Ich bin Maura, und ich möchte über meinen Ausstieg aus dem Leben mit Alkohol erzählen.
Ist das Leben schöner ohne Alkohol? Ja, es ist immens besser. Nur schon die Vorstellung, dass mein Körper nicht mehr gegen den Alkohol kämpfen muss, die Organe ihre Ruhe haben, lässt mich aufatmen. Denn die hatten einen Megakampf, um jeden Schluck abzubauen. Seit 16 Monaten bin ich nüchtern. Ich zelebriere das Erwachen ohne Hangover. Klarer Kopf, gute Laune, nichts tut weh. Um keinen Preis würde ich das wieder hergeben. Das neue Leben ohne dieses Leiden, diese Abhängigkeit ist schlicht unbezahlbar. Das Gefühl zieht sich durch den ganzen Tag. Schliesslich reiht sich Tag an Tag aneinander, und das ist schlussendlich mein Leben. Es ist in jeder Hinsicht besser.
Was Alkohol anrichtet, ist unerhört
Es gibt bestimmt Menschen, die bei einem Glas oder zwei bleiben können, ja eh! Das gibt’s. Wenn ich aber lese, was Alkohol, nur schon ein Glas, anrichtet, dann ist das einfach unerhört. Alkohol desinfiziert unsere Hände, ist ein Lösungsmittel, ist Nagellackentferner und Treibstoff. Alkohol ist Gift. Und das ist schlichtweg nicht gesund. Wenn ich all die Hintergründe nicht kennen und ein schönes Glas Rotwein trinken würde, fände ich das vielleicht auch mal nett. Wenn es bei diesem einen Glas bleiben würde, das wäre ja dann kein Ding. Ja, so ein Glas Wein kann dazu beitragen, dass man sich wohlfühlt, sich lockert, entspannt, gehen lässt.
Beim Gedanken an Alkohol kriege ich Hühnerhaut
Nur, bei den wenigsten bleibt es bei einem Glas. Jeden, der sagt, er sei Genusstrinker, frage ich: Trinkst du wirklich nie über den Durst, und magst du den Geschmack wirklich gerne? Nun aber, jedes Glas ist ein Glas zu viel. Ich werde kein Glas mehr trinken, weil ich weiss, dass ich a) das Mass nicht habe und b) es einfach nicht erstrebenswert ist, Gift zu schlürfen. Ich bin megastolz, dass ich es so viele Monate ohne Alkohol geschafft habe. Es schüttelt mich nur schon beim Gedanken, Alkohol trinken zu müssen. Ich kriege Hühnerhaut.
Der Tag danach war die Hölle
Kann es auch lustig sein ohne Alkohol? Ja klar. Kann man ohne Alkohol bis morgens um 5 Uhr Party machen? Mache ich schon gar nicht mehr. Ich bin um 21 Uhr schon total müde, gehe gerne ins Bett und lese, bis ich einschlafe. Ich erwache am Morgen meist früh und geniesse die Ruhe der schlafenden Stadt. Der ganze Biorhythmus hat sich gekehrt. Ich finde es schön, nicht mehr Party machen zu müssen. Ballermann, Gruppengegröle bis morgens um 5 Uhr ist vermutlich mit Alkohol megalässig. Das habe ich alles gemacht, weiss nur nicht mehr alles so haargenau, da der Alkohol halt schon sehr vernebelte. Ja, ich habe total abgefeiert, konnte mir nicht vorstellen, schon um 22 Uhr ins Bett zu gehen. Aber der Tag danach war die Hölle.
Ich stank nach Schweiss und billigem Parfum
Heute empfinde ich das anders. Ich finde es schade um den Tag danach. Total verkatert. Je älter, desto schlimmer. Ich war nach solchen Partys fix und fertig, man konnte mich zusammenfalten. Man fühlt sich so elend, dahinvegetierend, nur «gruusig». Man möchte ein bisschen sterben. Der Mix von Rauchen und Alkohol am Morgen danach ist unfassbar miefig. Ich ertrage die Vorstellung nicht mehr. Die Haare stinken nach Rauch, nach Menschen und deren Schweiss, billigem Parfum, nach altem Alkohol. Hoffentlich nicht nach Erbrochenem. Aber auch das kann vorkommen. Du schaust dich an und sagst: Nein, nie mehr! Dann siehst du dich nach wenigen Tagen wieder mit einem Glas in der Hand, du hast alles vergessen. Das ist komplett meschugge. Wenn man nach einem mehrmaligen Hangover sich sowas freiwillig antut, ist das komplett absurd. Ich habe mich jeweils so elend gefühlt, nichts mehr auf die Reihe gekriegt am andern Tag.
