Fast jeder Hundertste Schweizer ist mit dem Hepatitis-C-Virus infiziert. Aber nur die wenigsten davon können behandelt werden, obwohl es jetzt hochwirksame Medikamente gibt.
Stellen Sie sich vor, es gibt eine Krankheit, die ein lebenswichtiges Organ des menschlichen Körpers still und heimlich zerstört, Krebs verursacht und oft sogar tödlich endet. Und es gibt Medikamente, welche diese Krankheit in nahezu 100 Prozent der Fälle besiegen. Und zwar in einem so frühen Stadium, dass diese Krankheit erst gar nicht richtig ausbricht. Können Sie sich vorstellen, dass diese Medikamente wegen der hohen Kosten nur bei einem Bruchteil der 70 000 bis 80 000 Patienten in der Schweiz eingesetzt werden dürfen, weil es die Behörden so wollen?
So unvorstellbar das auch klingt. Das ist genau der Fall bei Hepatitis C, einer Krankheit, von der fast jeder Hundertste Schweizer betroffen ist, von der aber nur jeder zweite Infizierte etwas weiss, weil er jahrelang nichts davon spürt, obwohl seine Leber bereits geschädigt ist. Rund ein Fünftel der Infizierten leidet ohne Behandlung an einem Leberversagen oder erkrankt an Leberkrebs. Hepatitis C ist für die meisten Lebertransplantationen in unserem Land verantwortlich und hat HIV als Todesursache überholt.
Hepatitis C ist eine unterschätzte, stille Epidemie, welche in den kommenden Jahren eine Welle von tödlichen Lebererkrankungen auslösen wird. Den Höhepunkt erwarten Experten in den Jahren 2020 bis 2025. Dazu kommen rund 200 neue Hepatitis-C-Fälle pro Jahr sowie Hunderte von Fällen bei Migranten, welche das gefährliche Virus schon in sich tragen.
Die grosse Crux ist einmal, die infizierten Menschen ausfindig zu machen. Ein Screening der Gesamtbevölkerung ist zu teuer. Am sinnvollsten ist, bestimmte Risikogruppen systematisch auf Hepatitis C zu testen. Dazu gehören Menschen mit HIV, Empfänger von Bluttransfusionen vor dem Jahr 1992, Drogenkonsumenten oder Gesundheitspersonal. Damit könnten die meisten Infektionen entdeckt werden.
Das zweite, noch viel grössere Problem ist der Umstand, dass es zwar mittlerweile äusserst gut verträgliche Medikamente gibt, welche das Virus trotz einer sehr viel kürzeren Therapiedauer nahezu immer eliminieren können und deshalb als historischer Durchbruch gefeiert werden, wegen ihrem hohen Preis und der Beschränkung durch die Behörden aber bis auf Weiteres nur einer Minderheit der Betroffenen vorbehalten bleibt. Neu an den Substanzen ist, dass sie direkt gegen das Hepatitis-C-Virus wirken und eine Vermehrung stoppen. Die bisherigen Therapien waren allesamt unbefriedigend, weil sie nur zum Teil wirkten, lange dauerten und mit gravierenden Nebenwirkungen einhergingen sowie mit einem sehr grossen Betreuungsaufwand verbunden waren.
Da die neuen Substanzen so teuer sind, werden sie durch die Krankenkassen, gemäss einer Weisung des Bundesamtes für Gesundheit, nur bei Patienten vergütet, deren Lebererkrankung bereits weit fortgeschritten ist. Der Kreis der Patienten reduziert sich dadurch auf rund 1000 bis 1500 Personen. Weil eine Behandlung umso besser wirkt, je früher sie einsetzt, laufen Mediziner und Patientenvertreter Sturm gegen diese Art der Rationierung. Die Ärzte sind mit der ethisch unhaltbaren Situation konfrontiert, dass sie Patienten abweisen müssen, wenn sie nicht bereits schwer erkrankt sind.
Den Behörden werfen die Fachleute vor, die Hepatitis-C-Epidemie richtiggehend verschlafen zu haben. Ein Netzwerk von Experten arbeitet jetzt an einer Hepatitis-C-Strategie, um die Zunahme von schweren Lebererkrankungen zu verhindern und die ethisch unhaltbare Situation der Rationierung zu beseitigen.
Interview mit Prof. Beat Müllhaupt
Leitender Arzt Hepatologie, Klinik für Gastroenterologie und Hepatologie, Universitätsspital Zürich
Was macht das Hepatitis-C-Virus so gefährlich?
Die Infektion mit dem Hepatitis-C-Virus verursacht im Frühstadium bei den meisten Betroffenen keine Beschwerden. Erst wenn die Krankheit sehr weit fortgeschritten ist – Stadium der Leberzirrhose – treten Symptome auf. Deshalb wird im Zusammenhang mit Hepatitis C oft auch von einer stillen Epidemie gesprochen.
Was heisst das für die Betroffenen, dass nur ein Bruchteil die neuen Medikamente erhält?
Für Patienten, die noch keine sehr fortgeschrittene Lebererkrankung haben, ist es schwer verständlich, dass die frühere Behandlung, die nur mässig wirksam und oft mit schweren Nebenwirkungen verbunden war, jahrelang ohne Einschränkung verschrieben werden konnte. Kaum gibt es aber eine wirksame und sichere Behandlung, ändern sich die Voraussetzungen, und es können nur noch Patienten mit einer stark fortgeschrittenen Erkrankung von diesem Fortschritt profitieren.
Was fordern Sie als Arzt, um diese unhaltbare Situation der Rationierung zu beenden?
Ich erwarte, dass das Bundesamt für Gesundheit und die Industrie einen innovativen Weg finden, dass diese sehr wirksame und nebenwirkungsarme Hepatitis-C-Behandlung in naher Zukunft wie vorgängige Medikamente allen Betroffen zur Verfügung steht.
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