In sechs Wochen wieder gut schlafen

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Endlose Nächte, quälende Gedanken, Angst vor dem nächsten Tag. Das ist das Schicksal von Hunderttausenden Menschen mit Schlafstörungen. Ein vermeintliches und vermeidbares Schicksal. Denn meistens ist nicht der Schlaf als solcher gestört, sondern das Verhältnis zu ihm, will heissen, unser Verhalten. Und genau hier setzen wir an.

Frauen sind doppelt so häufig von Schlafstörungen betroffen wie Männer. Und ältere Menschen mehr als jüngere. Wie viel Schlaf jemand braucht, ist sehr unterschiedlich. Wichtigstes Kriterium ist: Genügend Schlaf hat man, wenn man am Tag ausgeruht ist.

Wann spricht man von einer Schlafstörung? Eine oder zwei Nächte nicht richtig schlafen zu können ist normal, wenn ein besonderes Ereignis bevorsteht oder wenn man gerade etwas Belastendes erlebt hat. Von einer Schlafstörung spricht die Medizin, wenn man vier Wochen lang immer wieder schlecht geschlafen hat. In einem solchen Fall sollte man zum Arzt, damit er körperliche oder psychische Erkrankungen als Grund für eine Schlafstörung ausschliessen kann. Dazu gehören krankhaftes Schnarchen, das mit nächtlichen Atempausen und Tagesschläfrigkeit einhergeht, das Syndrom der ruhelosen Beine, Herzerkrankungen, Depressionen und so weiter.

Körperliche Inaktivität und falsche Vorstellungen

In den weitaus meisten Fällen findet der Arzt jedoch keinen erkennbaren Grund. Oft liegt die Schlaflosigkeit an ganz banalen Dingen, ohne dass wir uns dessen überhaupt bewusst sind. An körperlicher Inaktivität, falschen Schlafgewohnheiten oder schlicht an Langeweile. Ein grosser Teil der Betroffenen hat gar keinen gestörten Schlaf, sondern falsche Vorstellungen. So ist vielen Menschen nicht klar, dass sich mit fortschreitendem Alter auch der Schlafbedarf ändert. Der Schlaf wird nicht nur kürzer, sondern auch oberflächlicher. Ältere Menschen wachen oft schon bei leisen Geräuschen auf. Auch Menschen, die oft alleine sind, in deren Alltag weniger als früher passiert, würden gerne mehr schlafen. Wer einen Mittagsschlaf macht und dann am Abend erst noch früh ins Bett geht, darf sich nicht wundern, dass er die halbe Nacht wach bleibt.

Anstatt diesen Ursachen nachzugehen, wird meistens nur Symptombekämpfung betrieben. Und zwar mit Schlafmitteln. Der Markt boomt. Jede zwölfte Person in der Schweiz greift bei Schlafstörungen regelmäs­sig zu Schlafmitteln. Bei den über 75-Jährigen ist es jede vierte. Die Schweiz gehört zu den Ländern der Welt mit dem höchsten Pro-Kopf-Verbrauch von Benzodiazepinen.

Die meisten Schlafmittel enthalten Benzodiazepine, welche nicht nur abhängig machen und immer höhere Dosen erfordern, sondern auch das Sturzrisiko erhöhen und intellektuelle Defizite verursachen, besonders bei älteren Menschen. Setzt man sie ab, sind die Schlafprobleme schlimmer als je zuvor. Benzodiazepin-haltige Medikamente sollten maximal für zwei bis vier Wochen verordnet werden. Die Wirklichkeit sieht aber anders aus. Zwei Drittel der Menschen, die vom Arzt ein Benzodiazepin-Präparat bekommen, nehmen dieses länger als ein Jahr, ein Drittel mehr als fünf Jahre.

Wer ein Schlafproblem ohne triftigen medizinischen Grund hat, kann es in den allermeisten Fällen selber lösen. Wie, das möchten wir Ihnen in sechs einfachen Schritten zeigen.

Die Welt geht nicht unter

Schritt 1. Drehen Sie den Schalter von Rot auf Grün.

Der selbstauferlegte Druck, unbedingt schnell einschlafen zu müssen, ist das beste Mittel, um den Schlaf zu vertreiben. Die feste Überzeugung, gestörter Schlaf sei ein ernsthaftes medizinisches Problem und mache Körper und Seele krank, ist falsch. Zum Problem werden Schlafstörungen in der Regel erst, wenn wir sie negativ bewerten und als wiederkehrende Katastrophe erleben.

