Was sind die Ursachen für die Zunahme von Neurodermitis bei Kindern?
Das vermehrte Auftreten ist wahrscheinlich auf eine Kombination aus genetischen, Umwelt- und Lebensstilfaktoren zurückzuführen. Zudem könnten verbesserte Hygienepraktiken und eine geringere mikrobielle Exposition in der frühen Kindheit die Entwicklung des Immunsystems beeinflussen. Weiter nimmt man an, dass die Urbanisierung, die westliche Ernährung, Kleinfamilien, hohes Bildungsniveau, erhöhter Stress in der Gesellschaft, geringere Aktivitäten im Freien, trockenes Klima und eine häufige Antibiotika-Exposition während der Schwangerschaft und im ersten Lebensjahr mögliche Faktoren sind. Darüber hinaus hat die Belastung durch Umweltschadstoffe und Allergene zugenommen, die möglicherweise Ekzem-Symptome auslösen oder verschlimmern können.
Wie gross ist die Rolle der Genetik?
Das atopische Ekzem ist eine komplexe multifaktorielle Erkrankung, die sowohl von genetischen als auch von umweltbedingten Faktoren und dem Mikrobiom beeinflusst wird. Die genetische Komponente ist in der Tat entscheidend. Kinder, deren Eltern oder Geschwister ein atopisches Ekzem, ein allergisches Asthma, eine allergische Rhinokonjunktivitis oder Lebensmittelallergien aufweisen, haben ein erhöhtes Risiko, die Krankheit zu entwickeln. Mehrere Gene sind an der Entstehung des atopischen Ekzems beteiligt, darunter solche, die für die Hautbarrierefunktion, die Immunregulation und für Entzündungen entscheidend sind. Durch die defekte Hautbarriere können Allergene, Reizstoffe und Mikroben leichter eindringen. Dies löst eine natürliche Immunabwehr aus. Sekundär wird dadurch auch die Produktion von Immunglobulin, das unter anderem für den Juckreiz verantwortlich ist, erhöht. Die darauffolgende Entzündung und das Kratzen führen zu weiteren Schäden. Wichtige Elemente sind auch verminderte Feuchtigkeit in der Hornschicht, vermehrter Wasserverlust, die Erhöhung des pH-Wertes der Haut und die Störung der normalen Bakterienpopulation.
Welchen Einfluss haben Trigger-Faktoren?
Sie sind Auslöser, welche die Häufigkeit und Schwere von Krankheitsschüben massgeblich beeinflussen können. Sie sind jedoch nicht der Ursprung der Krankheit. Das Erkennen und wenn immer möglich das Vermeiden von Trigger-Faktoren ist ein wesentlicher Bestandteil der Behandlung. Allerdings sind diese Faktoren von Person zu Person und im Laufe des Lebens unterschiedlich. Da oft mehrere Faktoren gleichzeitig eine Rolle spielen, kann es sich als schwierig erweisen, diese klar zu identifizieren. Häufige Trigger sind trockenes oder kaltes Wetter, niedrige Luftfeuchtigkeit und übermässige Hitze. Zu möglichen Auslösern gehört auch der Kontakt mit Allergenen wie Hausstaubmilben, Tierhaaren, Pollen, Schimmel und bestimmte Nahrungsmittel, die Schübe auslösen können. Zudem reagiert die atopische Haut oft empfindlich auf raue Textilien, Wolle und Reizstoffe, die in Seifen, Hautpflegeprodukten, Reinigungsmitteln, Weichspülern und Parfums enthalten sein können. Ekzem-Patienten sind ausserdem anfälliger für Bakterien-, Virus- und Pilzinfektionen, die wiederum das atopische Ekzem verschlimmern können. Weiter können emotionaler Stress, Angst und andere psychologische Faktoren durch komplexe Interaktionen mit dem Immunsystem und dem Nervensystem Schübe auslösen oder verschlimmern.
Wie ist die Prognose bei Kindern? Schleicht sich die Neurodermitis bis zu einem gewissen Alter aus?
Die kann stark variieren und hängt von verschiedenen Faktoren wie dem Schweregrad der Erkrankung, von der Wirksamkeit der Behandlung, der individuell genetischen und familiären Prädisposition sowie den möglichen Trigger-Faktoren ab. Die ersten Symptome treten in 45 Prozent der Fälle in den ersten sechs Monaten auf. Ein frühes Auftreten scheint das Risiko eines anhaltenden oder chronischen Verlaufes zu erhöhen. Kinder mit einem leichten atopischen Ekzem haben tendenziell eine bessere Prognose. Ein schweres atopisches Ekzem kann mit häufigeren Krankheitsschüben, einem erhöhten Risiko für Komplikationen wie Hautinfektionen und einer grösseren Beeinträchtigung der Lebensqualität einhergehen. Obwohl das atopische Ekzem eine chronische und wiederkehrende Erkrankung ist, kommt es bei vielen Kindern im Laufe der Zeit und bei angemessener Behandlung zu einer Besserung der Symptome. Die Hautläsionen können gar über mehrere Jahre verschwinden, um dann zu einem späten Zeitpunkt erneut aufzutreten. Bei einigen Personen bleibt das Ekzem jedoch mit Schwankungen bis ins Erwachsenenalter bestehen. Eine konsequente Behandlung, einschliesslich der Hautpflegeroutine, der Verwendung topischer oder systemischer Medikamente und der Vermeidung von Trigger-Faktoren ist essenziell. Sie vermag die Häufigkeit und Schwere von Schüben zu reduzieren und damit das Risiko von sekundären Komplikationen wie Hautinfektionen, die Entwicklung von Allergien und möglichen psychologischen Folgen zu verringern.
Bringen Biologika auch für Kinder den Durchbruch in der Therapie?
Biologika haben sich als Durchbruch in der Therapie des atopischen Ekzems erwiesen, insbesondere bei Patienten mit mittelschweren bis schweren Formen, die nicht gut auf herkömmliche Therapien ansprechen. Die Lebensqualität dieser Patienten wird durch einen anhaltenden quälenden Juckreiz, einer ausgeprägten Hautentzündung und einer zeitintensiven Therapie massiv beeinträchtigt. Klinische Studien haben gezeigt, dass spezifische Biologika die Symptome signifikant reduzieren und in den meisten Fällen diese jahrelange Leidensgeschichte zu beenden vermögen. Die Wirkung dieser Medikamente tritt schnell ein und der Juckreiz geht meistens bereits ab der Initialdosis zurück. Zudem rufen diese Biologika selten Nebenwirkungen hervor. Das Sicherheitsprofil ist gut, Laborkontrollen sind nicht notwendig.
