Bitte ja kein Freedom Day

Die Rufe nach einem raschen Ausstieg aus der Pandemie werden lauter. Verschont uns aber mit einem Schweizer Freedom Day! Sonst schlägt das Virus zurück.

Freedom Day Maske Bild AdobeStock Urheber michaelheim
Bild: AdobeStock, Urheber: michaelheim

Seit bald zwei Jahren bestimmt Corona unseren Alltag. Landauf landab fragen sich die Menschen, wann endlich Schluss ist. Sicher ist, das Coronavirus wird endemisch werden. Es wird wie die Erkältungs- und Grippeviren in der Bevölkerung zirkulieren, vor allem in der kalten Jahreszeit, wenn die Menschen vor allem drinnen sind. Zu schweren Verläufen und Spitaleinweisungen wird es dabei nur noch selten kommen.

Die meisten Experten stellen das Frühjahr 2022 als Pandemie-Ende in Aussicht. Bis dahin werden die Impfkampagne und die parallele Durchseuchung der Ungeimpften eine solide Grundimmunität in unserer Bevölkerung erzeugt haben, um nahezu alle Corona-Massnahmen aufheben zu können.

Es gibt keine Abkürzung in dieser Pandemie

Von links bis rechts werden jetzt Forderungen laut, Homeoffice-Pflicht, Quarantäne und Zertifikate umgehend abzuschaffen sowie ein präzises Ausstiegsdatum zu nennen und einen offiziellen Freedom Day zu begehen. Die Rufe, die Pandemie jetzt doch bitte einfach für beendet zu erklären, sind zwar verständlich, aber falsch. Aus mehreren Gründen.

Erstens macht das Virus, was es will. Wie oft schon hatten wir in der Vergangenheit das Gefühl, nun endlich aufatmen zu können. Und jedes Mal zerschlug sich die Hoffnung auf die Rückkehr zur Normalität. Wie viele Länder hatten schon alle Massnahmen aufgehoben und wurden schon kurze Zeit später vom Virus gezwungen, das öffentliche Leben wieder einzuschränken.

Delta kann jederzeit wieder zuschlagen

Zweitens wäre ein Corona-Finale mit Massenkonzert und Feuerwerk das falsche Signal. Schon jetzt ist abzusehen, dass es im nächsten Herbst und Winter zu einer Nachdurchseuchung mit einem deutlichen Anstieg der Fälle kommt. Und wer sagt, dass Delta nicht zurückkehrt? Viele Epidemiologen halten ein solches Szenario für durchaus realistisch. Verschwunden ist die Mutation nicht. Weit über eine Million Schweizerinnen und Schweizer haben nach wie vor keinen Immunschutz gegen die aggressive Variante, welche die Intensivstationen wieder im Nu füllen könnte.

Drittens würden viele Menschen eine solche Feier als eine Respektlosigkeit gegenüber den Tausenden von Opfern und ihren Angehörigen empfinden. Viel eher sind Demut angesagt, eine kritische Aufarbeitung der Pandemie und das Heilen tiefer gesellschaftlicher Wunden.

Das Virus hört nicht auf Pressekonferenzen

Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz sagte, eine Pandemie sei eine Naturkatastrophe. Da wäre es töricht und leichtfertig, ein konkretes Datum zu nennen. Die vergangenen Jahre hätten gezeigt, wie schwer berechenbar das Virus ist. Wer weiss, ob irgendwo da draussen schon der Nachfolger von Sars-CoV-2 lauert. Und es gibt keine Garantie, dass die nächste Seuche wieder so vergleichsweise mild ist.

Dieser Eintrag wurde veröffentlicht am 27.01.2022.

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