Die Macht der Gefühle

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In den bisherigen zehn Folgen der Aeschbacher-Diät haben Sie viel über Verhaltensänderung, Ernährungsumstellung und mehr Bewegung erfahren. Wir merkten immer wieder, dass sich viele Teilnehmer und Teilnehmerinnen unseres Programms vor allem für Ernährungspläne interessieren, mit denen man möglichst schnell viele Kilos verlieren kann. Aber genau hier machen wir einen grossen Unterschied und sagen sofort „Stopp!“. Unsere „Diät“ ist eben anders. Sie ist nicht eine Radikalkur auf die Schnelle, sondern sie basiert auf einigen anderen, sehr wichtigen Bausteinen.

Veränderung in Kopf und Herz

Sicher ist eine gesunde, ausgewogene Ernährung auch ein wichtiger Bestandteil unseres Programms. Sie darf aber auf keinen Fall alleine im Vordergrund stehen. Wichtig ist vor allem, dass zu allererst eine Veränderung im Kopf und vielleicht auch im Herz stattfinden muss. Denn vor allem einen Aspekt dürfen wir nie wieder ausblenden: Unsere Gefühle!

Wenn wir unseren Körper nicht mehr spüren, Kummer und negative Erlebnisse und Gedanken einfach herunterschlucken, oder noch viel schlimmer, ihn in uns hineinfressen, nützt auch die beste Ernährungsumstellung nichts. Auf Dauer kann dies unmöglich funktionieren. Das musste ich selber am eigenen Leib erfahren.

Was will ich überhaupt?

Ich musste mir zuerst mal richtig bewusst werden, was ich überhaupt will. Ich stellte mir Fragen wie: Will ich überhaupt langfristig etwas ändern? Bin ich überhaupt dazu bereit? Was muss ich tun, damit ich langfristig etwas ändern kann? Weshalb stopfe ich so extrem viel Essen in mich hinein? Wo sind bei mir all die negativen Gefühle, die ich kaum wahrhaben will, mich aber doch ständig in meinem Verhalten beeinflussen und mir Angst machen?

Die negativen Gefühle kamen vor allem nach dem Nachtessen immer wieder hoch. Ich erstickte sie buchstäblich nur mit Essen, indem ich alles in mich hineinstopfte. Sehr oft ass ich auch viel zu schnell und eben das Falsche. Ich hatte mich damals definitiv nur mit Essen befriedigt, meinen Magen nur sehr kurzfristig beruhigt, aber keine echte Ursachenbekämpfung erreicht. Im Gegenteil, durch die buchstäblichen Fressattacken beruhigte ich mich nur kurzfristig und blendete meine Gefühle komplett aus.

Körper spüren, Gefühle wahrnehmen

Ich musste zuerst wieder lernen, meinen Körper und mich selber zu spüren, Gefühle wahrzunehmen. Essen hat auch mit Gefühlen zu tun. Wieder spüren, wenn ich satt bin. Zu realisieren, aus welcher Stimmung und aus welchem Motiv ich esse. Wieder lernen, dass ich negative Gefühle definitiv nicht mit Essen lösen kann.

Negative Gefühle entstehen sehr oft, weil wir unzufrieden oder starken Belastungen ausgesetzt sind. Sie können am Arbeitsplatz, im Freundes- und Familienkreis, in der Partnerschaft entstehen. Sie können auch Folge von gesundheitlichen Problemen sein. Oder was man oft ganz vergisst, dass man sich mit dem eigenen Aussehen nicht mehr identifizieren oder wohlfühlen kann. Ich musste mich richtig wachrütteln, damit ich all die Märchen nicht mehr glaubte, Übergewicht könne man durch blosse Veränderung des Essverhaltens oder sogar durch eine Radikaldiät loswerden.

Gefühle benennen

Ich begann, Gefühle zu benennen, und beobachtete mich genauer, was mit mir geschah. Ich fragte mich: Warum esse ich? Muss ich wirklich essen? Was esse ich? Wann esse ich? Essen war plötzlich für mich nicht einfach mehr eine Strategie, um etwas zu unterdrücken, sondern essen wurde wieder zum Erlebnis, ich spürte das Essen wieder, aber es steht keinesfalls mehr im Vordergrund. Erst das Bewusstsein, dass zuerst die Gefühlswelt aufgeräumt werden muss, brachte die definitive, langfristige Befreiung.

