Körniger Spuk im Auge

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Der Volksmund verleiht ihnen ausschliesslich weibliche Vornamen, und das ist kein Zufall: Vier von fünf Patienten sind Frauen. Wer ein Urseli oder Vreneli oder Grittli im Auge hat, beklagt die Entzündung einer Meibom-Drüse. Die Drüsen – rund 30 sind im Oberlid und 20 im Unterlid – geben normalerweise eine ölige Substanz ab, die zusammen mit der Tränenflüssigkeit das Auge feucht halten und schützen.

Warum entzünden sich die Meibrom-Drüsen? Dr. Dietmar Thumm: «Sie können verstopfen. Wenn diese Verstopfung sich nicht selbst auflöst, versuchen die Drüsen sich ganz natürlich durch eine Entzündung zu befreien. Von aussen betrachtet sieht das aus wie ein Gerstenkorn. Die Drüsen können aber auch von einem Bakterium – meist sind es Staphylokokken – befallen werden und sich deshalb entzünden.»

Und was ist der Grund für die Verstopfung? «Nicht selten ist es Schminke, die auf der Innenkante des Lids aufgetragen wird. An oberster Stelle steht die falsche Anwendung des Kajalstiftes. Zugluft ist ein weiterer möglicher Grund für die Entstehung eines Gerstenkornes. Die Erklärung ist einfach: Das Meibom-Drüsen-Sekret erreicht seinen Schmelzpunkt bei einer Temperatur von rund 35 Grad Celsius. Bei Zugluft sinkt die Temperatur unter diesen Wert. Das Sekret verdickt und führt zu einer Verstopfung. Bei Frauen passiert das öfter, weil sie eine dünnere Lidhaut haben und weniger Testosteron als Männer. Testosteron fördert die Talgproduktion in den Drüsen.» Trotzdem führt nicht jede Zugluft oder Temperaturschwankung zu einem Gerstenkorn. Dr. Thumm: «Genau. Das Auge kann sich mit der Zeit an die Umstände gewöhnen. Wer also immer Zugluft oder niedrigen Temperaturen ausgesetzt ist, wird weniger schnell betroffen sein als jemand, der nur selten im Wind steht oder sich selten in einem gekühlten Raum aufhält.»

Wie unterscheiden sich Gerstenkorn und Hagelkorn? Dr. Thumm: «Ein Gerstenkorn sieht aus wie ein Bibeli und ist schmerzhaft rot entzündet. Das Lid kann dabei erheblich anschwellen. Es ist in der Regel harmlos, platzt nach ein paar Tagen und heilt komplett ab. Wenn es nicht platzt, kann der Arzt nachhelfen. Aber Achtung: Niemals selbst an einem Gerstenkorn herumdrücken. Das kann lebensgefährlich sein. Bakterien können über die ableitenden Venen bis ins Gehirn gelangen und so zu grossen Schäden führen. Demgegenüber das Hagelkorn: Es bildet sich nicht selten aus einem nicht abgeheilten Gerstenkorn, ist quasi die nächste Stufe. Es hat häufig in etwa die Grösse einer Erbse, ist weder schmerzhaft noch entzündet und verschwindet nur sehr langsam oder auch gar nicht. Zur Entfernung muss dann der Augenarzt herangezogen werden. Die kleine Operation unter Lokalanästhesie dauert 10 bis 15 Minuten.»

Augenarzt Praxis, Dr. med. Dietmar Thumm, 6003 Luzern
www.augenarzt-lu.ch , Telefon +41 (0)41 226 30 10

Das können Sie selber tun

Dr. Dietmar Thumm sagt, was man zu Hause selber tun kann, wenn man ein Gersten- oder Hagelkorn eingefangen hat.

Gerstenkorn

  • Wärme tut dem Gerstenkorn gut. Das geschlossene Auge mit einer Infrarotlampe bestrahlen oder einen Wärmebeutel drauf halten. Mehrmals am Tag wiederholen. Das Auge feucht halten. Einen warmen Teebeutel – Schwarztee oder Ringelblumentee eignen sich bestens – 10 Minuten auf das geschlossene Auge auflegen.
  • Nach der Wärme- und Feuchtigkeitsbehandlung das Lid ganz sanft ausstreichen.
  • Niemals das Gerstenkorn gewaltsam ausdrücken, denn das kann lebensgefährlich sein.
  • Homöopathische Augentropfen (nicht Salben) können helfen. Bewährt hat sich eine Kombination der drei homöopathischen Substanzen Graphites, Conium und Sulfur. Ein Versuch lohnt sich.
  • Eventuell Omega-3-Fettsäuren als Nahrungsergänzung.

Hagelkorn

  • Wenn es nicht stört: sein lassen. Manchmal bildet es sich von alleine zurück, braucht aber Geduld.
  • Auch hier lohnt sich die Behandlung mit homöopathischen Augentropfen, welche die drei Substanzen Graphites, Conium und Sulfur enthalten. Besonders für anfällige Menschen geeignet, die immer wieder mit Augenproblemen zu kämpfen haben.
  • Wenn es stark stört: vom Arzt entfernen lassen. Das geht schnell, ist ungefährlich und nach 12 Stunden verheilt.

Vorbeugend sollten Frauen ihre Schminktechnik anpassen und auf die Lidrandhygiene achten. Augen immer warm waschen und dann sanft ausreiben.