Ich bin es leid, ständig die Dicke zu sein

Schicksal Bäuerin 1

Bei mir bestimmt das Gewicht praktisch schon mein Leben lang den Alltag. Als Teenie wurde ich gehänselt. So um die zwanzig hatte ich das Gewicht einigermassen im Griff, machte aber immer irgendeine Diät. Auf die Dauer war das auch nicht erfolgreich. Nun habe ich im Januar unser viertes Kind bekommen und bin nun fast 100 Kilo schwer.

Ich kann nicht mehr, ich schäme mich so. Zudem kommen auch körperliche Beschwerden dazu. Verzweifelt versuche ich meine Essgewohnheiten zu ändern. Ich stille noch voll und habe dementsprechend immer Hunger. Schnell wird dann zu Schoggi etc. gegriffen.

Wir haben einen Bauernhof, und ich muss natürlich immer kochen. Mein Mann mag es deftig und er braucht es auch. Wenn ich ausgewogen zu Mittag gegessen habe und eigentlich satt bin, brauche ich nachher immer noch etwas Süsses, sonst habe ich den ganzen Nachmittag Gluscht und ich kann an nichts Anderes denken. Da stimmt doch etwas mit dem Stoffwechsel nicht.

Haben Sie mir einen Tipp, wie ich das unterdrücken kann? Zum Znacht koche ich selten, wir essen Resten vom Mittag oder Joghurt, Müesli und Milch. Für den Abend habe ich mir mal den Shake bestellt und generell will ich es mit dem Schrittzähler probieren.

Vielleicht können Sie mir sagen, wie ich den Gluscht auf Süsses in den Griff bekomme. Ich weiss, dass ich aus Frust oder zum Trost Süsses esse, kann es aber nicht einfach so abstellen. Ich will es wirklich nachhaltig schaffen. Ich bin es so leid, ständig die Dicke zu sein. Und vor allem soll das Gewicht nicht mehr mein Leben dominieren.

Unsere Antwort

Liebe Leserin

Es ist gut, dass Sie sich den Frust und das Leid von der Seele reden. Und es ist gut, dass Sie keine Zuflucht mehr in einer der vielen dummen Diäten suchen, die alles nur noch schlimmer machen. Das haben Sie zur Genüge erlebt. Sie vermuten, dass etwas mit Ihrem Stoffwechsel nicht stimmt. Diese Erklärung greift zu kurz, auch wenn sie immer und immer wieder in Zusammenhang mit Übergewicht genannt wird.

Hinter Ihrem Gluscht nach Süssem steckt womöglich etwas ganz Anderes. Deshalb ist es auch nicht klug, ihn einfach zu unterdrücken. Früher oder später werden Sie ihm wieder erliegen.

Wir machen Ihnen einen Vorschlag: Lassen Sie uns zusammen herausfinden, was hinter diesem Gluscht steckt, anstatt ihn einfach „abzustellen“. Das kann nicht gut gehen. Sie schreiben ja selber, dass Sie „aus Frust oder zum Trost Süsses essen“.

Mit einem Bauernhof, vier Kindern und einem hungrigen Mann, der es gerne „deftig“ liebt, sind Sie sicher den ganzen Tag auf den Beinen und schaffen es wohl kaum, es allen Recht zu machen. Da bleiben Ihre eigenen Bedürfnisse rasch auf der Strecke. Sie trösten Ihre Kinder. Aber wer tröstet Sie und Ihre Verletzungen, die Sie seit Kindheit mit sich herumschleppen, als Sie gehänselt wurden? Sie umsorgen Ihren Mann. Aber wer umsorgt Sie? Wer sagt Ihnen, dass Sie sich nicht zu schämen brauchen? Wer hilft Ihnen, ja zu sagen zu sich selbst, so wie Sie sind?

Das sind die Themen, um die es jetzt geht. Die Ernährungsumstellung packen wir nachher an. Sie funktioniert erst, wenn Sie Ihren Gefühlen und Bedürfnissen nicht mehr über das Essen Ausdruck verleihen müssen, wenn Ihre Gefühlswelt und das Essen sozusagen entkoppelt sind. Dann wird sich auch die Lust auf Süsses von selber regulieren.

Den ersten Schritt haben Sie gemacht. Zu diesem Mut gratulieren wir Ihnen. Und mit jedem neuen Schritt wächst das Vertrauen in Sie selber.