Prof. Ulrich Roelcke vom Kantonsspital Aarau erklärt, was es mit der Impfung gegen Hirntumore auf sich hat.
Hoffnung bei der Bekämpfung von Hirntumoren. Im Zentrum der Forschung steht das so genannte Glioblastom, eine sehr aggressive Form eines solchen Tumors. Erste Studienresultate lassen darauf schliessen, dass diese Krankheit mittels Impfung behandelt werden könnte. Prof. Ulrich Roelcke gehört zur Forschungsgruppe. Wann können wir uns gegen Hirntumor impfen lassen? Prof. Roelcke: „Es muss zunächst betont werden, dass es sich bei dieser Impfung nicht um eine Vorbeugung gegen das Entstehen eines Hirntumors handelt, wie zum Beispiel bei einer Grippe-Impfung, sondern um eine Massnahme, die unser Immunsystem bei der Bekämpfung eines bereits vorhandenen Hirntumors unterstützen soll. Für das Glioblastom gibt es bisher nur einen Impfstoff, der in einer Studie mit wenig Patienten untersucht wurde. Grosse Studien müssen zunächst noch die Wirksamkeit einer Impfung beweisen, bevor die Zulassung als Impfstoff angestrebt werden kann. Grundlage jeder Impfung ist das Vorhandensein von Eiweisskörpern, die unser Körper als fremd erkennt und deshalb mit Hilfe unseres Immunsystems zu bekämpfen versucht. Beim Glioblastom sind es Proteine, die an der Oberfläche von Tumorzellen sitzen und möglicherweise an deren Vermehrung beteiligt sind. Diese Proteine werden als Impfstoff aufbereitet. Nach der Injektion beginnt unser Körper mit einer Immunreaktion, die zur Bildung von Antikörpern führt. Die Antikörper sollen die Proteine an den Tumorzellen blockieren und deren Wachstum hemmen. Tumorzellen sind jedoch sehr ‚intelligent’: Eine erfolgreiche Impfung bedeutet nicht, dass die Tumorkrankheit vollständig geheilt würde. Es ist leider zu erwarten, dass Tumorzellen Ausweichmechanismen aktivieren, die früher oder später ein Weiterwachsen des Glioblastoms ermöglichen.“
Wer könnte von dieser neuen Therapie profitieren? Prof. Roelcke: „Die genannten Rezeptoren sind nur bei zirka einem Drittel aller Patienten vorhanden. Dies bedeutet, dass nicht jeder Patient mit einem Glioblastom für eine solche Impfung geeignet ist. Für die Situation eines Tumorrückfalls (Rezidiv) gibt es noch keine Daten. Dies schränkt die Bedeutung der EGF-Rezeptor-Impfung derzeit bezüglich einer breiteren Anwendung etwas ein.“ Wann kann frühestens mit einer solchen Impfung gerechnet werden? „Dies hängt davon ab, ob die bisherigen positiven Resultate bestätigt werden können. An der aktuell geplanten internationalen Studie, die die Wirkung der Impfung überprüft, nimmt auch das Kantonsspital Aarau teil. Wir hoffen, dass die Studienresultate auch die Suche nach weiteren Impfstoffen vorantreibt.“