Bessere Rezepte gegen Kopf- und Rückenschmerzen

Chronische Schmerzen Bild: AdobeStock, Urheber: Artem Furman

Die stärksten verfügbaren Schmerzmittel, die Opiate, sind in Verruf geraten. So gut sie bei schwereren Verletzungen, nach Operationen oder bei Tumorerkrankungen wirken, so wenig helfen sie bei chronischen Schmerzen. Schaut man sich die neusten Studien an, verringern Opiate genauso wie rezeptfreie Schmerzmittel die Stärke chronischer Schmerzen nur gerade um etwa zehn Prozent, unter Inkaufnahme erheblicher Risiken und Nebenwirkungen. Alle Schmerzmittel können zu Schlafstörungen führen. Oft werden die Schmerzen nach einer gewissen Zeit sogar stärker. Erhöht der Arzt die Dosis, wird das Problem nur noch grösser.

Bei Opiaten kommt hinzu, dass sie neben Stimmungsschwankungen und Konzen­trationsstörungen auch abhängig machen. Werden zusätzlich Beruhigungs- und Schlafmittel eingesetzt, steigt das Risiko für einen Atemstillstand beträchtlich. Das führt immer wieder zu Todesfällen. Und zwar nicht nur bei bekannten Künstlern – was regelmäs­sig Schlagzeilen macht –, sondern zuletzt bei mehr als 20 000 Menschen pro Jahr allein in den USA. In der Schweiz gibt es keine genauen Zahlen. Allerdings liegt unser Land gemäss den Daten der Weltgesundheitsorganisation bei der pro Kopf verordneten Opiatmenge weltweit an siebter Stelle. Die Kombination mit Beruhigungs- und Schlafmitteln ist auch bei uns weit verbreitet.

Die häufigsten chronischen Schmerzerkrankungen sind Rücken- und Kopfschmerzen. Fast alle Kopfschmerzmittel können bei längerem Gebrauch und häufiger Einnahme – an mehr als 15 Tagen pro Monat – zu einer Verstärkung der Kopfschmerzen führen. Als Ausweg bleibt meistens nur noch ein Entzug. Auch die Triptane, die speziell gegen Migräne eingesetzt werden, können bei zu häufiger Einnahme – an mehr als zehn Tagen pro Monat – die Kopfschmerzen verschlimmern.

Stressfaktoren ausfindig machen und eliminieren

Bei Menschen mit einer Angsterkrankung oder auch schon mit einer ängstlichen Natur ist das Risiko für einen Übergebrauch von Kopfschmerzmitteln besonders hoch.  Da sie besonders stressempfindlich sind, leiden sie häufiger unter Spannungskopfschmerzen und Migräne und greifen deshalb öfters zu solchen Medikamenten, anstatt im Alltag die verantwortlichen Stressfaktoren ausfindig zu machen und zu eliminieren.

Auch beim chronischen Rückenschmerz spielt Stress oft eine ganz erhebliche Rolle. Das gilt vor allem für den unspezifischen Rückenschmerz im Lendenwirbelbereich, wo sich trotz sorgfältiger neurologischer Abklärung keine Auffälligkeiten finden. Wirken herkömmliche Schmerzmittel und Physiotherapie nicht gut genug, werden gewöhnlich Opiate verordnet oder als letzte Möglichkeit sogar ein operativer Eingriff nahegelegt. Begründet werden solche Therapieempfehlungen mit angeblich auffälligen Befunden in der Computer- bzw. Kernspintomographie.

Welcher schmerzgeplagte Patient kann hier widerstehen? Dass derartige Auffälligkeiten in bildgebenden Untersuchungen mit zunehmendem Alter immer häufiger werden, sogar bei Menschen, die noch nie in ihrem Leben Rückenschmerzen hatten, wird meistens verschwiegen. Man erfährt auch nicht, dass es Patienten, die wegen unspezifischen Rückenschmerzen operiert wurden, zwei Jahre danach deutlich schlechter geht als jenen, die keine Operation, dafür eine gute Physiotherapie hatten. Deshalb sollte man sich ohne auffällige neurologische Befunde niemals am Rücken operieren lassen.

Akute und chronische Schmerzen unterscheiden

Die Unsicherheit im Umgang mit chronischen Schmerzen und die verbreitete Fehlbehandlung – nicht nur im Kopf- und Rückenbereich – hängen wesentlich mit der fehlenden Unterscheidung zwischen akuten und chronischen Scherzen zusammen. Ein wissenschaftlich veraltetes Schmerzverständnis bestimmt ärztliches Handeln ebenso wie das Denken vieler Betroffener. Die Art und Weise und die Intensität, wie Schmerzen erlebt werden, wird entscheidend vom Stressverarbeitungssystem sowie von lebensgeschichtlichen Prägungen im Gehirn beeinflusst. All das muss bei jedem einzelnen Patienten berücksichtigt werden, damit eine massgeschneiderte Therapie möglich ist.

Neues Behandlungs­angebot «Psychosomatik und Schmerzstörungen»

Anhaltender Stress macht sich nicht nur psychisch, sondern auch körperlich bemerkbar, und zwar vor allem in Form von chronischen Schmerzen. Deshalb bietet das Zentrum für stressbedingte Erkrankungen des Sanatoriums Kilchberg neu das Behandlungsprogramm «Psychosomatik und Schmerzstörungen» an. Sowohl aktuelle als auch biografische Stressbelastungen bewirken biochemische Umbauprozesse im Gehirn, welche die Schmerzwahrnehmung negativ beeinflussen. «Eine erfolgreiche psychosomatische Schmerztherapie basiert auf der individuellen Gewichtung von biologischen, psychischen und sozialen Einflussfaktoren und berücksichtigt ihre Wechselwirkungen», erklärt Prof. Katja Cattapan. Das neue Behandlungsprogramm wird am Sanatorium Kilchberg ambulant und stationär angeboten und steht sowohl privat- als auch allgemeinversicherten Patienten zur Verfügung.

Das Sanatorium Kilchberg

Führend in der Behandlung von Depressionen, stressbedingten Erkrankungen wie Burn-out, psychosomatischen Schmerzen, Schlaf-, Angst- und Zwangsstörungen.

Sanatorium Kilchberg
Alte Landstrasse 70
8802 Kilchberg
Telefon 044 716 42 42

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Prof. Dr. med. Ulrich Egle, Senior Consultant Psychosomatik, Sanatorium Kilchberg

Christian Seeher, Leitender Arzt