Ich schaue dem Tod gelassen entgegen

Wie fühlt man sich mit 77?

Wunderbar, danke! Meine grosse Alterskrise hatte ich mit 29, weil ich dachte, mit 30 sei man definitiv uralt. Ich veranstaltete ein Fest, um mit meinen Freunden das vermeintliche Ende unserer Jugendlichkeit zu feiern. Wenig später merkte ich zum Glück, dass das Ganze ein Fehlschluss war. Seither habe ich nie mehr eine altersmässige Zäsur erlebt. Ich organisierte zu jedem runden Geburtstag ein grosses Fest, aus Dankbarkeit meinen Freunden und dem Leben gegenüber. Mit 70 wollte ich mir dann selbst ein Geschenk machen. Seit ich 20 bin, sammle ich nämlich moderne Kunst. Zum Geburtstag engagierte ich einen Kurator, der aus meinen mehreren hundert Werken eine tolle Ausstellung konzipierte. Es war ein einzigartiges Erlebnis. Ich machte für wildfremde Menschen geführte Rundgänge. Berührend, wie offen und neugierig die Besucherinnen und Besucher waren. Für mich bietet jeder Lebensabschnitt neue Chancen, seinem Leben einen Sinn zu geben.

Welchen Sinn?

Das Leben hat nicht a priori einen Sinn. Man muss ihm einen eigenen Sinn geben. Getragen hat mich dabei immer die Neugier. Ich wollte das perfektionieren, was mir aus Zufall «zufiel». Es war nicht mein Traum, Fernsehmoderator zu werden. Dass es dazu kam, war reiner Zufall.

Wie denn?

Eigentlich wollte ich Arzt werden, war aber zu faul, um das damals noch obligatorische Latein nachzuholen. So studierte ich Volkswirtschaft und landete nach dem Studium bei einem bekannten Basler Architekturbüro. Anschlies­send begleitete ich als Marketing-Verantwortlicher knapp fünf Jahre lang die Planung und den Bau der nationalen Garten- und Landschaftsausstellung Grün 80 in Basel. Dabei war ich in ständigem Kontakt mit Journalisten und Fernsehschaffenden. Beim Fernsehen offerierte man mir schliesslich eine Stelle bei der Sendung Karussell. Das hat meine Neugier geweckt und war der Anfang einer fast 40-jährigen Tätigkeit beim Schweizer Fernsehen. So hat sich mein Lebensprinzip bewährt –, dass nämlich das Dasein aus vielen Zufällen besteht. Es jedoch dann kein Zufall mehr ist, was man aus einem Zufall macht.

Was hat Sie am meisten bewegt in Ihrer langen Fernsehkarriere?

Die vielen Menschen, die mir einen Einblick in ihr Dasein, in ihr Denken gewährten. Zum Beispiel hatte ich vor Jahren eine wunderbare Begegnung mit dem Dalai Lama, einer eindrücklichen Persönlichkeit. Es war ein sehr berührendes Gespräch in seiner Residenz. Als ich ihn fragte, was ihm der Tod bedeute, meinte er, er mache nichts anderes, als sich schon ein Leben lang auf das eigene Ende hier vorzubereiten. Er wisse aber nicht, ob er das dann so leicht schaffe, wenn es wirklich so weit ist.

Haben Sie Mühe mit dem Älter­werden?

Nein. Es ist ein Privileg und ein grosses Geschenk, gesund älter zu werden. Die Lebenserfahrung sorgt für eine gewisse Gelassenheit. Gleichzeitig bin ich neugierig genug, mich stets neuen Aufgaben zu stellen. Dieser Elan beflügelt mich auch heute jeden Tag aufs Neue. Ich darf aber auch sagen: Es war toll, was ich in meinem Berufsleben bisher machen durfte. Und wenn Sie den Tod ansprechen: Ich schaue ihm gelassen entgegen. Ich habe mindestens rechtlich alles geregelt, was möglich ist. Ich möchte die Welt geordnet verlassen. Aber an ein Leben nach dem Tod glaube ich nicht. Der letzte Gang ist endgültig.

Es würde alle interessieren: Warum sehen Sie noch immer so frisch aus?

Oh, danke. Ich versuche gut zu leben, mich gesund zu ernähren, mich jeden Tag zu bewegen, das heisst sicher eine Stunde mit dem Hund zu laufen, mich geistig zu fordern und gute menschliche Beziehungen zu pflegen.

Das hilft aber nicht gegen Falten!

