Risiko Knieprothese

Arthrose Knie eyepin

Bei keinem anderen Gelenk wie dem Knie zeigt sich, wie stark die Ansprüche an grösstmögliche Beweglichkeit und Leistungsfähigkeit bis ins hohe Alter steigen und wie die moderne Medizin die ständig wachsende Nachfrage stillt, jedoch längst nicht immer zum Wohl der Patienten. In den letzten Jahren hat sich die Zahl der implantierten Knie-Totalprothesen in unserem Land mehr als verdoppelt. 2001 wurden in der Schweiz 6804 Totalendoprothesen des Kniegelenks eingesetzt. 2010 waren es schon 15 565. Besonders stark zugenommen hat dieser Eingriff in der Kategorie der 40- bis 60-Jährigen. Auch bei über 80-Jährigen wurden überproportional viele künstliche Kniegelenke implantiert.

Lohnt sich dieser Eingriff? Ist er in jedem Fall nötig? Wie gross sind die Risiken? Oder könnte dasselbe Resultat auch ohne Operation, das heisst mit einer konservativen Therapie, erreicht werden? Eine Studie von dänischen Forschern fördert Interessantes zu Tage, das jeder Betroffene vor einem geplanten Eingriff in seine Überlegungen einbeziehen sollte.

Konservative oder operative Therapie?

Bei 100 Patienten, alle mit einer radiologisch nachgewiesenen Kniearthrose, wurde untersucht, welche Therapie die besten Resultate zeigt: eine rein konservative oder eine konservative plus operative. Das konservative Paket war für alle Teilnehmer gleich. Zweimal pro Woche körperliches Training, Gewichtsreduktion, Schuheinlagen sowie Schmerzmittel. Die operative Therapie bestand in der Implantation einer Knie-Totalprothese. Das Resultat: Die operierten Patienten schnitten bezüglich Schmerzen, Alltagsaktivitäten und Lebensqualität klar besser ab. Deutlich im Vorteil war die OP-Gruppe auch hinsichtlich Teilnahme an Freizeit- und Sportaktivitäten wie zum Beispiel bei der benötigten Zeit zum Aufstehen aus dem Sitzen oder beim 20-Meter-Gehtest.

Und jetzt das Aber: Die Operierten hatten ein deutlich erhöhtes Risiko für Komplikationen. Insgesamt kam es bei den operierten Patienten häufiger zu unerwünschten Ereignissen im operierten Knie als in der konservativ behandelten Gruppe.

Beide Methoden führen zu einer Verbesserung

Die Autoren betonen, die höhere Rate an Komplikationen sei ein entscheidender Nachteil des Kniegelenkersatzes. Die Studie habe gezeigt, dass beide Strategien, die operative wie auch die rein konservative Behandlung, zumindest kurzfristig, zu relevanten Verbesserungen führen würden. Die konservativen Therapiemassnahmen sind oft keine dauerhafte Lösung. In der genannten Studie erhielt mehr als ein Viertel der konservativ behandelten Patienten innerhalb von zwölf Monaten doch noch eine Knie-Totalprothese.

Pro und Kontra sorgfältig abwägen

Es sei wichtig, Pro und Kontra des Eingriffs sorgfältig abzuwägen. Weiter seien die Patienten unbedingt in die Entscheidung miteinzubeziehen, damit ihre Erwartungen nicht enttäuscht werden. In der Tat sind heute viele mit einer Knie-Totalprothese versorgte Patienten enttäuscht. Die hohen Erwartungen lassen sich nur zum Teil oder oft gar nicht erfüllen. Nebst Schmerzfreiheit versprechen sich immer mehr ältere Menschen eine Rückkehr in vergangene Zeiten, als sie noch mehrtätige Wanderungen unternehmen oder Tennis spielen und joggen konnten.

Die Realität sieht oft anders aus. Es ist schon viel erreicht, wenn der Patient dank seinem künstlichen Gelenk möglichst lange alleine den normalen Alltag bewältigen kann. Realistisch ist, ein Jahr nach dem Eingriff einigermassen schmerzfrei auf ebenem Gelände gehen, ein paar Stockwerke steigen, das Knie strecken und ca. 115 Grad beugen zu können.