Endlich ohne Drang und Schmerzen

Blase Maija Guggisberg 02

Ich bin 74 Jahre alt, sehr aktiv und eigentlich in einer guten gesundheitlichen Verfassung, habe aber eine lange Leidensgeschichte mit meiner Blase hinter mir. Angefangen hat alles 2008 mit einer Nierenbeckenplastik-Operation in einer Zürcher Privatklinik. Seither hatte ich fast jeden Monat eine sehr schmerzhafte Blasenentzündung und brauchte dann immer Antibiotika. In den letzten Jahren habe ich nie mehr als zwei Stunden am Stück schlafen können, da ich oft stündlich Wasser lösen musste. Man hat alles Mögliche abgeklärt und versucht, aber es hat nie eine Verbesserung gebracht.

Gute Erfahrungen

In Ihrem Magazin habe ich von einer oralen Immunstimulation gegen wiederkehrende Blasenentzündungen gelesen. Meine Apothekerin in Thun war so nett, mir alles zu erklären. Sie habe gute Erfahrungen mit dieser Immuntherapie gemacht und druckte mir sogar detaillierte Informationen aus.

Wenig später hatte ich einen Termin bei meinem Gynäkologen im Spital Thun, Dr. Diebold, Chefarzt der Frauenklinik. Ohne zu zögern stellte er mir ein Rezept für drei Monate aus, als ich ihm schon wieder von meinen lästigen Blasenentzündungen erzählte. Er zeigte sich sehr erstaunt, dass mir keiner der behandelnden Urologen von dieser Therapie erzählte, obwohl sie bekanntlich gute Erfolge vorweisen kann.

Dreimonatige Behandlung

Ab Mitte Januar machte ich die dreimonatige Behandlung. Und siehe da, es hat sich gelohnt. Zum ersten Mal seit Jahren musste ich mich nicht mehr jeden Monat wegen einer Blasenentzündung mit Antibiotika behandeln lassen. Ich schlafe wieder besser, sogar fünf Stunden ohne Unterbruch. Auch die Schmerzen auf der rechten Seite sind verschwunden. Seit Januar habe ich keine Schmerzmittel mehr genommen. Mein Leben ist viel einfacher geworden. Ich muss nicht mehr so oft Wasser lösen, besonders in der Nacht. Ich kann gut warten, ohne Drang und Schmerzen. Dies, obwohl ich immer noch gleich viel trinke wie vorher, nämlich mindestens zwei Liter am Tag.

Mit der jetzigen Situation bin ich sehr glücklich. Ich bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie mir diese Behandlung empfohlen haben. Hoffentlich kann ich anderen betroffenen Frauen mit meinem Bericht helfen. Es lohnt sich, zum Arzt zu gehen.

Viele Patientinnen werden infektfrei

Blase Dr Diebold
Dr. Peter Diebold, Chefarzt Frauenklinik Spital Thun

Chronisch rezidivierende Harnwegsinfektionen sind häufig und oft schwierig zu behandeln. Dr. Peter Diebold, Chefarzt Frauenklinik Spital Thun, erklärt das Vorgehen.

Wie kommt es, dass jemand so oft und so stark unter Blasenentzündungen leidet?

Von chronisch rezidivierenden Harnwegsinfektionen spricht man bei mindestens drei Episoden pro Jahr oder zwei pro Halbjahr. Bis fünf Prozent aller Frauen sind betroffen. Risikofaktoren nach der Menopause sind Harninkontinenz, Restharn, Blasensenkung sowie durchgemachte Harnwegsinfekte vor der Menopause. Weitere Gründe sind falsche Hygiene mit Verschmieren von Darmbakterien sowie Adipositas mit einem BMI über 30.

Was macht man in solchen Fällen?

Ein Drittel aller Patientinnen kann mit Hilfe von Verhaltensempfehlungen sowie durch Steigerung der Harnausscheidung, eventuell in Verbindung mit einer Harnansäuerung, infektfrei werden. Die Trinkmenge sollte nicht zu klein, aber auch nicht zu gross sein. So um die 1,5 l pro Tag. Regelmässiger Konsum von Säften, insbesondere aus Beeren, sowie von fermentierten Milchprodukten mit probiotischen Bakterien senkt die Infekt­rate. Auch eine Harnblasenentleerung nach dem Sex ist sinnvoll.

Übertriebene Intimhygiene schädigt das schützende lokale Milieu. Hilfreich sind Händewaschen vor und nach dem Toilettenbesuch, Abwischen von vorne nach hinten nach dem Stuhlgang. Verzicht auf Intimsprays und Bidetspülungen. Wannenbäder ohne Badezusätze. Nur Baumwollunterwäsche. Säuberung des Genitalbereichs vor und nach Geschlechtsverkehr.

Eine Antibiotikaprophylaxe gilt als die effektivste Methode zur Vermeidung von Rückfällen. Die Reduktion beträgt bis 95 Prozent. Empfohlen werden auch die Einnahme von Probiotika und Präbiotika, die lokale Gabe von Östrogen sowie Mannose.

Was ist das für eine Behandlung, die orale Immunstimulation?

Bei einer Infektion mit den am häufigsten vorkommenden Keimen E. coli kann man eine Immunisierung und eine Infektprophylaxe machen. Das entsprechende Medikament enthält immunisierende Zellwandbestandteile der E.-coli-Bakterien. Zwei Metaanalysen mit fünf doppelblinden, Placebo-kontrollierten Studien haben die Wirksamkeit bestätigt. Innerhalb von sechs bis zwölf Monaten trat eine durchschnittliche Reduktion der Rückfallrate um 39 Prozent gegenüber Placebo auf. Die Behandlungsdauer von Durchbruchsinfektionen war verkürzt.

Bereits während der Akuttherapie kann die Prophylaxe begonnen und sollte bei einer Durchbruchsinfektion nicht unterbrochen werden. Eine erstmalige Therapie wird über drei Monate durchgeführt. Nach sieben bis neun Monaten kann bei erneuten Rezidiven eine Boosterung für jeweils zehn Tage erfolgen. Die Immunstimulation wird in den internationalen Leitlinien ausdrücklich empfohlen. Es gibt Patientinnen, die während der Therapie keine erneuten Blaseninfektionen bekommen und auch danach infektfrei sind oder die Häufigkeit der Infektionen deutlich reduziert ist.