Alles in meinem Leben ist klarer und ruhiger geworden
Ein Bekannter hat mir geschildert, wie es war, als er ein Jahr lang keinen Alkohol trank. Sogar an der Luzerner Fasnacht trank er keinen Tropfen. Er fand die Fasnacht dann total bescheuert. Nüchtern merkt man, wieviel Peinliches und Absurdes man als erwachsener Mensch betrunken durchzieht. Nüchtern, so meinte er, halte man das gar nicht aus. Die Entscheidung war: Trinke ich, um an dem Event zu bleiben oder verzichte ich nüchtern auf das Fest mit den Freunden an der Fasnacht.
Mein Leben hat sich qualitativ extrem verbessert. Meine Entscheidungen, meine Haltung, meine Freundschaften, alles ist klarer, ruhiger geworden. Ich bin tiefenentspannt, kann mir selber vertrauen, muss nicht mehr kämpfen. Die Entscheidung, keinen Alkohol mehr zu trinken, hat mich meiner aufrechten Haltung sehr nahegebracht.
Sex im körpereigenen Rausch
Was ich nicht erwartet hätte ist, dass der nüchterne Sex ziemlich anders ist. Da hatte ich doch in meinem Leben oft mit Alkohol die Stimmung angefeuert, mich enthemmt, die Durchblutung angeregt. Das hat Fragen aufgeworfen. Die erwachsene Maura hat sehr viel Alkohol getrunken und alkoholisiert auch Sex gehabt. Das Gebiet habe ich neu erfahren dürfen. Ist der Sex besser ohne Alkohol? Oh ja, auf jeden Fall, denn ich erlebe ihn im körpereigenen Rausch, und ich kann mich anderntags sogar noch daran erinnern. Ich durfte mich neu kennenlernen. Das ist genau richtig so und unglaublich kostbar. Auch da durfte ich wachsen und kenne mich und meine Bedürfnisse um auch diese Erfahrung nochmals besser.
Zum Schluss: Ja, es ist alles viel besser ohne Alkohol! Es lohnt sich, vielleicht nur schon mal einen Monat darauf zu verzichten und zu beobachten, was mit dem Körper geschieht.
Auch mein Körper jauchzt grad zum Dank, dass er sich auf den ganz normalen Ablauf seiner Funktionen konzentrieren darf, ohne einen Feind dauernd bekämpfen zu müssen. Eine Win-win-Situation auf allen Ebenen.
Das sagt die Hypnosetherapeutin
Süchte sind wie Marionettenspieler, die gekonnt die Fäden ziehen und sich nicht selten als Freunde ausgeben. Und dann entsteht das innere Reissen, beispielsweise nach Substanzen wie Alkohol, Tabak, Zucker, nach Handlungen wie Sex, Sport, Spiel, Kontrollieren, Konsumieren oder nach Reaktionen Dritter wie Anerkennung und Bestätigung.
Hypnosetherapie bietet wirksame Möglichkeiten, Menschen in ihre Autonomie zurückzubegleiten. Das Gegenüber soll einen veränderten Blick auf das Objekt seiner Begierde erhalten und es kontinuierlich als unattraktiv und uninteressant erleben. Auch werden Automatismen unterbrochen zwischen einem Zustand und Suchtverhalten. Impulskontrolle und alternative Handlungsweisen werden in Hypnose trainiert. Und wo sich hinter der Sucht tieferliegende Baustellen verbergen, wird dem Gegenüber geholfen, ein solides Fundament zu giessen, Löcher im Mauerwerk zu füllen und einen Bau hochzuziehen, in dem es sich entspannt und zu Hause fühlt. Es wird unter die Lupe genommen, welche menschlichen Grundbedürfnisse als unerfüllt erlebt werden und was dagegen unternommen werden könnte. Ein Prozess, zu dem auch der eine oder andere Rückfall gehört.
Niemand kommt mit dem inneren Marionettenspieler auf die Welt. Der Mensch ist facettenreich, und der süchtige Anteil ist nur eine Facette unter anderen, die stark und gesund sind. Mittels Hypnosetherapie werden sie aus der Reserve gelockt.