Mehr Abtreibungen wegen Verhütungs-Apps

Verhütung Bild AdobeStock Urheber STEKLO KRD Bild: AdobeStock, Urheber: STEKLO KRD

Jede zehnte Schwangerschaft wird in der Schweiz abgebrochen. Eine Zahl, die zu denken gibt. Ist der Trend, dass immer mehr Frauen natürlich verhüten wollen, der Grund oder die coolen Zyklus-Apps, die vor allem bei jungen Frauen boomen? Prof. Dr. Ossi Köchli, Frauenarzt in Zürich, zur Problematik der Apps: «Oft ziehen solche Apps Rückschlüsse  auf den letzten Zyklus anstatt auf den aktuellen Monat. Medizinisch und wissenschaftlich ist das nicht zulässig.» Laut Köchli ermöglichen nur Anwendungen, die auf der symptothermalen Methode basieren, eine zuverlässige Verhütung. Dabei werden Daten aus dem aktuellen Zyklus verwendet wie Körpertemperatur, Konsistenz der Gebärmutterschleimhaut und Muttermundweite.

Basaltemperatur messen

Bei der symptothermalen Methode misst die Frau jeden Morgen noch im Bett ihre Körpertemperatur. Kurz vor dem Eisprung steigt diese leicht an. Zusätzlich beobachtet sie den Schleim in der Scheide. Um den Eisprung herum ist er dünnflüssig und klar. Später wird er zäher und hindert Spermien daran, in den Gebärmutterhals zu gelangen. Diese Art der Verhütung muss intensiv eingeübt werden, ist aber in etwa genauso zuverlässig wie die Antibabypille, nur ohne Nebenwirkungen und dazu noch gratis.

Mangelhafte Apps

Die Verhütungs-Apps gaukeln eine Sicherheit vor, die sie nicht halten können. Da die meisten Zyklusrechner den Eisprung und das Einsetzen der Periode mathematisch berechnen, ist Vorsicht geboten. Der Zyklus einer Frau kann von Monat zu Monat unterschiedlich ausfallen. Intensiver Sport, Stress und Schlafmangel können den Zyklus um bis zu zehn Tage verkürzen oder verlängern. Laut einer Untersuchung der Stiftung Warentest in Deutschland von vergangenem Jahr waren von 23 Zyklus-Apps nur zwei «gut». Die meisten bekamen die Note «mangelhaft».

Für Prof. Ossi Köchli braucht es statt einer App sehr viel Erfahrung und Wissen, um natürlich verhüten zu können. Bevor eine Frau genug Routine hat, sollten sich die Partner mit anderen hormonfreien Methoden wie etwa Kondom oder Diaphragma schützen.

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Prof. Dr. med. Ossi R. Köchli, Facharzt für Gynäkologie und Geburtshilfe, Ärztliche Leitung BrustCentrum Zürich-Bethanien