Nur gute Gedanken

Wie Gebete heilen können, warum der Friede aus jedem selber erwächst, wo geschenkte Freude wieder zurückkommt und was an der Hoffnung göttlich ist. Die Ordensschwestern Zita und Nadja vom Kloster Baldegg LU laden zum Nachdenken ein.

Klosterfrauen Kerze 19

Gebete haben die Kraft zu heilen

Sie kommen wegen einer beruflichen Sorge, sie bitten um Unterstützung bei einer Operation. Viele Wünsche erreichen die Schwestern im Kloster Baldegg LU per E-Mail. «Wir nehmen alle Anliegen auf, drucken die Wünsche auf Papier aus und hängen sie an eine ganz besondere Wand in unserem Kloster», sagt Schwester Nadja. «An dieser Wand gehen alle unsere Mitschwestern regelmässig vorbei, lesen mal den einen, mal den anderen Wunsch und nehmen ihn in ihre Gebete und Fürbitten auf. Wünsche von Menschen für sich selber, Wünsche aber auch für andere Menschen. Nicht nur in der Vorweihnachtszeit, doch dann besonders zahlreich.» Wie jene Frau, die wegen der Arbeitslosigkeit ihres Mannes um himmlische Hilfe bittet. Oder der junge Mann, der sich Sorgen macht, dass seine Grossmutter nach dem Verlust ihres Partners die Festtage nicht gut überstehen wird.

Etliche Gebetsanfragen betreffen die Heilung von Krankheiten und das Meistern schwieriger Lebensumstände. Auch materielle Begehrlichkeiten gibt es. Schwester Nadja: «Wir Schwestern nehmen die Bitten, die an uns herangetragen werden, sehr gerne auf und geben sie in einer bestimmten Form weiter. Wir sagen nicht: Gott, schenke dieser Person einen neuen Fotoapparat. Wir sagen: ‹Gott, du weisst, was sie nötig hat.› Auch bei Krankheiten. Wir sagen nicht: ‹Bitte zaubere den Herzfehler weg.› Wir sagen: ‹Herrgott, bitte schenk diesem Menschen so viel Kraft, dass er die Krankheit überwinden und die Operation gut überstehen kann.› Wir fordern nicht, wir bitten darum.»

Generaloberin Schwester Zita: «Und wir ermutigen die Menschen, auch selber zu beten. Das Gebet hat dann in doppelter Hinsicht eine heilende Wirkung. Es entlastet den Betenden, indem er sich jemandem anvertraut und seine Sorgen teilt, und es schenkt dem Adressaten gute Gedankenenergie. Schenken hat in der Adventszeit ohnehin eine grosse Bedeutung. Am Heiligabend erhalten wir in der Krippe mit Jesus Christus das Geschenk Gottes. Und nach diesem Vorbild sollen wir Menschen uns auch beschenken. Geschenke müssen nicht teuer sein. Geschenke können Zeit sein und Geschenke können ein Gebet sein.»

Schwester Nadja: «Im Gebet kann man vertrauensvoll etwas deponieren. Einen Dank, aber auch Wut oder Unzufriedenheit. Man kann bewusst an jemanden denken. Man kann dafür danken, dass es diesen Menschen gibt. Das ist eine wunderbare Wertschätzung, die man stellvertretend über Gott und das Gebet machen kann.»

Die Adventszeit ist dafür eine gute Zeit. Die Ordensschwestern Zita und Nadja sind sich einig: «Es ist eine Zeit, die einem bewusst macht, dass nichts selbstverständlich ist. Dann, wenn man sich besinnt und zu sich kommt, sich Zeit nimmt und Stille zulässt – in Demut vor der Schöpfung. Demut ist keine erniedrigende Haltung, sondern eine besondere Art der Dankbarkeit.»

Frieden muss jeder selbst stiften

«Die Engel verkünden den Frieden auf Erden, doch es wird je länger desto schlimmer.» Schwester Zita guckt nachdenklich. Was läuft da falsch? «Ich habe einmal ein Volkstheaterstück gesehen, in dem ein Mann Zeitung las. Seine Frau fragte, was geschrieben steht und meinte ohne die Antwort abzuwarten: ‹Wahrscheinlich ist wieder überall Krieg und Unfrieden.› Worauf der Mann sagte: ‹Wie soll es im Grossen funktionieren, wenn es schon im Kleinen nicht klappt?› Dieser Satz ist mir geblieben, und in diesem Satz steckt so viel Wahrheit. Er bedeutet nichts anderes, als dass jeder für sich selbst Frieden schaffen muss.» Auch Schwester Nadja ist überzeugt, dass der Frieden nicht einfach vom Himmel fällt: «Man darf wohl im Gebet darum bitten, dass es einem gelingt, Frieden zu stiften. Aber man kann diese Aufgabe nicht an jemand anderen delegieren. Selbst der Weltfrieden beginnt am kleinstmöglichen Ort, nämlich bei jedem Einzelnen selbst.»

