Ich esse täglich drei bis vier Äpfel

Apfel 1

Wenn die Früchte an den Apfelbäumen in den goldenen Strahlen der Herbstsonne in bunten, kräftigen Farben schillern und ihren süssen, verführerischen Duft verströmen, beginnen für den Obstbauern die schönsten und zugleich hektischsten Wochen des Jahres – es ist Erntezeit. Seit 1863 produziert die Familie Winkelmann Obst in Studen BE und gründete 1997 die Winkelmann Obst AG. Da der Apfel nicht weit vom Stamm fällt, steht bereits die sechste Generation in den Startlöchern.

Winkelmanns produzieren Tafelobst, nebst den gängigen Lageräpfeln Gala, Braeburn und Golden Delicious setzen sie auch auf Clubsorten – weniger bekannte Neuzüchtungen. Geschäftsleiter Martin Winkelmann ist gelernter Obstbauer. Zusammen mit seinen zwei Brüdern bewirtschaftet er 22 Hektaren Apfel- und 5 Hektaren Birnenbäume. Die Geschwister teilen sich die Aufgaben. Martin ist für die Geschäftsführung, Produktion und Vermarktung zuständig. Auch seine Frau und die Eltern arbeiten aktiv im Betrieb mit. «Es ziehen alle am gleichen Strick, wir vertreten dieselben Werte und Visionen», sagt er. Ausserdem beschäftigt der Betrieb ganzjährig sechs Festangestellte und einen Lernenden, während der Ernte zusätzlich 30 Helfer.

Ein ausgesprochen gutes Erntejahr

Der Obstbetrieb deckt alles ab, von der Ernte über die Sortierung und Lagerung bis zur Auslieferung. Eine Besonderheit ist die hofeigene Sortieranlage, mit der die Äpfel nach Grösse, Farbe und kleinen Makeln in verschiedene Klassen eingeteilt werden. Mangelhaftes Obst wird schon bei der Ernte von Hand aussortiert und in Kleinmostereien zu Most verarbeitet, der im Herbst frisch ab Presse oder pasteurisiert während des ganzen Jahres im Hoflädeli direkt verkauft wird. Pro Woche werden bis zu 200 Tonnen Obst maschinell gewaschen und in kleineren Gebinden weiterverkauft. Der Hauptabnehmer ist mit über 50 Prozent die Migros.

Die diesjährige Ernte ist ausgesprochen gut, sowohl qualitativ als auch quantitativ. «Dazu trug bereits der schöne Frühling ohne Frost bei. Und weil wir die Bäume bis zum Schluss mit Grundwasser bewässern konnten, waren auch die hohen Temperaturen im August förderlich.» Nur die reifen Äpfel werden jeweils abgelesen. Deshalb vergehen bis zu drei Wochen, bis eine Sorte fertig gepflückt ist. «Der richtige Erntezeitpunkt ist wichtig. Nur so entfalten die Äpfel ihren vollen Geschmack.» Um die Ansprüche zu erfüllen, müssen Zucker- und Säuregehalt, Festigkeit, Farbe und Form stimmen.

Äpfel lassen sich lange lagern

Alle Qualitätsmerkmale können heute mit modernen Prüfverfahren gemessen werden. «Am besten funktioniert aber immer noch der gute altbewährte Geschmackstest.» Und am allerliebsten kostet Winkelmann seine Lieblingsäpfel, die Clubsorte SweeTango. Sie schmeckt wie ihr Name: süss und würzig zugleich und ist auf jeden Fall einen Bissen wert. Äpfel sind ihm nicht verleidet – er isst jeden Tag drei bis vier. Ausserdem backt und kocht er gerne. Sein Lieblingsrezept ist der klassische Apfelkuchen ohne Streusel. Und in das Pouletcurry gehört für ihn immer ein geschnetzelter Apfel, «für einen feinen Goût».

Die geernteten Äpfel werden in Kisten verpackt und innerhalb eines Tages in einem Kühlraum auf dem Hauptbetrieb in Studen deponiert. Es dauert ein paar Wochen, bis die Äpfel die Lagertemperatur von 1 bis 3 Grad erreicht haben. Der Raum wird luftdicht abgeschlossen und CO2 und O2 angepasst. In dieser kontrollierten Atmosphäre lagert die Winkelmann AG insgesamt 2100 Tonnen Früchte in drei Hallen. Nebst dem Obst aus eigenem Anbau handelt es sich zum grösseren Teil um jenes von elf weiteren Produzenten aus der Region. Dank dem extrem tiefen Sauerstoffgehalt, der hohen Luftfeuchtigkeit und den niedrigen Temperaturen bleiben die Äpfel bis weit ins nächste Jahr hinein knackig frisch.

Zu Hause lagere man Äpfel am besten in einer «Sagex»-Box auf dem Balkon oder im Naturkeller, rät Winkelmann. Vorteilhafter sei es jedoch, die Äpfel regelmässig einzukaufen und gleich zu verbrauchen. «Wir sind ja nicht umsonst da.»

Am besten ohne Chemie

Seinen Beruf als Obstfachmann empfindet er gleichermassen als Leidenschaft wie als Berufung. Er ist stolz auf die Werte des Schweizer Apfels: der regionale, ökologische Anbau, kurze Transportwege und die hohe Qualität der Frucht. Produktion und Vermarktung sind seine Passion. Seine Erfahrung und sein Wissen gibt er gerne weiter – an Produzenten und Konsumenten. Eines seiner Spezialgebiete ist der Pflanzenschutz, bei dem er auf eine Kombination von Verfahren der integrierten Produktion (IP) setzt. Vorrang haben bei ihm biologische sowie anbau- und kulturtechnische Massnahmen. Den Einsatz von chemischen Pflanzenschutzmitteln beschränkt er auf das notwendigste Mass. Einen Teil seiner Kulturen versucht er sogar herbizidfrei zu bewirtschaften.

Bei einem Spaziergang durch sein Apfelparadies beginnen seine Augen zu strahlen. Die rotbackigen Früchte leuchten aus dem kontrastreichen, satten Grün der Blätter, die Äste biegen sich unter der süssen Last. In diesem Jahr seien die Apfelbäume wirklich prächtig gewachsen. Seine Lieblingssorte will er gleich nochmals testen. Er sucht sich mit geschultem Auge einen Apfel aus und beisst erwartungsvoll zu: «Noch drei Wochen, dann ist er perfekt.»

Vitaminbomben und ­Cholesterinsenker

Durch ihren hohen Gehalt an Wasser sowie Nahrungsfasern sättigen Äpfel lange. Ausserdem sind in Äpfeln jede Menge sekundäre Pflanzenstoffe enthalten, die als Antioxidantien wirken und das Risiko für Herz- und Kreislauf-Erkrankungen senken. Es gibt Modellrechnungen, nach denen ein Apfel pro Tag denselben Effekt hat wie ein cholesterinsenkendes Medikament.

Äpfel sind auch Vitaminbomben. Die meisten Vitamine stecken direkt unter der Schale. Deshalb ja nicht schälen. Weiter enthalten Äpfel rund 30 Mineralstoffe und Spurenelemente.

Informationen und Rezepte

www.swissfruit.ch