Die Geschichte vom glücklichen Poulet

Spitzenkoch André Jaeger schreibt und fotografiert seine besten Rezepte. Heute geht’s um ein Coq au Vin.

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Bild AdobeStock , Urheber Jacqueline Anders

Die abscheulichen Berichte von Massentierhaltung, eingepferchten Hühnern und allem Hässlichen, was drum herum geschieht – wir haben genug davon, zu Recht. In der Schweiz haben wir im Vergleich zu vielen anderen Ländern noch Glück. Es gibt noch Freilandhühner. Glück auch, weil wir glauben dürfen, dass es stimmt, was man uns sagt. In vielen anderen Ländern ist es leider nicht mehr so.

Etwas finde ich jedoch schade. Mit unserem modernen Lebenswandel hat sich auch das Lebensmittelangebot verändert. Die Nachfrage bestimmt das Angebot, schnell, einfach, günstig. Ganze Tiere, sei es Fisch, Kaninchen, oder Geflügel, verkaufen sich weniger gut als pfannenfertige, vakuumierte Stücke. Dabei ist es so schön, wenn man sich auf etwas Ganzes, Köstliches freuen kann. Ein frisches Poulet kann ein absolutes Sonntagsessen sein.

Zu kaufen gibt es frisches Poulet in der Schweiz, Gott sei Dank, noch in verschiedenen Varianten und Grössen. Unser Gesetz schreibt eine Herkunftsdeklaration vor, was wiederum ein Vorteil ist. z.B. Freiburger, Freiland, biologisch. Die Haut des Poulet ist leicht gelblich, also nicht weiss und anämisch, das Fleisch eher dunkel, was auf eine gesunde, natürliche Ernährung schliessen lässt, mit Freilauf und Bewegung. Das sind Indizien, dass es sich um ein gutes Produkt handelt, es dürfte etwas mehr kosten, aber die bessere Qualität rechtfertigt den Preis allemal.

Wenn ich einkaufen gehe, weiss ich meistens schon, was ich will. Mein Lustgefühl, aber auch die Wünsche meiner Familie sagen mir, was es gibt. Wir leben sehr bewusst und vor allem saisonal. Ich will an Weihnachten keinen Spargel, oder an Ostern eine Weihnachtsgans.

Aus meiner Kindheit ist ein ganzes Poulet ein Sonntagsessen. Ja, Sie hören recht. Was heute leider so banal geworden ist, war einmal etwas ganz Besonderes. Diese Freude habe ich mir nicht nehmen lassen. Auch heute ist ein köstliches Poulet für mich noch ein Sonntagsessen.

Gerne möchte ich Ihnen heute ein besonderes Rezept schmackhaft machen:

Coq au Vin

Es dürfte sich um eine alte Zubereitungsart aus dem Burgund handeln. Man findet aber auch Rezepturen aus Ungarn und den K+K Monarchien.

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Wenn heute in den meisten Restaurants alles nur noch in Einzelportionen auf Tellern angerichtet wird, erachte ich es als sehr grosse Chance, wenn man Familienessen vermehrt in dampfenden Schüsseln zum Teilen auf den Tisch stellt. Teilen ist übrigens etwas vom Schönsten, auch beim gemeinsamen Essen. Ich denke da an den grossen, runden Tisch, Generationen darum versammelt und in der Mitte, wie dies in China noch der Fall ist, viele kleine Schüsseln mit Köstlichkeiten, von welchen sich jeder nimmt, was er mag. Kann es Schöneres geben?

Coq au Vin – Rezept für vier Personen

Es braucht einen Römertopf, eine verschliessbare Porzellanschüssel oder einen Topf mit Deckel. Das Kochgeschirr sollte in der Grösse so sein, dass ein Huhn gut darin Platz hat.

  • 1 Poulet von 1200-1800g
  • 8 Schalotten geschält
  • 8 Knoblauchzehen geschält
  • 4 Karotten geschält und in dicke Scheiben geschnitten
  • 1/2 Sellerie geschält, in dicke Würfel geschnitten
  • 1 mittelgrosse Zucchini, gewaschen, halbiert in Scheiben geschnitten
  • 20 frische Champignons
  • 16 Kirschtomaten
  • 1 Sträusschen Blattpetersilie
  • 1 Sträusschen Maggikraut
  • 1 Flasche guten Rotwein
  • Salz, Pfeffer

Das Poulet ist in der Regel pfannenfertig und bereits gebunden. Trotzdem sollte man kontrollieren, ob es sauber ist und gut gerupft. Man kann es mit einem Haushaltspapier abreiben, und wenn es noch Federkiele hat, rupft man diese mit einer Pinzette einzeln aus.

Das Poulet mit Salz und Pfeffer würzen und in einer Bratpfanne rundum golden anbraten und in den Kochtopf legen.

Eine andere Methode ist, dass man das Poulet in Stücke zerteilt und danach auf der Hautseite anbrät und dann mit den Stücken wie für das ganze Poulet weiterfährt. Dabei ist jedoch zu beachten, dass die Bruststücke eine kürzere Garzeit haben. Um es perfekt zu machen, gibt man diese erst nach der halben Garzeit bei.

In den Topf gibt man nun alle Zutaten, ausser Tomaten, Champignons, Zucchini und Kräuter. All das kommt erst zum Schluss dazu.

Den Topf zum Kochen bringen und sofort von Feuer nehmen, in den vorgeheizten Ofen bei 120 Grad geben und zugedeckt etwa 40 Minuten schmoren lassen. Man beachte, dass auch hier moderate Hitze zu einem besseren Resultat führt, da das zarte Fleisch saftiger bleibt.

Wenn nun das Fleisch langsam gar ist, die restlichen Zutaten beigeben und weitere 10-15 Minuten weitergaren. Zum Schluss die Sauce mit Salz und Pfeffer abschmecken und die gehackten Kräuter darüber streuen.

Die entstandene Sauce bleibt eher wässerig, ist jedoch voller Aroma. Wer sie lieber etwas dicker möchte, kann die Sauce in ein Pfännchen abschütten und mit etwas Tapioca oder Maizena abbinden. Wer lieber mag, kann dies auch mit dem sogenannten Beurre manié machen. Das ist Butter mit etwas Mehl vermischt, welchen man zum Eindicken von Saucen unter stetem Rühren langsam dazu gibt. Danach gibt man die Sauce wieder zum Huhn.

Hat man das Poulet im Ganzen gegart, lässt es sich sehr gut im Kochgeschirr mit Löffel und Gabel teilen.

Dazu passt ein luftiges Kartoffelpüree oder Bratkartoffeln mit Rosmarin und natürlich ein köstliches Glas Burgunder.

Bon Appétit!

Dieser Eintrag wurde veröffentlicht am 11.05.2023.

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