Der Darm ist unglaublich spannend

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Warum spricht man vom Bauchgehirn?

Weil der Darm ein riesiges Nervensystem hat, das mit dem zentralen Nervensystem kommuniziert. Es handelt sich dabei um ein hochkomplexes Zusammenspiel, bei dem unterschiedliche Organe beteiligt sind. Das Bauchgehirn arbeitet aber auch für sich ganz alleine.

Wie?

Es sorgt zum Beispiel dafür, dass der Darm sich korrekt bewegt und dass die richtigen Stoffe aus der Ernährung aufgenommen oder abgebaut werden. Diese Abläufe sind unheimlich spannend.

Was fasziniert Sie am meisten am Darm?

Er ist im Ganzen einfach perfekt, in seiner Funktion extrem interessant und für unser Leben beziehungsweise unsere Gesundheit zentral. Der Magen-Darm-Trakt schaut von unserer Geburtsstunde darauf, dass wir durchs Leben gehen können. Dass wir mit allen Nährstoffen versorgt sind. Wir können nicht leben ohne ihn. Zudem reagiert er auch auf Reize von aussen. Wenn man zum Beispiel einen spitzen Gegenstand verschluckt, spürt das die Schleimhaut, entspannt die Darmmuskulatur um den Fremdkörper und lässt ihn passieren, so dass der Darm praktisch nicht verletzt wird. Zudem reproduziert sich die Schleimhaut ständig und altert kaum. Man könnte fast ewig damit leben.

Kann ein geschwächter Darm Krankheiten wie MS oder Migräne begünstigen?

Es gibt tatsächlich Hinweise darauf, dass Patienten mit Migräne vermehrt unter Verstopfung leiden. Und Studien zeigen, dass bei Multipler Sklerose das Mikrobiom verändert sein kann. Trotzdem ist es schwierig zu sagen, was zuerst da war: Das Huhn oder das Ei? Und es ist nicht so, dass ein gesunder Darm bedeutet, dass man keine Multiple Sklerose bekommt.

Was hat der Darm am liebsten?

Viele Darmbakterien ernähren sich von kurzkettigen Fettsäuren. Diese entstehen, wenn ballaststoffreiche Lebensmittel wie speziell Vollkorngetreide, Gemüse oder Hülsenfrüchte gespalten werden. Sie sind der Treibstoff fürs Mikrobiom.

Was, wenn man davon Blähungen bekommt?

Dann sollte man darauf verzichten oder zumindest die Ballaststoffe reduzieren. Es gibt zwei Hauptformen von Blähungen. Ist die Fermentation schuld, ist meistens viel Wind im Spiel. Manche klagen aber auch über einen Blähbauch, obwohl sie gar nicht mehr Luft im Darm haben. Meistens handelt es sich dabei um einen fehlerhaften sogenannten viszerosomatischen Reflex. Bei dieser Störung sackt das Zwerchfell ab, man macht ein Hohlkreuz und der Bauch steht hervor. Da hilft nur Aufklärung und eine spezialisierte Physiotherapie.

Wann braucht es eine Darmspiegelung?

Sofort bei starken Schmerzen, Blut im Stuhl oder schwarzem Kot. Das sind alles Alarmzeichen. Zudem bei Patienten mit Darmkrebs oder Darmerkrankungen in der Familie. Hat man keine Symptome und ist gesund, sollten alle Personen ab 50 Jahren zur Darmspiegelung. Das ist die beste Massnahme, um Darmkrebs vorzubeugen.

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Prof. Dr. med. Daniel Pohl, Leitender Arzt Klinik für Gastroenterologie und Hepatologie, Leitender Arzt Gastroenterologie Standort Flughafen – The Circle, Koordinator Gastroenterologie Darmtumorzentrum Comprehensive Cancer Center Zürich

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