Ginkgo ist bei Demenz anerkannt

Bessere Durchblutung, mehr Konzentration, weniger Vergesslichkeit. Dr. Irene Bopp-Kistler über die erstaunlichen Wirkungen von Ginkgo.

Ginkgo neu

Medikamentöse Therapien bei Demenz sind sehr beschränkt. Gewisse Wirkstoffe vermögen die Symptome zwar etwas zu lindern und den Verlauf vorübergehend zu verzögern, aber nicht mehr. Umso erstaunlicher ist, dass Extrakte der Blätter eines der ältesten Bäume der Welt, nämlich Ginkgo, wissenschaftlich anerkannte Effekte nicht nur bei leichten kognitiven Störungen wie Vergesslichkeit oder Konzentrationsschwierigkeiten haben, sondern auch bei einer voll ausgebildeten Demenz. «Leider ist noch zu wenig bekannt, dass man mit Ginkgo-Extrakten bei Demenz und entsprechenden Verhaltensstörungen sogar nachweislich Psychopharmaka einsparen kann. Ich gebe meinen Patienten oft schon bei beginnenden kognitiven Beeinträchtigungen Ginkgo-Extrakte, und zwar in einer ausreichend hohen Dosierung von 240 mg pro Tag, obwohl die Studienlage kontrovers diskutiert wird.»

Für alle Altersgruppen relativ unbedenklich

Dr. Irene Bopp-Kistler weist auf wegweisende Studien und internationale Behandlungsrichtlinien hin. In der Tat zeigt eine Auswertung von über 20 wissenschaftlichen Arbeiten, dass Ginkgo die Hirnleistung und das Zurechtkommen im Alltag von Demenz-Patienten im Vergleich zu Placebo verbessert und dadurch auch die Belastung der Angehörigen reduziert. «Ginkgo-Extrakt ist eines jener Medikamente, bei denen die Patienten subjektiv den grössten Effekt spüren, und zwar relativ schnell.» Das habe sich sogar unter Studenten herumgesprochen. Sie seien mit Ginkgo energiegeladener, leistungsfähiger und konzentrierter. «Das ist ungleich viel besser, als in Prüfungssituationen Ritalin und andere problematische psychoaktive Substanzen zu schlucken. Hier fehlen zwar Studien, doch dank seinem ausgezeichneten Wirkungs-/Risikoprofil ist Ginkgo-Extrakt für alle Altersgruppen relativ unbedenklich.»

Ginkgo-Spezialextrakte eignen sich zur symptomatischen Behandlung von hirnorganisch bedingten Leistungsstörungen, und zwar bei degenerativer, und vor allem auch bei vaskulärer Demenz, also bei gestörter Durchblutung und bei den häufigen Mischformen. Eine weitere Indikation sind trotz widersprüchlicher Studienlage leichte kognitive Beeinträchtigungen, die auf normalen Alterungsprozessen beruhen können und nur bei einem Teil der Patienten zu einer Demenz voranschreiten.

Positive Wirkungen auf intellektuelle Funktionen

Wie sind die positiven Wirkungen auf intellektuelle Funktionen wie Gedächtnisleistung und das Lernvermögen zu erklären? Ginkgo-Spezialextrakte fördern im Gehirn die Ausschüttung von Botenstoffen und dadurch die Signalübertragung, regen die Durchblutung an und verbessern die Fliesseigenschaften des Blutes. Zudem sind sie Radikalfänger, was Alterungsprozessen entgegenwirkt. Und was ist mit der Prävention von Demenz? «Ginkgo hat hier möglicherweise seine Berechtigung», sagt Dr. Bopp-Kistler. Ginkgo kann bereits bei den ersten Symptomen eingesetzt werden, also wenn die Konzentration und das Gedächtnis nachlassen, wenn sich erste Fehlleistungen einschleichen, und wenn man schneller ermüdet als gewöhnlich.

Was dem Herz nützt, hilft auch dem Gehirn

Ganz entscheidend sind aber auch die Lebensgewohnheiten, wenn es um die Vorbeugung degenerativer Veränderungen im Gehirn geht. «Alles, was dem Herz nützt, hilft auch dem Gehirn, weil bei fast jeder Form von Demenz auch die Blutgefässe beteiligt sein können. Wichtig sind zudem möglichst reiche soziale Aktivitäten, überhaupt alles, was Freude bereitet.» Speziell erwähnt die Demenz-Expertin jede Form von Bewegung – sei das Wandern oder Tanzen – sowie Musik. «Für das Gehirn ist Musik genial, ganz besonders in Kombination mit Bewegung. Beides zusammen stimuliert das verbale Gedächtnis enorm.» Überhaupt lohne es sich, der Prävention von Demenz viel mehr Gewicht beizumessen. «Schon nur wenn es gelingt, eine manifeste Erkrankung um wenige Jahre hinauszuzögern, hat das einen riesigen gesundheitlichen und volkswirtschaftlichen Effekt.»

Machen Sie den Check

Bei folgenden Symptomen und vor einer Behandlung mit Ginkgo-Extrakten sollte man für eine fundierte Abklärung zum Arzt.

  • Vergesslichkeit
  • Liegenlassen oder Verlegen von Gegenständen
  • Konzentrationsschwierigkeiten
  • Wortfindungsstörungen, Verwendung von Füllwörtern, Wiederholen von Fragen
  • Schwierigkeiten mit gewohnten Handlungen, Erfinden von Ausreden
  • Räumliche und zeitliche Desorientierung
  • Subjektives Gefühl, dass es nicht mehr so gut gehe
  • Energielosigkeit und Mattheit, ­Antriebslosigkeit
  • Nachlassende Interessen und ­Motivation
  • Reizbarkeit oder Ängstlichkeit
  • Depressive Gedanken und anhaltende Traurigkeit
  • Sozialer Rückzug

 

Gedaechtnis_Dr Bopp

 

 

Dr. med. Irene Bopp-Kistler, Leitende Ärztin Memory-Klinik, Universitäre Klinik für Akutgeriatrie, Stadtspital Waid.

 

 

 

Dieser Eintrag wurde veröffentlicht am 18.08.2016.

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