Hat Frieden mit Zufriedenheit zu tun? Schwester Zita: «Oh ja. Wer mit sich und der Welt zufrieden ist, strahlt innere Ruhe und Gelassenheit aus. Unzufriedenen Leuten fehlt es oft an innerem Frieden. Würden sie sich mit ihrer eigenen Situation versöhnen, entstünde weniger schnell Streit. Vielleicht ärgern sie sich nur darum über andere, weil sie mit sich selber nicht im Reinen sind. Wer hingegen Frieden mit sich geschlossen hat, kann sogar Gräben überwinden, die er gar nicht aufgetan hat. Er kann Streit verhindern, kann andere beruhigen und auch dann die Wogen glätten, wenn es um Unrecht geht, das ihm von anderen angetan wird. Frieden hat aus dieser Sicht sehr viel mit Verzeihen zu tun. Wer verzeihen kann, macht einen wichtigen Schritt zur Versöhnung. Und wer sich mit seinem Gegenüber versöhnt, stiftet Frieden.»

Friede auf Erden wird in so manchem Weihnachtslied besungen, und manchmal nützt es sogar. Schwester Nadja: «Wer den inneren Frieden hat, ist ein freier Mensch. Inneren Frieden findet man über Dankbarkeit. Menschen, die dankbar sind für das, was ist, entwickeln Harmonie und Zufriedenheit. Dann, wenn sie unnötigen Ballast abgeworfen haben und sich auf die wahren Werte fokussieren. Das braucht Ruhe und Besinnung. Nach und nach kommen sie ihrem Ziel näher. Nicht von einer Sekunde zur nächsten. Es ist ein langsames Werden.»

Wofür soll man denn dankbar sein? Schwester Zita: «Man darf dankbar sein für seine Talente, seine Fähigkeiten und seine Schönheit. Dankbar für das, was man ist. Man darf zufrieden sein mit seiner Herkunft, seiner Bildung und seiner Situation. Auch, wenn nicht alles so perfekt läuft, wie man es sich vorgestellt hat. Selbst ein kranker Mensch kann dankbar und zufrieden sein, denn Zufriedenheit hat mit Selbsterkenntnis zu tun. Niemand muss sich mit anderen vergleichen und liebäugeln mit dem, was er nicht hat. Jeder hat sein eigenes Leben – und nur dieses muss er verantworten. Wenn jeder bei sich anfängt, ist der Frieden nicht verloren.»

Freude, die wir schenken, kehrt ins ­eigene Herz zurück

«Freude hat mit Licht zu tun. Licht bringt Erhellung, Erleuchtung, Erkenntnisgewinn. Ein natürliches Licht, eine Kerze, ein Feuer. Das trifft die Seele und das schenkt Freude», sagt Ordensschwester Zita. Die Generaloberin des Klosters Baldegg meint nicht jene Freude, die wir erleben, wenn wir in der Schule eine gute Note schreiben, beim Fussball ein Tor schiessen oder uns über einen Witz amüsieren. Sie spricht von Freude, die tief im Innern entsteht. Jener Freude, die dem Gefühl der Liebe gleichkommt. Die nicht nur vorübergehend ist, sondern lange anhält. Freude, die Frieden stiftet. Schwester Nadja: «Diese Art der Freude hat etwas Befreiendes. Wie bei der Geburt Jesu, zu dessen Ehren wir Weihnachten feiern – das Fest der Liebe und des Friedens.»

Für die Ordensschwestern ist klar: Liebe und Freude sind unzertrennlich miteinander verbunden. Jeder Mensch hat die Wahl, ob er Freude schenken möchte oder nicht, denn jeder Mensch ist durch die Schöpfung mit dem freien Willen ausgestattet. Der freie Wille ist eine grossartige Sache. Dank ihm können wir denken, was wir wollen, können machen, was wir wollen. Können durch unser Handeln dafür sorgen, dass Gedanken Gestalt annehmen. Gedanken, die von Gefühlen geleitet das Bindeglied zwischen Geist und Materie sind.

