Funktionieren Hirne von Menschen mit Migräne anders?
Ja, sie brauchen mehr Energie und haben weniger Reserven. Zudem ist ihr Gehirn besonders reizempfindlich. Das hat allerdings nicht nur Nachteile. Dadurch sind Migräniker und Migränikerinnen während der symptomfreien Zeit allenfalls aufmerksamer und besonders leistungsfähig.
Kann man Migräne heilen?
Bis jetzt nicht. Es gibt aber verschiedene Methoden, um die Attacken und deren Intensität zu reduzieren.
Welchen Einfluss hat die Ernährung?
Das ist sehr individuell. Es gibt mehrere Studien, in denen Nahrungsergänzungsmittel positive Effekte zeigen. So zum Beispiel Magnesium, Vitamin B2 oder Coenzym Q10.
Sollte man als betroffene Person einfach einmal ausprobieren, ob sie etwas bringen?
Schaden tut es wahrscheinlich nicht. Wichtig ist, dass man die richtige Dosis verwendet. Vom Coenzym Q10 bräuchte es zum Beispiel täglich 300 Milligramm.
Wie ist es mit anderen Nahrungsmitteln. Sollte man zum Beispiel kein Käse mehr essen?
Sie meinen, ob es bestimmte Trigger gibt?
Ja…
Da muss ich etwas ausholen. Die Migräne ist eine Störung, wo immer wieder Kopfschmerzepisoden auftreten. Wir wissen aus verschiedenen Studien, dass eine Attacke schon vor dem eigentlichen Schmerz beginnt. In dieser Vorboten-Phase sind Patienten oft gereizter, müder, haben mehr Lust auf Süsses und sind empfindlicher gegenüber Gerüchen oder Geschmäcker. Ein stinkender Geissenkäse zum Beispiel wird als extrem unangenehm wahrgenommen. Trotzdem muss er nicht unbedingt ein Trigger sein.
Es handelt sich quasi um eine Fehlinterpretation?
Genau. Die Lebensmittel sind oftmals nicht der Auslöser, sondern werden einfach als störend wahrgenommen. Eine Ausnahme gibt es.
Welche?
Alkohol. Das weiss man ganz sicher, dass er schon in kleinen Mengen eine Migräne begünstigt. Ansonsten ist es wichtig, genug Wasser zu trinken. Flüssigkeitsmangel kann Spannungskopfweh auslösen.
Menschen mit Migräne können weniger Energiereserven anlegen
Aber essen darf man einfach, was man möchte?
Nicht ganz. Da der Einfluss der Ernährung auf die Migräneattacken sehr individuell ist, empfehle ich Betroffenen ein Tagebuch zu führen. Es kann durchaus sein, dass einem ein bestimmtes Lebensmittel nicht guttut. Dann kann man versuchen, das einmal wegzulassen. Momentan laufen vielversprechende Studien über den Zusammenhang des Glukosespiegels und Migräne. Auch die ketogene Ernährung scheint bei einigen Patienten zu funktionieren
Stimmt es, dass Menschen mit Migräne snacken sollten?
Grundsätzlich gilt schon, dass Migränikerinnen regelmässig essen sollten, weil sie weniger Energiereserven anlegen können. Ich hatte aber kürzlich eine Patientin, die während des Ramadan-Fastens gar keine Attacken mehr hatte. Die Migräne ist eine sehr heterogene Erkrankung mit unterschiedlichsten Ausprägungen. Das macht allgemeine Empfehlungen so schwierig. Wichtig ist, dass man sich aktiv um seine Migräne kümmert und weiss, dass man mit ihr umgehen kann.