Der Blödsinn mit den Schlaf-Apps

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Wir tracken unsere Schritte, die Periode und neuerdings auch den Schlaf. Er ist ja schliesslich der Schlüssel für Gesundheit und Glück. Nicht auszumalen, was passieren würde, wenn wir nicht Nacht für Nacht überwachen, wie viel und wir gut wir ruhen.

Die Jagd nach dem perfekten Schlaf kennt keine Grenzen. Ist das wirklich sinnvoll? Denn der wahre Grund für schlaflose Nächte könnten die Sleeptracking-Apps selbst sein. Führen sie zum Ergebnis, dass der Schlaf unruhig oder gar zu kurz ist, löst das einen enormen inneren Druck aus.

Der obsessive Drang, den Schlaf zu verbessern und die Nachtruhe zu perfektionieren, macht alles nur noch schlimmer. Das Problem ist offensichtlich: Während man die Zahl der Schritte und die Anzahl Kalorien mehr oder weniger selber beeinflussen kann, funktioniert das mit dem Schlaf nicht so einfach. Das Gegenteil tritt ein von dem, was man so krankhaft versucht. Der Stress hält uns wach und es fällt uns immer schwerer abzuschalten.

Seinem Körper vertrauen

Wer seine Schlafgewohnheiten überwacht, obwohl er bisher keine Probleme mit dem Schlafen hatte, sollte die Apps schleunigst vom Smartphone schmeissen und wieder voll und ganz seinem Körper vertrauen. Bei ernsthafter Schlaflosigkeit sind die unzuverlässigen Programme ohnehin nur ein zusätzlicher Stressfaktor.

In Zeiten von Smartphone und Homeoffice nehmen Schlafprobleme ständig zu. Ausgerechnet auf Smartphones soll man nun die Lösung installieren können. Programme, die unsere Nächte angeblich optimieren. Das ist ein Witz.

Der Schlaf ist von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich und verändert sich auch im Verlaufe des Lebens. Während eine Person acht oder sogar neun Stunde Schlaf benötigt, um ausgeruht zu sein, reichen für eine andere deren sechs. Das gilt auch für die Schlafstadien. Angesichts dieser enormen Variabilität versagen alle Schlaftracker.

Zuverlässig ist nur das Schlaflabor

Mit dem Beschleunigungsmesser des Smartphones die Bewegungen zu messen, die der Körper auf die die Matratze überträgt, und daraus Aussagen über den Schlaf ableiten zu wollen, ist übler Hokuspokus. Für eine zuverlässige Bestimmung der Schlafstadien muss man die Hirnströme sowie die Bewegungen der Augen- und der Kiefermuskulatur messen. Und das geht nur im Schlaflabor.

Vergessen Sie auch alle Apps, die versprechen, eine optimale Aufwachzeit zu berechnen. So soll vermieden werden, Sie im Tiefschlaf zu wecken. Dafür geht der Alarm auch mal vor der gewünschten Weckzeit los, bis zu einer halben Stunde. Wenn Schlaf schon Mangelware ist, dann macht es wirklich keinen Sinn, sich auch noch früher wecken zu lassen. Schöpfen Sie viel lieber die Schlafzeit voll aus, die Sie zur Verfügung haben. In den frühen Morgenstunden liegen die Tiefschlafstadien ohnehin zu 95 Prozent hinter Ihnen.

Sinnvolle Schnarch-Tracker

Eine Ausnahme gibt es. Schnarch-Tracker sind dann sinnvoll, wenn Verdacht auf ein Schlaf-Apnoe-Syndrom mit seinen gefährlichen Atemaussetzern besteht. Einige Apps können helfen, diese Aussetzer zu entdecken und sie dem Arzt zu melden. Für eine definitive Diagnose muss man dann ins Schlaflabor.

Ein Problem wird gern vergessen, der Datenschutz. Viele Apps verarbeiten die sehr persönlichen Daten nicht lokal, sondern schicken sie an einen zentralen Server. Was dort mit den Daten geschieht, entzieht sich unserer Kontrolle. Deshalb sollte man lieber noch einmal schlafen, bevor man eine solche App zu nutzen beginnt.

Wie unzuverlässig solche Apps sind, zeigte sich bei Tests, bei denen Probanden gleichzeitig im Schlaflabor professionell untersucht wurden. Nur in den allerwenigsten Fällen deckten sich die Schlafbilder mit den detaillierten wissenschaftlichen Messergebnissen. Besonders bei der Feststellung unterschiedlich tiefer Schlafphasen zeigten die Apps grosse Defizite.

Sorgentagebuch führen

Entscheidend ist das, was schon galt, als es noch keine Smartphones gab. Gibt man dem Körper durch den Tag Gelegenheit, genügend Schlafdruck aufzubauen, holt er sich den Schlaf von alleine. Dazu gehört auch körperliche Aktivität. Kann man schlecht abschalten, hilft ein Sorgentagebuch. Kann man nicht ein- oder nicht durchschlafen, steht man spätestens nach 20 Minuten auf, macht irgendetwas anderes und bleibt dabei gelassen. Ein Problem wird ein Schlafproblem nämlich nur, wenn man ein Problem daraus macht. Und genau das passiert mit diesen blöden Apps.