Nun, die Schwerkraft ist nicht überwindbar. Den Faltenwurf muss man einfach akzeptieren. Ich betrachte das als Zeichen der Reife.

Plagt Sie etwas oder sind Sie noch einigermassen «zwäg»?

Glücklicherweise plagen mich weder ein Diabetes noch Rheuma oder Herzprobleme. Dafür bin ich dankbar. Aber man darf nicht vergessen, dass nur 20 Prozent der Krankheitsrisiken genetisch bedingt sind. Den ganzen Rest beeinflusst man weitgehend durch die Lebensweise. Es kommt eben sehr da­rauf an, ob man sich verantwortungsvoll gegenüber sich selbst verhält oder ob man mit seiner Lebensweise seine Gesundheit gefährdet. Das gilt besonders für Herz-Kreislauf-Krankheiten. Aber auch das Risiko an Krebs oder Demenz zu erkranken, lässt sich durch die Lebensweise reduzieren. Studien belegen zum Beispiel, dass Einsamkeit einer der wichtigsten Risikofaktoren für eine Demenzerkrankung ist. Deshalb mache ich jeden Tag einen Effort, etwas zu erleben, an Moderationen oder Texten zu arbeiten, bewege mich, pflege aktiv Freundschaften. Was auch wichtig ist: Den Vitamin-D-Spiegel im Blut messen, genügend Eiweiss zu sich nehmen, mit regelmässigem Krafttraining die Muskeln erhalten, um Stürze zu vermeiden. Und nicht zu vergessen, sich keine überflüssigen Kilos anzuessen.

Sie engagieren sich für Impfungen im Alter, namentlich gegen Pneumokokken. Weshalb?

Weil diese Bakterien lebensgefährliche Lungenentzündungen verursachen können und man sie grausam unterschätzt.

Und was ist mit Gürtelrose?

Auch das ist eine Krankheit, die viel Leid verursacht, man denke nur an die schrecklichen Schmerzen, die viele Betroffene lebenslang haben.

Lassen Sie sich gegen Grippe ­impfen?

Jedes Jahr. Weshalb sollte es besser sein, zwei Wochen lang im Bett zu liegen, anstatt sich mit einem kurzen Piks dagegen zu schützen. Ich jedenfalls habe seit Jahren keine Grippe mehr gehabt.

Was denken Sie über Impfungen ­generell?

Ich verstehe nicht, weshalb man sich Impfungen grundsätzlich verweigern kann. Dass wir wenigstens in der westlichen Welt heute so gesund so alt werden, beruht auf dem grossen medizinischen Fortschritt und dabei zu einem wichtigen Teil auf Impfungen. Weshalb soll man sich damit nicht gegen gesundheitliche Risiken schützen? Man schliesst ja im Alltag auch Versicherungen ab.

Haben Sie keine Bedenken, ­Impfungen könnten Ihrem Immunsystem schaden?

Solche Diskussionen führt man nur in wohlstandsgesättigten Ländern. Ich bin seit Jahren für Unicef unterwegs und erlebe immer wieder, wie in Entwicklungsländern unzählige Kinder an banalen Infektionskrankheiten sterben. Dies weil es an den notwendigen Impfungen fehlt. Mir will es nicht in den Kopf, dass hierzulande an und für sich gescheite Eltern aus ideologischen Gründen ihren Kindern Impfungen verweigern.

Liessen Sie sich gegen Covid impfen?

Ja, selbstverständlich. Es geht dabei ja nicht nur um einen selber. Sondern auch darum, dass man andere nicht gefährdet.

Wir haben weltweit eine der tiefsten Impfraten. Haben Sie dazu eine Erklärung?

Es geht uns wahrscheinlich zu gut. Wir sind schlicht verwöhnt. Man denkt, es wird schon nichts passieren. Und wenn doch, haben wir gute Spitäler.

Sie sind Herausgeber der Zeitschrift «50plus» und investieren dafür sehr viel Zeit und Herzblut. Weshalb ist dieses Magazin für Sie so wichtig?

Ich finde es spannend, mit gutem Journalismus berührende und nützliche Inhalte aus der zweiten Lebensphase im klassischen Magazinformat zu vermitteln. Das gibt mir selber den Anstoss, nicht auf dem Bänkli vor dem Haus auszuruhen, sondern immer wieder neue Menschen und Thematiken kennenzulernen. Das ist die Rendite, die ich von meinem Heft habe. Ich arbeite aus Freude, nicht um Geld zu verdienen. Letztlich eben, um meinem Alltag einen Sinn zu verleihen.

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