Stoppen Sie diese Gedanken und denken Sie einmal das pure Gegenteil. Es passiert Ihnen nichts, wenn Sie nicht schlafen können. Weder fällt Ihnen die Decke auf den Kopf noch geht die Welt unter. Die Welt ist am nächsten Tag immer noch dieselbe. Sie sind immer noch sich selbst, und Ihr Herz schlägt immer noch gleich schnell. Vielleicht gehen Sie sogar noch einen Schritt weiter und nutzen die Zeit, während der Sie nicht schlafen können, für irgendetwas, für das Sie sonst nie Zeit hätten. Wichtig ist einfach, dass Sie den Wahrnehmungsschalter von Rot auf Grün umdrehen. Sie können schlafen, müssen aber nicht, schon gar nicht um den Preis, sich selber verrückt zu machen.

Die richtige Programmierung

Schritt 2. Wir programmieren das Gehirn so um, dass es das Bett nur noch mit Schlafen assoziiert.

Endlich wieder gut schlafen. Dazu können Sie selber viel, sogar sehr viel beitragen. Der Schlaf wird nämlich erst richtig gestört, wenn Sie ihn als gestört erleben. Oder anders gesagt: Krankheitswert erhält Schlaflosigkeit, abgesehen von wenigen Ausnahmen, erst dann, wenn Sie das Wachliegen oder das frühe Aufwachen als negativ oder schlimmer noch als Katastrophe empfinden. In den meisten Fällen findet der Arzt keinen triftigen medizinischen Grund für ein Schlafproblem und greift zum Rezeptblock. Das ist dann schon der Anfang vom Ende. Vom Ende eines natürlichen Schlafes. Verschreibungspflichtige Schlafmittel bewirken nicht, dass Sie wieder natürlich gut schlafen, sondern führen innert kürzester Zeit zu Abhängigkeit und haben eine Unmenge Nebenwirkungen, die vor allem für ältere Leute verhängnisvoll sein können. Beispiele sind Verwirrtheit und Stürze.

Ist ein Schlafproblem nicht durch irgendeine vorübergehende Belastung erklärbar und hat der Arzt körperliche und psychische Erkrankungen ausgeschlossen, sollte man sein eigenes Schlafverhalten unter die Lupe nehmen und wenn nötig ändern. In den allermeisten Fällen führt das schon zu einer deutlichen Verbesserung oder sogar Normalisierung, damit Sie wieder gut schlafen können.

Befürchtungen sind Gift für den Schlaf

In einem ersten Schritt haben wir gesehen, dass der selbstauferlegte Druck, unbedingt schnell einschlafen zu müssen, das Schlimmste ist. Sie haben gelernt, die negativen Gedanken und die Angst vor dem Zubettgehen und dem stundenlangen Wachliegen zu stoppen. Ich habe Sie aufgefordert, das pure Gegenteil zu denken, auch wenn es verrückt klingt. Nämlich die Zeit, in der Sie nicht schlafen können, als geschenkte Zeit zu betrachten und Dinge zu tun, für die Sie sonst nie Zeit finden. Sie dürfen alles tun, nur nicht sich ärgern, wenn Sie nicht schlafen können.

Jetzt gehen wir einen Schritt weiter. Wir programmieren unser Gehirn wieder so, dass wir das Bett nur noch mit Schlafen verknüpfen und nicht mehr mit Wachliegen. Nach monate- oder sogar jahrelangen Schlafproblemen reicht nämlich nur schon der Gedanke an das Zubettgehen, dass all die negativen Erfahrungen und Befürchtungen hochkommen und das Abschalten unmöglich machen. Und solange das Gehirn und die Gedanken nicht abschalten, kann der Schlaf nicht kommen. Machen Sie von jetzt an im Bett nichts anderes mehr als schlafen. Alles andere ist verboten. Zeitung und Bücher lesen, fernsehen, arbeiten, rauchen, stricken, diskutieren, telefonieren und so weiter. Das Schlafzimmer darf nur noch der Ort sein, wo geschlafen wird. Bett gleich schlafen. Dieser Gedanke muss wieder in Ihren Kopf.

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