Aber was fangen wir mit dem Gefühl der Freude an? Schwester Zita: «Freude können wir miteinander leben. Wir können gemeinsam mit anderen etwas teilen und so die Einsamkeit überwinden. Freude, die wir schenken, kehrt ins eigene Herz zurück. Was gibt es Schöneres?» Schwester Nadja: «Der Volksmund sagt nicht umsonst: Geteilte Freude ist doppelte Freude. Wer etwas schenkt, erfreut nicht nur den andern, sondern auch sich selber. Man hat Freude, dass man jemandem eine Freude machen konnte. Es müssen wahrhaftig keine materiellen Dinge sein. Warum sich nicht einfach für jemanden, den man gern hat, Zeit nehmen und ihm Aufmerksamkeit schenken? Ihm zeigen und ihm sagen, dass er einem wichtig ist? Der Advent ist der ideale Moment für solche Gedanken. Nutzen wir sie, um in die Stille zu gehen und das Bewusstsein für mehr Freude und mehr Liebe zu schärfen.»

So viel Kraft liegt in der Hoffnung

Sie zählt neben Glaube und Liebe zu den drei christlichen Tugenden. Sie ist das Gegenteil von Verzweiflung, Resignation und Depression. Hoffnung hat zwar immer auch mit Ungewissheit zu tun, doch sie ist von einer positiven Geisteshaltung geprägt. Generaloberin Schwester Zita: «Ich kann hoffen und wünschen. Hoffen, dass ich auch in Zukunft gesund bleibe oder hoffen, dass ich wieder gesund werde. Das Ergebnis manch einer medizinischen Behandlung ist ungewiss. Eine Chemotherapie zum Beispiel ist ein hartes Stück Arbeit. Wirkt das Medikament? Ist die Krankheit stärker? Genau in solch einer Phase kann Hoffnung helfen. Hoffnung ist eine ganz besondere Art von göttlicher Kraft und Energie, die einen durch schwere Zeiten trägt.»

Viele guten Wünsche haben mit der Gesundheit zu tun. Noch heute kennt man den Ausdruck «Guter Hoffnung sein», wenn eine Frau schwanger ist. «Hoffen» im modernen Sprachgebrauch leitet sich vom mittelniederdeutschen «hopen» – vor Freude hüpfen – ab. Es beinhaltet Zuversicht. Man hofft aber nicht nur auf Gesundheit. Auch der ersehnte Geldsegen oder die Erfüllung eines materiellen Wunsches wird von Hoffnung getragen. Selbst wenn die Wahrscheinlichkeit eines möglichen Ereignisses klein ist, stirbt die Hoffnung zuletzt. Zum Glück! Schwester Zita: «Hoffnung beruhigt. Sie wird zum Kraftspender in allen Lebenslagen. Wer um diese Eigenschaft weiss, wird trotz unüberwindbar scheinender Hürden niemals die Hoffnung verlieren.»

«Hoffnung kann auch mit Warten zu tun haben», gibt Ordensschwester Nadja zu bedenken. «Wenn einem sehr viel Geduld abverlangt wird und man sich selber Mut zusprechen muss.» Die Ordensschwester schmunzelt: «Der Herrgott hat einen Haufen Geduld, seine Nerven möchte ich manchmal haben.»

Mit einer hoffnungsvollen Einstellung besteht man im Leben und überwindet schwierige Lebensphasen besonders gut. Generaloberin Zita: «Wer sagt ‹Ich schaffe das›, kreiert eine positive Grundhaltung, die von Vertrauen in die eigene Schaffenskraft geprägt ist. Wer sich selber etwas zutraut, kann Grosses erreichen. Wenn man es gemeinsam tut und sich gegenseitig Hoffnung macht, ist die Kraft dahinter noch viel grös­ser.

Schwester Nadja und ich wünschen Ihnen allen viel Hoffnung im neuen Jahr.»

Im Gespräch mit Gott

 

Generaloberin Schwester Zita (links) und Schwester Nadja sind Teil der Ordensgemeinschaft der Baldegger Schwestern. Gebete begleiten sie auf all ihren Wegen. «Ob in der Kapelle, beim Warten am Bahnhof oder beim Arbeiten, im Pflegebett, auf dem Spaziergang, in der Morgenfrühe und in der dunklen Nacht: Überall sind wir eingeladen, im Gespräch mit Gott zu bleiben.»

www.klosterbaldegg.ch

 

Dieser Eintrag wurde veröffentlicht am 20.12.2018.

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