Die Sache mit der Schilddrüse

Dr. Stefan Fischli vom Luzerner Kantonsspital sagt, wie man Patienten mit Unterfunktion der Schilddrüse erkennt und richtig behandelt.

Schilddrüse neu

Die Bestimmung des TSH-Wertes durch einen einfachen Bluttest gehört zu den ersten Massnahmen, wenn ein Patient mit unerklärlicher Müdigkeit, Niedergeschlagenheit oder Muskelschmerzen den Hausarzt aufsucht. TSH steht für Thyroidea-stimulierendes Hormon, das von der Hirnanhangsdrüse ausgeschüttet wird und die Schilddrüse zur Produktion von Schilddrüsenhormonen anregt. Schilddrüsenhormone steuern wichtige Organfunktionen und regulieren den Stoffwechsel. Hat es zu wenig davon, können Müdigkeit, Erschöpfung und Muskelschwäche auftreten. Wie bei jenem 47-jährigen Unternehmer, der schon einige Jahre lang massiv litt. Das komme halt mit dem Alter, hatte der Hausarzt die Symptome abgetan. Mehr Sport treiben solle er, weniger arbeiten und mehr schlafen, lautete die ärztliche Weisung.

Schwere Schilddrüsenunterfunktion mit typischen Symptomen

Der Patient tat alles, zweifelte zuerst an sich und nicht an der Empfehlung seines Arztes. Hörte auch mit dem Rauchen auf, trank keinen Alkohol mehr. Sogar auf das Feierabendbier beim Grillieren verzichtete er. Ohne Erfolg. Bald konnte er seinen geliebten Garten vor lauter Müdigkeit nicht mehr pflegen. Selbst beim Fliegenfischen drohte er einzuschlafen. Und es wurde schlimmer. Bis er im letzten Herbst den Hausarzt wechselte und zu Dr. Stefan Fischli, Leitender Arzt Endokrinologie und Diabetologie am Luzerner Kantonsspital überwiesen wurde. Der Fall war klar: «Eigentlich ein Lehrbuchbeispiel einer schweren Schilddrüsenunterfunktion mit zahlreichen typischen Symptomen. Ich war überrascht, dass der Patient überhaupt noch seinem Beruf nachgehen konnte. Auf das Hormonpräparat zur Behandlung der Schilddrüsen-Unterfunktion sprach er rasch an. Obwohl der Körper ein paar Monate braucht, bis er sich an die Normalsituation gewöhnt hat, ging es dem Patienten schon nach wenigen Wochen massiv besser. Endlich stand er in den Ferien am Morgen wieder als Erster auf, war ein völlig anderer Mensch und ging wieder mit seiner Familie wandern, statt den ganzen Tag im Bett zu liegen.»

Andere Diagnosen müssen ausgeschlossen werden

Nicht jeder Fall ist so klar wie dieser. Dr. Fischli: «Schwere Unterfunktionen sehe ich als Spezialist eigentlich kaum mehr. Weil der TSH-Wert heutzutage meist vom Hausarzt bestimmt wird, kann die Mehrzahl der Fälle vorher diagnostiziert und behandelt werden. Ich betreue in meiner Sprechstunde demgegenüber vor allem Patienten mit einer sogenannt subklinischen Schilddrüsenunterfunktion. Dabei kommen mehrere Beschwerden zusammen, denen auch andere Ursachen zugrunde liegen können. Beispiel: Typisches Merkmal für eine Schilddrüsenunterfunktion ist dauernde Müdigkeit. Doch müde ist man auch infolge Schlafmangel, schlechter Schlafhygiene, bei Überlastung im Job oder bei depressiven Erkrankungen. Zudem gibt es eine Reihe organischer Faktoren, die auf schweren Eisenmangel oder ein Schlafapnoe-Syndrom zurückzuführen sind. Bevor also eine Behandlung mit Schilddrüsenhormonen begonnen wird, müssen andere Diagnosen ausgeschlossen werden.»

Immer an die Schilddrüse denken

Was rät Dr. Fischli den Ärzten? «Sich Schritt für Schritt herantasten, alle Beschwerden ernst nehmen und mehrere Ursachen gleichzeitig in Betracht ziehen. Beim Abklären verdächtiger Symptome auf jeden Fall immer auch an die Schilddrüse denken und den TSH-Wert bestimmen.»

 

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Dr. Stefan Fischli

Das sagt Dr. Stefan Fischli

Die Schilddrüsenunterfunktion – medizinisch: Hypothyreose – ist eine relativ häufige Erkrankung, die heutzutage fast immer durch eine chronische Schilddrüsenentzündung, die sogenannte Hashimoto-Thyreoiditis, bedingt ist. Frauen sind acht- bis zehnmal häufiger betroffen als Männer. Es handelt sich um eine Autoimmunerkrankung, das heisst, das Abwehrsystem des Körpers richtet sich gegen die Schilddrüse, was zu einer Zerstörung des hormonproduzierenden Gewebes führt. Fast alle Betroffenen brauchen eine lebenslange Behandlung mit Schilddrüsenhormonen. Die Operation an der Schilddrüse oder die Einnahme bestimmter Medikamente sind deutlich seltener die Ursache für eine Schilddrüsenunterfunktion.

Die Bestimmung des TSH-Wertes im Blut ist ein äusserst genauer Parameter zur Erfassung einer Schilddrüsenfunktionsstörung. Er verhält sich umgekehrt zur Funktion: Erhöhte Werte zeigen eine Unterfunktion, zu niedrige eine Überfunktion an. Zusätzlich wird bei pathologischen TSH-Werten auch immer ein sogenannter fT4-Wert bestimmt. Er gibt die Konzentration des Schilddrüsenhormones T4 wieder. Die subklinische Hypothyreose bezeichnet einen Zustand, bei dem der TSH-Wert erhöht, der fT4 aber noch im Normbereich ist. Bei der manifesten Hypothyreose liegt neben erhöhtem TSH ein tiefes fT4 vor.

Mit einem Bluttest lassen sich wichtige Schilddrüsen-Hormonwerte bestimmen.

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Dieser Eintrag wurde veröffentlicht am 05.05.2016.

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