Das Mysterium der verknöchernden Hand

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Ein stechender, bohrender Schmerz in der Hand. Nur in der Hand. Nicht lebensgefährlich, aber mit ernsthaften Folgen. Rheumatologe Dr. Rainer Klöti sagt, was man gegen die Verkrüppelung der Fingergelenke tun kann. Fingerarthrose ist eines der unerklärtesten Krankheitsbilder, das es gibt. Das Gute zuerst: Sie ist keine Systemerkrankung, sondern allein auf die Knorpel der Hand bzw. einzelner Finger beschränkt. Warum das so ist, weiss niemand. Fingermittelgelenke, Fingerendgelenke und das Daumensattelgelenk können betroffen sein. Ganz anders die rheumatoide Arthritis. Sie greift den gesamten Körper und im Bereich der Hand die Fingermittel- und Fingergrundgelenke an, nicht aber die Fingerendgelenke. Diese Unterscheidung lässt sich leicht vornehmen. Ein Pluspunkt für die Diagnose beim Hausarzt.

Das Schlechte: Fingerarthrose wird häufig bagatellisiert, weil sie nicht auf den restlichen Körper übergreift und deshalb eigentlich ungefährlich ist. Und auch darum, weil es keine wirksamen Behandlungskonzepte gibt, die eine Heilung herbeiführen. Zum Glück ist das nur die halbe Wahrheit, denn es gibt etwas, das den Krankheitsverlauf positiv beeinflusst. Dr. Rainer Klöti, Rheumatologe am Medizinischen Zentrum in Brugg AG: „Mit knorpelschützenden Wirkstoffen kann das Fortschreiten der Krankheit massgeblich verlangsamt werden.“ Und das ist wichtig, denn verkrüppelte Fingergelenke führen zu erheblichen Einschränkungen im Alltag. Eine Studie des Universitätsspitals Genf beweist erstmals: auch die Schmerzen werden mit diesen Wirkstoffen spürbar verringert, was die Lebensqualität verbessert. Patienten berichten daneben über die gute Wirkung von Fingerbädern mit Heublumen und über die Linderung der Beschwerden bei der Einnahme von Extrakten von Grünlipp-Muscheln und Hagebutten. Bestrahlt wird übrigens nur bei sehr schwerwiegenden Verläufen, dann aber mit guter Wirkung auf die Schmerzen. Wann muss ein Gelenk durch eine Prothese ersetzt werden? Dr. Klöti: „Ein Ersatz macht Sinn, wenn ein einziges Gelenk stark in Mitleidenschaft gezogen ist.“

Ab wann tritt die Krankheit auf? Dr. Klöti: „Frühestens ab einem Alter von 30 Jahren. Meist aber mit Beginn der Menopause, womit auch klar ist, dass vor allem Frauen betroffen sind. Bei ihnen ist es nicht nur ein funktionelles, sondern auch ein ästhetisches Problem.“ Bei nahezu allen Menschen über 60  finden sich auf dem Röntgenbild Zeichen einer Fingergelenkarthrose. Jeder Zwölfte leidet unter den Symptomen.

Wie beginnt die Erkrankung? „Am einzelnen Fingerendgelenk zum Beispiel. Es ist ein stechender, bohrender Schmerz, der häufig am Morgen auftritt. Man spricht auch von Morgensteifigkeit“, sagt der Experte. Was soll jemand tun, der zum ersten Mal von solchen Symptomen betroffen ist? „Erst einmal zwei Wochen warten und beobachten, wo es genau weh tut und wie sich der Schmerz entwickelt. Wenn die Schmerzen anhalten oder bald wieder kommen, soll man den Arzt konsultieren. Auch, um eine rheumatoide Arthritis auszuschliessen, denn diese kann und muss früh behandelt werden.“ Was tut der Arzt genau? Dr. Klöti: „Er befragt den Patienten und tastet die Gelenke der Hand ab. Zum Ausschluss anderer Erkrankungen dient ein Röntgenbild.“ Können die Beschwerden auch auf Gicht zurückzuführen sein? „Bei Gicht sind Schwellung und Schmerzen nicht im, sondern neben dem Gelenk zu finden. Gichtfinger gibt es heute aber fast keine mehr, weil die Ernährung viel besser ist als früher.“ Welche Tipps geben Sie Patienten mit Fingerarthrose? Dr. Rainer Klöti: „Sie sollen ihre Gelenke vor übermässiger Belastung, häufiger Kälte und Feuchtigkeit schützen. Bei Hausarbeiten Handschuhe tragen, die Hände regelmässig einfetten und ihnen immer wieder Erholung gönnen. Klavier spielen und auf der Computertastatur schreiben sind demgegenüber gute Übungen, um die Beweglichkeit zu erhalten. Bewegen ohne übermässig zu belasten, das ist das Behandlungskonzept.“

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Dieser Eintrag wurde veröffentlicht am 19.09.2013.

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