erkrankung betrachtet werden. Biochemisch gesehen hat ja der Knochen auch nicht die gleiche Zusammensetzung wie eine Strassenkreide, die nur aus Kalzium besteht. Der Knochen ist ein aus vielen Nährstoffen bestehendes komplexes Gewebe –, und genau so sollte die Vorbeugung und Therapie nicht allein aus der Gabe von Kalzium bestehen, sondern alle bekannten Einflussfaktoren berücksichtigen.

Die da wären?

Nach dem heutigen Wissensstand sind auch Magnesium, Spurenelemente wie Zink, Kupfer, Mangan und Silizium, die Vitamine D3, K2, C und Folsäure für eine optimale Knochenstruktur wichtig.

Magnesium entspannt die Muskulatur. Welche Rolle spielt es für die Knochen?

Magnesium wird bis heute massiv unterschätzt. Es ist wie Kalzium ein wichtiges Element der Knochenstruktur. Die grösste Menge des im Körper vorhandenen Magnesiums wird im Knochen eingelagert. Eine ausreichende Magnesiumzufuhr reduziert den Verlust von Knochenmasse nach den Wechseljahren und das Frakturrisiko sehr erheblich. Kalzium und Magnesium sollten stets in einem gewissen Gleichgewicht vorhanden sein. Bietet man dem Körper über Jahre nur Kalzium an – wie es leider heute noch bei Osteoporose empfohlen wird – besteht die Gefahr eines relativen Mangels an Magnesium. Dadurch erhöht sich auch das Herz-Kreislauf-Risiko, was man bereits beobachtet hat.

Warum ist Vitamin D wichtig?

Es fördert die Kalziumaufnahme aus dem Darm und die Rückresorption von Kalzium aus den Nieren.

Und trotzdem haben die meisten Menschen zu wenig davon.

Ja. Der Körper bildet den grössten Teil an Vitamin D3 selbst. Aber nur, wenn er genügend Sonnenlicht in ausreichender UV-Intensität erhält. Die meisten Menschen halten sich zu wenig an der Sonne auf, haben ihre Haut mit Kleidern bedeckt oder wegen Hautkrebsgefahr starke Sonnenschutzmittel aufgetragen. Darum haben einige selbst in den Sommermonaten ein Manko. Im Winterhalbjahr sowieso, denn dann scheint die Sonne in unseren Breiten zu wenig intensiv, um den Vitamin-D-Stoffwechsel aktivieren zu können. Die normale Ernährung spielt für die ausreichende Versorgung mit Vitamin D übrigens eine unbedeutende Rolle.

Sie sprechen Vitamin K2 an. Ist das ein neues Vitamin?

Nein, aber die Vitamin-K2-Forschung ist noch relativ jung. Wenn man es etwas einfach formulieren will, sorgt Vitamin K2 dafür, dass das Kalzium im Körper dorthin kommt, wo es hin muss – und da bleibt, wo es bleiben soll, nämlich im Knochen. Die bisher vorliegenden Studien sind vielversprechend und lassen vermuten, dass Vitamin K2 das Knochenbruchrisiko deutlich reduzieren kann. Moderne, auf den Knochenstoffwechsel ausgerichtete Nahrungsergänzungsmittel enthalten Vitamin K2 in Mengen zwischen 75 bis 180 Mikrogramm pro Tagesdosis.

Was ist mit den Spurenelementen wie Zink, Kupfer und Mangan?

Alle diese Spurenelemente haben eine biochemische Funktion im Knochen. Schon seit über 20 Jahren ist bekannt, dass erst eine Kombination von Kalzium mit diesen Spurenelementen zu einer signifikanten Zunahme der Knochenmasse führt.

Wie lange muss man Nährstoffpräparate für den Knochenstoffwechsel nehmen?

Massnahmen zur Verbesserung der Knochendichte und zur Reduktion des Frakturrisikos müssen über Monate bis Jahre geplant werden. Hier sind die Empfehlungen der beratenden Fachleute zu befolgen.

Können solche Nahrungsergänzungsmittel ­parallel zu verordneten Medikamenten genommen werden?

Ja, denn mit verschreibungspflichtigen Medikamenten allein kann der Körper keinen physiologischen Knochen aufbauen. Er braucht dafür die entsprechenden Nährstoffe. Diese sollen in aller Regel parallel zu den Medikamenten genommen werden.

Welches sind die grössten Störfaktoren im ­Knochenaufbau?

Gewisse Medikamente, die langfristig eingenommen werden müssen, können den Knochenstoffwechsel empfindlich stören. Dazu gehören Cortisonpräparate, Antiepileptika, Antidepressiva sowie auch einzelne Blutverdünner wie Heparin oder Cumarine.

Chronische Belastungen mit toxischen Metallen wie Aluminium, Blei, Quecksilber oder Kadmium können ebenfalls zu Störungen des Knochenhaushaltes führen, weil sie die wichtigen Elemente Kalzium, Magnesium, Zink usw. von ihren Positionen verdrängen.

Unser Tipp

Kalzium und Vitamin D allein genügen nicht für einen gesunden Knochen. Es braucht auch verschiedene andere Mikro­nährstoffe. Die Broschüre «Mikronährstoffe für die Knochengesundheit» von der Burgerstein Foundation klärt auf und fasst zusammen, was Sie über Ihre Knochen unbedingt wissen sollten. Weitere Informationen: www.burgerstein.ch.

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Dieser Eintrag wurde veröffentlicht am 09.10.2019.

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