Gesund alt werden

Das Alter

Wie wird man möglichst gesund alt?

Auf das gesund kommt es an. Wir alle möchten möglichst lange gesund und aktiv bleiben. Uralt werden ohne Lebensqualität ist kein Ziel. Gesund alt werden hat einen umfassenden Ansatz. Dazu gehören ein aktives Leben – körperlich und geistig – plus gesundes Essen. Soziale Kontakte sind ebenfalls wichtig. Und bereit und offen sein für Neues. Weiter gibt es ein paar wichtige Eckpfleiler: umfassende Ablärung von Risikofaktoren wie Bluthochdruck und zu hohe Blutfette, Optimierung der Sinnesorgane – also Sehen und Hören –, Muskel- und Knochengesundheit, Behebung von allfälligen Vitamin- und Nährstoff-Mangelzuständen wie Vitamin-D-Mangel sowie einer zu geringen Eiweiss-Zufuhr.

Um das alles gut abdecken und belegte Empfehlungen machen zu können, haben wir am UniversitätsSpital Zürich eine neue Sprechstunde «Gesund älter werden» aufgebaut. Wir empfehlen sie Menschen ab 50. Ziel ist, frühzeitig Schwachstellen zu identifizieren und gezielt präventive Massnahmen einzuleiten und damit das physiologische Altern hinauszuzögern.

Wie beugt man Muskelabbau und Stürzen ­wirksam vor?

Zu den wissenschaftlich anerkannten Massnahmen gehören Trainingsprogramme zur Förderung von Muskelkraft und Gleichgewicht. Wir konnten zum Beispiel zeigen, dass ein einfaches Trainingsprogramm für zu Hause das Sturzrisiko deutlich vermindern kann. Dieses Programm setzen wir nun standardmässig in der Klinik ein. Andererseits ist gut belegt, dass die heutige Empfehlung von 800 Einheiten Vitamin D am Tag jeden dritten Sturz und jeden dritten Hüftbruch verhindern kann.

Dazu erforschen wir die Rolle von Molkenpro­tein als gut verträgliche Eiweiss-Quelle und deren Potential, Gebrechlichkeit vorzubeugen. Diese Studie soll Anfang 2018 am Zentrum Alter und Mobilität beginnen. Wer 75-jährig oder älter ist und im letzten Jahr gestürzt ist, kann daran teilnehmen.

Wie viel Sport und Bewegung braucht es im Alter und was macht man am besten?

Am wertvollsten ist ein aktiver Lebensstil. Das heisst täglich gehen, sich bewegen und weniger sitzen. Ein gutes Ziel ist schon täglich 30 Minuten zügig spazieren – mit einem Ziel! Zum Beispiel ein schöner Aussichtspunkt,  ein Einkauf, ein Kaffee mit Freunden. Da ab dem 50igsten Lebensjahr die Muskeln träge werden, ist eine Kraftkomponente sehr wertvoll. Für die Beine ist Treppensteigen gut, für die Arme gibt es einfache Kraftübungen. Eine fachlich kompetente Instruktion ist hier wertvoll. Ausdauer ist ebenfalls wichtig. Wandern ist sehr gut – oder tranzen. Bewegung stärkt auch die Gehirnfunktion und die Herz-Kreislauf-Gesundheit – Bewegung ist ein umfassendes Konzept, um gesund und aktiv älter zu werden. Wir starteten im Dezember 2017 eine Trainingsstudie am Zentrum Alter und Mobilität für Menschen im Alter 65 plus, die spüren, dass ihr Gedächtnis ein wenig schlechter geworden ist.

Worauf sollte man bei der Ernährung achten?

Die Benefits der mediterranen Ernährung auf die Herz-Kreislauf-Gesundheit sind sehr gut belegt. Für die Gedächtnisfunktion sind zusätzlich Beeren und grünblättriges Gemüse wie Grünkohl sowie Nüsse wertvoll. Für die Muskelgesundheit ist wichtig, auf eine ausreichende Eisweiss-Zufuhr zu achten. Gut ist zu jeder Mahlzeit eine Eiweiss-Quelle. Zum Frühstück empfiehlt sich zum Beispiel ein griechisches Joghurt mit Beeren.

Welchen Nutzen hat die Einnahme von Vitamin D?

Vitamin D ist sehr gut belegt für die Sturz- und Knochenbruch-Prävention bei Menschen im Alter 60 plus. Da jede zweite Person in diesem Alter einen Vitamin-D-Mangel hat, ist die Einnahme von Vitamin D eine wichtige und sichere Massnahme, um die Mobilität bis ins hohe Alter zu unterstützen. Ob Vitamin D noch weitere Vorteile für die allgemeine Gesundheit und das Gesund-älter-Werden bringt, prüfen wir derzeit in der grossen DO-HEALTH-Studie. Die ersten Resultate werden bereits im Sommer 2018 vorliegen.

Gibt es eine Gedächtnis-Diät?

Ja – man nennt sie auch MIND-Diät. Das ist im Grunde genommen die mediterrane Ernährung plus ein paar sogenannte Superfoods wie Beeren, Nüsse und grünes Gemüse. Wichtig sind auch ein Glas Rotwein am Tag sowie wenig Süsses und Frittiertes. In einer grossen 10-Jahres-Studie konnte unter dieser Diät eine Halbierung des Demenz-Risikos dokumentiert werden. Das ist enorm.

Ist ein unbehandelter Hörverlust ein Risiko für Demenz?

Menschen mit einer ausgeprägten Schwerhörigkeit haben ein bis zu fünffach erhöhtes Demenz-Risiko. Zum Teil lässt sich das erklären durch zunehmende Isolation und verminderte Stimulation der Hirnleistungsfunktion. Für einen gesunden und aktiven Lebensstil im Alter ist es wichtig, das Hörvermögen zu erfassen und Schwerhörigkeit zu korrigieren. Daher haben wir in Zusammenarbeit mit Prof. Alexander Huber, Leiter der Klinik für Hals-Nasen-Ohren-Erkrankungen am UniversitätsSpital Zürich, im Zentrum Alter und Mobilität eine Hörkabine aufgebaut, um bei allen Studienteilnehmern das Hörvermögen zu untersuchen.

Welche Rolle spielt die Lebenseinstellung?

Wie man das Leben angeht, ist ein ganz zentra­ler Pfeiler beim Älterwerden. Der sogenannte Healthy Ager hat viele soziale Kontakte, ­sieht das Leben positiv, nimmt Veränderungen an, ist flexibel und dankbar für das, was jetzt ist und sieht sich in einem grösseren Zusammenhang, kennt also auch Spi­ritualität. Zufriedenheit, Offenheit und Freunde sind neben Bewegung und Ernährung enorm wichtig für das gesunde und aktive Älterwerden.

Wünschen Sie mehr Infos zur Studie oder möchten Sie sich für eine unverbindliche Vorabklärung melden? Tel. 044 366 70 76 und 044 366 70 83 oder [email protected]. Haben Sie Interesse an unserer Sprechstunde «Gesund älter werden»? Tel. 044 255 26 99 oder [email protected].

 

 

Prof. Dr. med. Heike A. Bischoff-Ferrari,
DrPH, Klinikdirektorin, Klinik für Geriatrie,
UniversitätsSpital Zürich, Lehrstuhl Geriatrie
und Altersforschung.