Die Sorgen brauchen Platz in der Agenda

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Besser Schlafen Lektion 6. Gewöhnen Sie sich ab, die Sorgen mit ins Bett zu nehmen. Und verzichten Sie auf vermeintliche Helfer bei Schlafstörungen, die Ihnen nur noch mehr Kummer machen.

Der Schlaf bietet sich geradezu an, um eine Ventilfunktion für alles Mögliche und Unmögliche zu übernehmen. Von frühmorgens bis spätabends müssen wir in jeder Hinsicht funktionieren, beruflich und privat. Und ohne immer auf Draht zu sein, geht gar nichts mehr. Der moderne Mensch ist ständig vernetzt und einer Fülle von Informationen ausgesetzt, welche unsere Vorfahren nie gekannt haben. Interessante Berechnungen besagen, dass ein Mensch heute in einem einzigen Tag so viele Informationen zu verarbeiten hat,  wie ein Mensch früher in einem ganzen Jahr. Verständlich, dass immer mehr Menschen Mühe haben, auf Kommando abzuschalten und einzuschlafen. Wie sollte das dem Gehirn auch gelingen, wenn es vorher den ganzen Tag bis spät in den Abend hinein pausenlos mit Tausenden von Eindrücken und Informationen bombardiert wurde.

Ein paar Jahre mag der informative Overkill gut gehen. Doch irgendwann kommt der Punkt, wo es für den Kopf und den Körper zu viel wird. Die einen laufen in ein Burnout, die anderen in eine Depression oder eben in eine Schlafstörung. Oder alles zusammen. Wieder andere spülen den Stress mit Alkohol hinunter, rauchen oder greifen zu Schlaf- und Beruhigungsmitteln. Ein weiterer, wenn auch meist unbewusster Selbstschutzmechanismus oder Selbstheilungsversuch ist zu viel essen. Diese Ursache von Übergewicht geht meistens vergessen.

Was ist zu tun? Von allem etwas weniger, und sich bestimmten Trends ganz widersetzen. Sozialen Netzwerken verweigere ich mich zum Beispiel konsequent. Auf den permanenten Austausch von Banalitäten verzichte ich gern. Mein Zeitbudget und mein Schlaf danken es mir. Auch den Fernseh- und Internetkonsum bei Schlafstörungen kritisch zu überdenken lohnt sich. Bringen uns die vielen Stunden, die wir jeden Tag vor irgendeinem Bildschirm verbringen, wirklich das, was wir suchen?

Weniger angesagt ist auch beim Alkohol, wenn Sie Schlafprobleme haben. Einigen Menschen hilft er zwar beim Einschlafen, erschwert aber das Durchschlafen. Schon relativ geringe Mengen führen zu einer deutlichen Verschlechterung der Schlafarchitektur. Wie steht es mit Kaffee? Koffein baut sich im Körper verhältnismässig langsam ab. Die Hälfte des Koffeins einer Tasse Kaffee, die um 19 Uhr getrunken wurde, befindet sich um 23 Uhr noch immer im Organismus. Wie Alkohol fragmentiert auch Koffein den Schlaf. Achtung: Auch schwarzer und grüner Tee sowie Cola enthalten Koffein. Und Nikotin? Raucher und Raucherinnen klagen öfter als Nichtraucher über Schlafstörungen wie unruhigen oder gar schlechten Schlaf. Sie brauchen länger zum Einschlafen und wachen nachts häufiger auf. Untersuchungen zeigen, dass Nikotin die Einschlafzeit verlängert und zur Abnahme des Tiefschlafes führt.

Auf Alkohol und Nikotin zu verzichten wird viel leichter fallen, wenn sich jemand wieder mehr bewegt. Beide Genuss- und Suchtmittel sind in vielen Fällen nur ein unbewusster Versuch, depressive Verstimmungen zu vertreiben. Als Ersatz bieten sich Bewegung und Sport geradezu an. Sie wirken ungleich besser antidepressiv. Kommt dazu, dass Müdigkeit nach körperlicher Betätigung den Schlafdruck stark erhöht, was sehr erwünscht ist.

Nach der Entkrampfung im Umgang mit einem Schlafproblem, der Korrektur von falschen Vorstellungen über den Schlaf und der vorübergehenden massiven Verkürzung der Bettzeit sollten wir zum Abschluss dieser Serie noch einen Weg oder einen Ort finden, wo wir uns ganz bewusst mit negativen Gedanken und Gefühlen befassen können, damit sie uns nichts nachts wieder einholen. Sorgen nimmt man sehr leicht ins Bett mit. Nur, wie will der Körper in einem solchen Fall abschalten? Zu einem Ergebnis führt die meist quälende nächtliche Auseinandersetzung nur sehr selten. Im Gegenteil: Neue Sorgen treten hinzu und verschlimmern die Situation nur noch.

Geben Sie den Sorgen jeden Tag einen Termin, zum Beispiel eine halbe Stunde am Morgen oder Nachmittag. Schreiben Sie stichwortartig auf, wenn bestimmte Gedanken Sie nachtsüber nicht in Ruhe lassen. Und sagen Sie Ihren Sorgen laut, dass Sie jetzt nachts keine Zeit hätten, sondern morgen auch ein Tag ist.

Sich negativen Gefühlen und Ängsten so zu stellen ist tausend Mal besser als zu versuchen, sie mit Pillen abzuwürgen. Die meisten Beruhigungs- und Schlafmittel müssen in ihrer Dosis gesteigert werden und machen abhängig. Zudem verursachen viele von ihnen am nächsten Morgen einen Hangover, stören den Gleichgewichtssinn und die Koordination der Muskeln, was die Sturzgefahr erhöht, oder bewirken paradoxe Reaktionen wie Agitiertheit oder Verwirrtheit. Ganz zu schweigen von der gefühlsmässigen Abstumpfung, die jahrelanger Missbrauch von Schlaf- und Beruhigungsmitteln zwangsläufig mit sich bringt.

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