Unser Alltag wird oft von Sorgen, Stress und gesellschaftlichen Normen dominiert. Wir verlernen, mit unseren Gefühlen umzugehen. Dadurch besteht die Gefahr, dass wir viele Dinge einfach verdrängen. So tappen wir immer wieder in die Essensfalle und essen zu viel und zu schnell und ohne jeglichen Genuss. Logisch, werden wir so nicht satt. Im Gegenteil, wer so isst, handelt sich nur noch mehr Frust und Verachtung über sich selber ein.

Essen aus Gewohnheit, Lust und Frust

Genau das war bei mir das Problem. Ich ass nicht, weil ich Hunger hatte, sondern aus reiner Gewohnheit, Lust und Frust. Wahrscheinlich hat das auch damit zu tun, dass ich immer stark sein musste. Damit werden automatisch Gefühle unterdrückt, eine fatale Folge.

Heute erlebe ich meinen Alltag ganz bewusst. Ich schaue auf möglichst viel Abwechslung. Und ich packe jede Gelegenheit für spontane Bewegung, mein bestes Wohlfühlprogramm. Das kann eine kleine Velotour mit meinem Mann nach der Arbeit sein, ein Spaziergang, eine halbe Stunde Schwimmen in der Badi oder im Fluss und so weiter. Erstaunlich ist, dass sich das Essen bei mir weiter hinten positioniert hat. Und genau darum geht es! Der Gedanke ans Essen, ans Gewicht, ans Abnehmen, an die Figur etc. muss aus dem Lebensmittelpunkt verschwinden!!!

Ganz zuvorderst stehen heute bei mir Freude, Genuss und die kleinen Glücksmomente im Alltag. Mit den negativen Gefühlen habe ich aufgeräumt und kurzen Prozess gemacht. Die guten Gefühle und mein gesunder Menschenverstand haben wieder die Oberhand gewonnen und entscheiden, wann und was ich esse. Ich habe wieder Vertrauen in mich selber gefunden und ich weiss, dass das Essen mit mir nicht macht, was es will, sondern umgekehrt! Sie dürfen mir glauben, es ist keinesfalls so, dass ich keine Probleme habe, aber ich gehe sie heute anders an und messe ihnen in meiner Gefühlswelt nicht mehr so grosse Bedeutung zu wie vorher.

Genau das macht das neue Lebensgefühl aus. Mit einem wunderbaren Nebeneffekt: Die Kilos purzeln, einfach so. Ist das nicht schön?

So geht’s:

  • Abnehmen ist nicht bloss eine Frage der Kalorien
  • Es braucht immer auch eine Umstellung im Kopf
  • Essen eignet sich nicht als Entsorgungsstelle für negative Gefühle
  • Essen ist auch nicht der Abfalleimer für Stress und Frust
  • Gefühle soll man beim Namen nennen und zu ihnen stehen
  • Negative Gefühle darf man auch einmal so stehen lassen
  • Jedes Essen sollte und darf wieder ein kleines Erlebnis sein
  • Nicht von Sinnen, sondern mit den Sinnen essen
  •  Es darf sich nicht alles um das Essen drehen
  •  Möglichst viel Abwechslung und Überraschungen im Alltag
  •  Freude an allen Arten der Bewegung
  •  Wieder Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten gewinnen

Fazit:

Wer beim Abnehmen einfach nicht vom Fleck kommt, sollte sich vielleicht zuerst einmal in der Rumpelkammer seiner Gefühle umsehen. Herrscht dort Unordnung, ist es höchste Zeit aufzuräumen. Sonst läuft er in Gefahr, dass er aus allen möglichen und unmöglichen Motiven isst, nur nicht aus Hunger. Wer zu seinen Gefühlen steht, sie benennt und mit anderen darüber spricht, kann wieder selber entscheiden, was und wie viel er isst.