Es braucht eine energische Therapie

Herzinsuffizienz

Herzinsuffizienz ist eine Volkskrankheit ersten Ranges und verzeiht keine Behandlungsfehler. Die Diagnose muss viel früher gestellt und die Therapie viel früher angepasst werden, als das heute meistens der Fall ist. Sonst sind die Aussichten schlecht. Schlechter als bei den meisten Krebserkrankungen. In der Schweiz leiden über 200 000 Menschen an einem schwachen Herz. Jedes Jahr sterben 18 000 an den Folgen. Wer die Diagnose bekommt, ist mit 50-prozentiger Wahrscheinlichkeit in fünf Jahren tot.

Die ernste Prognose dieser Krankheit bestätigt Dr. Jean-Marc Wandeler, Spezialarzt FMH für Allgemeine Innere, Psychosomatische und Psychosoziale Medizin. Er betreut in seiner Allgemeinpraxis in Salavaux im Kanton Waadt unzählige Patienten mit einem schwachen Herz. An einem Tag konsultieren ihn rund 30 Leute. Die Hälfte ist über 65 Jahre alt. Und wiederum die Hälfte davon ist herzinsuffizient. «Je älter die Bevölkerung wird, desto grösser wird das Problem», sagt der Internist.

Bei ersten Leistungseinbussen reagieren

Meistens kommen die Betroffenen spät oder sogar sehr spät. Dann, wenn es nicht mehr geht. Wenn Husten und Atemnot ihnen das Leben schwer machen. Wenn der Diabetes entgleist oder wenn eine Anämie, eine Grippe oder eine Gastroenteritis das Herz ganz aus dem Takt wirft und eine notfallmässige Spitaleinweisung erforderlich macht. Dabei wäre es wichtig, schon viel früher zu reagieren und den Arzt zu konsultieren. Dann nämlich, wenn jemand erste Leistungseinbussen feststellt. «Sie einfach dem Alter zuzuschreiben, ist falsch. Macht man das, beginnt die Abwärtsspirale unaufhaltsam zu drehen, mit allen körperlichen, psychischen und sozialen Folgen. Bis zu sozialem Rückzug und Depressionen.»

Herzinsuffizienz
Dr. Jean-Marc Wandeler, Spezialarzt FMH für Allgemeine Innere, Psychosomatische und Psychosoziale Medizin in Salavaux VD

Neuartiges duales Wirkprinzip

Wird die Diagnose Herzinsuffizienz endlich gestellt, erhalten viele Patienten veraltete Therapieschemen. Dabei ist es wichtig, die Behandlung möglichst früh anzupassen, wenn ein Patient immer noch Beschwerden hat. Typisch sind Abgeschlagenheit, mangelnder Appetit, Müdigkeit, Atemnot und Wasser in den Beinen. Dr. Wandeler setzt zur Behandlung der Herzschwäche mit Erfolg ein neuartiges duales Wirkprinzip mit zwei unterschiedlichen Wirkstoffen ein. Die Sterblichkeit von Herzinsuffizienz-Patienten lässt sich damit in einem Ausmass senken, wie das bisher nicht möglich war. Die neue Kombinationstherapie verbessert die Leistungsfähigkeit und die Lebensqualität, reduziert die Anzahl Spitalaufenthalte und erhöht die Überlebensrate.

Patienten motivieren

Der Waadtländer Internist berichtet von zwei Patienten, denen er eine Lebenserwartung von nicht einmal mehr einem halben Jahr gegeben hatte, so schwach waren deren Herzen. «Mit der neuen Wirkstoffkombina­tion änderte sich das klinische Bild dramatisch. Vorher hatten beide schwerste Kompli­kationen und mussten mehrmals pro Jahr hospitalisiert werden. Nach dem Therapiewechsel sind sie nicht mehr wiederzuerkennen und können sogar mehrstündige Spaziergänge machen. Auch zu Spitaleinweisungen ist es nicht mehr gekommen.» Wichtig sei, die Patienten für die Therapie zu motivieren und ihnen aufzeigen, was passiert, wenn man die Herzinsuffizienz nicht energisch genug behandelt und wie sich sonst ihre Gehdistanz mehr und mehr verkürzt, bis schliesslich die Atemnot schon in Ruhe daheim auf dem Sofa kommt und der Tod vor der Tür wartet.

Im Schnitt trifft es jede fünfte Person

Grundsätzlich kann jeder eine Herzinsuffizienz bekommen. Im Schnitt trifft es jede fünfte Person. Die grössten Risiken sind Bluthochdruck, vor allem, wenn er gar nicht oder schlecht behandelt wird, die koronare Herzerkrankung, die mit Angina Pectoris einhergeht, erhöhtes Cholesterin sowie Rauchen.

Regelmässig körperlich trainieren ist wichtig

Viel Bewegung ist nicht nur zur Vorbeugung entscheidend, sondern auch zur Behandlung. Menschen mit Herzinsuffizienz, die regelmässig körperlich trainieren, leben nicht nur länger, sondern auch viel besser. Wichtig bei Herzinsuffizienz ist die Selbstüberwachung durch tägliches Wägen. Jeder Gewichtsanstieg ist verdächtig auf eine sich verschlechternde Herzfunktion und muss dem Arzt sofort gemeldet werden. Unterbleibt dies, ist eine lebensgefährliche Entgleisung mit Spitaleinweisung nur eine Frage der Zeit.

Das müssen Sie wissen

Eine Herzinsuffizienz liegt vor, wenn ein erkranktes Herz nicht mehr in der Lage ist, den Körper ausreichend mit Blut zu versorgen. Die Organe erfahren dadurch einen Mangel an Sauerstoff und an Nährstoffen. Auch kommt es zu einem Rückstau von Blut vor den Herzkammern. Der ganze Körper wird in Mitleidenschaft gezogen.

Menschen mit Herzinsuffizienz leiden an Kurzatmigkeit und fühlen sich schneller als früher körperlich erschöpft. Die Symptome können schleichend beginnen und zunächst wenig alarmierend sein. Mit dem Fortschreiten der Erkrankung nehmen auch die Beschwerden zu. Anfangs werden Atemnot und körperliche Schwäche häufig erst bei grösseren Anstrengungen bemerkt. Im fortgeschrittenen Stadium der Herzinsuffizienz treten die Symptome bereits bei geringer körperlicher Anstrengung und schliesslich auch in Ruhe auf.

Für Atemnot in Ruhe ist es typisch, dass sie sich im Liegen verschlimmert und durch eine aufrechte Haltung des Oberkörpers lindern lässt. Atemnot im Liegen wird nicht selten von Reizhusten begleitet. Dazu kommt übermässig häufiges nächtliches Wasserlassen. Patienten mit fortgeschrittener Herzinsuffizienz klagen über generelle Müdigkeit und Abgeschlagenheit. In den Füssen, an den Knöcheln und am Schienbein können Wassereinlagerungen, sogenannte Ödeme, auftreten. Die Flüssigkeitseinlagerung kann auch zu einer Gewichtszunahme führen.