Cluster-Kopfschmerz per Fernbedienung stoppen

Kopfwe

Neue Hilfe gegen unerträgliche Cluster-Kopfschmerzen. Wenn alles andere versagt, kann man sie mit einem fernbedienbaren Neurostimulator ausschalten. Die Ergebnisse einer klinischen Studie in Europa sind vielversprechend. Patienten mit Cluster-Kopfschmerzen wurde ein mandelgrosser Neurostimulator im Bereich des Kiefers oberhalb des zweiten Backenzahns implantiert. Auf Knopfdruck per Fernbedienung lässt sich das Implantat steuern. Sobald der Patient eine Cluster-Attacke verspürt, hält er die Fernbedienung an die Wange. Wie beim Aufladen einer kabellosen elektrischen Zahnbürste werden auch hier per Magnet die elektrischen Ströme aktiviert. Der horrende Schmerz wird schnell gelindert und die Häufigkeit von Cluster-Attacken reduziert. Wird die Fernbedienung ausgeschaltet, schaltet sich auch der implantierte Neurostimulator aus.

Cluster-Kopfschmerzen treten typischerweise nur in einer Gesichtshälfte auf. Der Schmerz entsteht über einer Augenhöhle, Stirn und Schläfe, manchmal geht er bis zum Hals oder in den Nacken. Immer rechts oder immer links, nie abwechselnd. Acht verschiedene Symptome können vorkommen. Am häufigsten ist ein rotes Auge, starke Tränenbildung, Nasenlaufen, verstopfte Nase, ein geschwollenes Augenlid oder Schwitzen auf einer Kopfhälfte. Weniger häufig sind eine verengte Pupille und ein hängendes Augenlid. Kopfweh-Spezialist Dr. Reto Agosti vom Kopfwehzentrum Hirslanden in Zürich: „Wenn man Cluster-Patienten fragt, wie stark sie ihren Kopfschmerz auf einer Skala von 0 bis 10 einordnen würden, sprechen sie von Werten zwischen 15 und 20. Kein Migräniker käme auf solche Werte, selbst wenn er seine Attacke als unerträglich taxiert. Es zeigt, wie stark solche Cluster-Kopfschmerzen sind.“

Nicht zufällig wird Cluster-Kopfschmerz als „Suizid-Kopfschmerz“ bezeichnet. Er ist so heftig, giftig und grauenhaft, dass schon mancher Betroffene seinem Leben ein Ende gesetzt hat. „Die Attacken treten in unberechenbaren Abständen mehrmals täglich auf, erreichen ihre maximale Stärke bereits kurz nach Beginn und dauern zwischen 15 und 90 Minuten“, sagt Dr. Agosti. „Typisch ist auch, dass nächtliche Anfälle ziemlich genau 90 Minuten nach Schlafbeginn einsetzen, egal, wann der Patient ins Bett gegangen ist.“ Sobald die Attacke vorbei ist, gehen auch die Begleitsymptome zurück.

Clusterkopfweh kommt saisonal gehäuft vor, meist im Frühling. Daher auch der englische Name „Cluster“ für Anhäufung. Zwischen den Häufungen sind die Betroffenen fast dauernd schmerzfrei. Obwohl die Diagnose leicht zu stellen ist, wird sie oft jahrelang verpasst. Cluster-Kopfschmerzen werden nicht selten als Migräne oder sonstige starke Kopfschmerzen fehlgedeutet. Ein sicherer Auslöser für Cluster-Attacken während der Häufungsphasen ist Alkohol und ganz besonders Bier.

Mit bildgebenden Verfahren lassen sich Cluster-Kopfschmerzen in der Regel nicht entlarven. Forschungsresultate der letzten 20 Jahre weisen aber darauf hin, dass es zu einer Art Fehlverschaltung zwischen Kopfschmerzen und der autonomen Steuerung der Kopforgane und vor allem des Auges kommt. Dr. Reto Agosti: „Bei rund 20 Prozent der Patienten gehen die Schmerzen zurück, wenn sie während einer Attacke reinen Sauerstoff inhalieren. Die meisten Clusterpatienten machen sich aber eine Selbstinjektion mit Sumatriptan. Auch Tabletten aus der Triptan-Gruppe sind wirksam. Allerdings erst nach 30 bis 60 Minuten, was bei Clusterkopfschmerzen eine lange Zeit ist. Die subkutane Selbstinjektion wirkt rund zehn Mal schneller.“ Kann man vorbeugen? Dr. Agosti: „Die Clusterphasen können mit dem Blutdrucksenker Verapamil, kurzfristiger Kortisonbehandlung oder dem Migränemedikament Topiramat verkürzt oder unterdrückt werden. Gelegentlich helfen Injektionen von Kortison und Lokalanästhetikum ins Hinterhaupt oder Botulinumtoxin an verschiedenen Stellen am Kopf mit Schwerpunkt über der betroffenen Stelle. Die neue Methode mit dem fernbedienbaren Neurostimulator ist vielversprechend und wird vor allem dann angewendet, wenn nichts anderes nützt.“

Auf einen Blick

Acht Symptome sind typisch für Cluster-Kopfschmerzen:

  • Rotes Auge (nur eine Seite)
  • Tränen
  • Nasenlaufen
  • Verstopfte Nase
  • Schwitzen am Kopf
  • Verengter Lidspalt
  • Geschwollene Lider
  • Verengte Pupillen

Weitere Informationen: Dr. med Reto Agosti, Kopfwehzentrum Hirslanden