Die Weltgesundheitsorganisation WHO will ihre Empfehlung zum Zuckerkonsum drastisch senken. Demnach soll er nur noch fünf Prozent der täglichen Kalorien liefern, also höchstens 25 Gramm pro Tag, was etwa sechs Teelöffel entspricht. Das ist nur halb so viel wie nach den bisherigen WHO-Vorgaben. Der neuen Empfehlung liegt eine Auswertung von 9000 Studien zugrunde. Die WHO-Experten begründen ihren Vorschlag damit, dass Zucker die Gefahr von Fettleibigkeit erhöhe. Der Wert von fünf Prozent schliesst jede Art von Zucker ein, der Nahrungsmitteln zugegeben wird, sowie Honig, Sirup und die Süsse in Fruchtsaft. Der in Obst enthaltene Fruchtzucker wird dagegen nicht auf den Wert angerechnet.
Vorsicht bei Fertigprodukten
Dr. Philipp Gerber, Oberarzt an der Klinik für Endokrinologie, Diabetologie und klinische Ernährung am Universitätsspital Zürich, begrüsst die neuen Empfehlungen: „Den heutigen Zuckerkonsum hat die Evolution niemals vorgesehen. Zucker ist von Natur her etwas Rares. Heute ist aber praktisch in jedem Fertigprodukt Zucker drin. Das überfordert den Stoffwechsel, stumpft die Insulin-Empfindlichkeit der Zellen ab, begünstigt Diabetes und Übergewicht in noch nie gekanntem Ausmass.“ Ungünstig ist gemäss Dr. Gerber neben den vielen enthaltenen Kalorien auch, dass der Blutzuckerspiegel nach dem Konsum von Zucker schnellen und starken Schwankungen unterworfen ist und dies bald ein erneutes Verlangen nach Süssem auslöst.
Vorsicht bei Süssgetränken und Ketchup
Man weiss aus Tierexperimenten, dass es beim Zuckerkonsum Analogien zur Sucht gibt. Die Gründe für die anziehende Wirkung von Süssem sind unter anderem in der Entwicklungsgeschichte zu suchen. Dr. Gerber: „Der süsse Geschmack zeigte dem Menschen während Jahrtausenden an, dass etwas essbar und sehr wahrscheinlich nicht giftig war. Ungesunde, süsse Speisen, wie es sie heute massenweise gibt, findet man in der Natur nicht.“
Dr. Gerber warnt vor allem vor verstecktem Zucker. Ein Grossteil der Menge, den man Tag für Tag aufnehme, befinde sich in verarbeiteten Lebensmitteln, die gar nicht als eigentliche Süssigkeiten angesehen werden würden. Als Beispiel nennt er Ketchup: In einem Esslöffel der Tomatensosse steckt etwa ein Teelöffel Zucker – ein Sechstel der empfohlenen Tagesration. Noch kritischer sind Süssgetränke. Allein ein Glas davon enthält mit 27 Gramm mehr Zucker, als man am Tag konsumieren sollte.