Ich litt unglaublich wegen meiner neuen Brust

Brustimplantat Melanie Hoehener

Ich bin Melanie, 22 Jahre alt und lebe in der Schweiz. Ich hatte, wie viele Mütter nach der Schwangerschaft, den Wunsch nach strafferen Brüsten. Auf allen Bildern, die mir begegneten, waren nur perfekte Brüste zu sehen. Für den Arzt war von Anfang an klar, dass eine Straffung nicht ausreichen würde, sondern Implantate eingesetzt werden müssten. Eine andere Möglichkeit stellte er mir gar nicht erst vor und ich schenkte ihm Vertrauen. Im März 2021 liess ich mir Brustimplantate einsetzen.

Schmerzen und Haarausfall

Nach drei Monaten empfand ich plötzlich Schmerzen, verlor büschelweise Haare und kam am Morgen praktisch nicht mehr auf die Beine. Das alles war von heftigem Herzrasen begleitet. Ich war plötzlich wie ein anderer Mensch. Das Schlimmste für mich war, das so zu akzeptieren. Nichts konnte meine Symptome lindern, ich konnte plötzlich nicht einmal mehr richtig am Alltag teilnehmen.

Die Verzweiflung wurde immer grösser

Ich kontaktierte meinen Hausarzt, der mich untersuchte. Alle Befunde lauteten: „Sie sind gesund, wir finden nichts.“ Das ging über Monate so. Es wurde immer schlimmer, mir ging es schlechter und verzweifelt suchte ich nach Erklärungen. Ich googelte und stiess auf die Facebook-Gruppe „Krank durch Brustimplantate“. Dort fand ich tausende Geschichten, die meiner ähnelten. Ich erkannte all meine Symptome und verstand, dass die Frauen genau das beschrieben, was ich erlebte.

Endlich eine Diagnose

Ich habe mich eingelesen und durch die Gruppe eine Liste von Schweizer Ärzten gefunden, die eine bestimmte OP-Technik anwenden, um Implantate zu entfernen. Zuerst mussten aber alle anderen möglichen Ursachen, wie zum Beispiel Rheuma, ausgeschlossen werden. Danach war ziemlich klar, dass ich unter Breast Implant Illness, also der Brustimplantatkrankheit, litt.

Mehrstündige Operation

Nach langem Warten und Leiden konnte ich im Oktober 2022 meine Implantate mit einer totalen Kapsulektomie, entfernen lassen. Das heisst, dass sie mit der gesamten Kapsel, die mein Körper darum gebildet hatte, in einer aufwendigen Operation entfernt wurden. Diese Kapseln waren bei mir sehr fest mit meinen Rippen verwachsen. Die OP dauerte deshalb etwa vier Stunden.

Schnelle Genesung

Es lohnte sich. Meine Symptome verschwanden Tag für Tag. Nach bereits einer Woche war ich symptomfrei. Ich hatte Glück. Bei vielen Frauen dauert dieser Prozess sehr lange. Wenn der Körper zu sehr geschädigt ist, kann es sein, dass er nur noch teilweise oder gar nicht mehr genest. Ich finde keine Haarbüschel mehr in meiner Bürste, habe kein Herzrasen mehr, und ich habe wieder mehr Energie.

Grosser Dank an den Verein

Ich komme wieder langsam zurück in mein altes Ich. Ohne meine Recherchen wüsste ich vermutlich heute noch nicht, dass meine Brustimplantate mich krank gemacht haben. Die Aufklärung und der Austausch mit Betroffenen des Vereins waren wegweisend und ein grosses Glück für mich.

Infos über den Verein Krank durch Brustimplantate:

www.krank-durch-brustimplantate.com

 

Die Patientinnen haben einen langen Leidensweg

Brustimplantat Arzt
Prof. Dr. med. Jan Plock, Chefarzt für plastische Chirurgie am Kantonsspital Aarau.

Der plastische Chirurg Prof. Jan Plock vom Kantonsspital Aarau hat schon vielen betroffenen Frauen geholfen. Er sagt, dass die Entfernung der Implantate oft Linderung bringt.

Warum wird die Breast Implant Illness nicht von der WHO als Krankheit anerkannt?

Das ist weder eine Besonderheit noch ein Fehler, sondern spiegelt lediglich, dass es sich um eine seltene Erkrankung handelt, die wir in der Medizin bisher noch zu wenig kennen oder erklären können.

Was macht die Diagnose so schwierig?

Die Symptome sind relativ unspezifisch wie Müdigkeit, Kopfschmerzen, Haarausfall, Gedächtnisstörungen, Magen-Darmprobleme, Hautausschläge oder Gelenkschmerzen. Dazu kommt, dass bei Breast Implant Illness gerade die Brust selbst häufig gar keine Beschwerden macht. Es ist also für Fachärzte wie Dermatologen, Rheumatologen, Neurologen fast unmöglich, dieses Symptom-Puzzle richtig zusammenzusetzen. Erst wenn die Patientinnen beim erfahrenen, fachlich qualifizierten Plastischen Chirurgen landen, kann dieser die Symptome richtig deuten. Bis diese seltene Erkrankung weiter erforscht und in Fachkreisen bekannt ist, wird wohl noch etwas Zeit vergehen.

Ist die Entfernung der Implantate die beste Behandlung?

Ja. Sie sorgt laut Studien in einem hohen Prozentsatz bei den Betroffenen für eine Besserung der Symptome. Das lässt sich auch bei unseren Patientinnen am Kantonsspital Aarau bestätigen, wo wir in den letzten zweieinhalb Jahren etwa 30 bis 40 Patientinnen mit Verdacht auf Breast Implant Illness behandelt haben.

Kann man Breast Implant Illness verhindern?

Nach dem heutigen Kenntnisstand scheint es keine Prophylaxe zu geben. Vor diesem Hintergrund ist sicherlich die präoperative Aufklärung der Patientinnen wichtig, aber auch die Fortbildung der Ärzteschaft, damit die Diagnose nicht erst nach einem langen Leidensweg der Patientinnen, grosser Verunsicherung und Ärzte-Odysseen gestellt wird. Einen Beitrag liefern auch die Selbsthilfegruppen und öffentliche Beiträge, die das Thema bekannt machen.