Sind Hautkrankheiten psychisch?

Alles, was chronischen Stress reduziert, reduziert auch die Entzündung. Dr. med. Marc Fouradoulas, Spezialarzt für Allgemeine Innere Medizin und Psychosomatik in Zürich, über den Zusammenhang von Hautkrankheiten und Psyche.

Hauterkrankung Psychisch
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«Das geht mir unter die Haut « – «Die Haut ist der Spiegel der Seele». Was der Volksmund schon lange suggeriert, ist mittlerweile auch wissenschaftlich belegt. Bereits seit den 70er Jahren werden die Zusammenhänge zwischen Psyche und Hautkrankheiten erforscht. Über die letzten 20 Jahre hat sich die Psychodermatologie zu einer eigenständigen Wissenschaftsdisziplin und zu einem Teilgebiet der psychosomatischen Medizin entwickelt. Sowohl in Bevölkerungsuntersuchungen als auch molekular auf Ebene des Nerven- und Immunsystems – psychoneuroimmunologisch – liessen sich diese Zusammenhänge nachweisen.

Psyche kann auch Haut belasten

Hautkrankheiten können die Psyche stark in Mitleidenschaft ziehen. Betroffene leiden überdurchschnittlich häufig unter Depressionen und Ängsten. Umgekehrt kann die Psyche aber auch die Haut belasten. So findet sich im Vorfeld von Neurodermitis, Psoriasis oder Melanomen oft ein psychisches Trauma. Dass Stress entzündliche Hautkrankheiten begünstigen kann, gilt mittlerweile als gesichert, obwohl das wissenschaftlich schwerer zu erfassen ist. Trotzdem sind diese Erkenntnisse sowohl Ärzten als auch Patienten nur wenig bekannt. Auch mangelnde Erfahrung im Umgang mit psychischer Belastung, Angst vor Stigmatisierung oder Zeitmangel können dazu beitragen, nur die Haut und nicht den Menschen zu behandeln.

Zum besseren Verständnis ein paar Fakten

Auf jeder Immunzelle in und unter der Haut befinden sich Rezeptoren für Stresshormone. Bei jeder Stressreaktion reagiert auch das Immunsystem. Psyche und Haut sind so über Nerven und Immunsystem eng miteinander verknüpft.

Bei chronischem Stress – seien es Traumatisierung, Angst oder Depressionen – verschiebt sich die Immunbalance. Es kommt zu einer peripheren nicht-zellulären Entzündung, die pro-allergen und pro-autoimmun wirkt. Man spricht von Stress-verstärkter Entzündung.

Bei Neurodermitis wird unter psychosozialer Belastung in bis zu 50 Prozent eine Hautverschlechterung beobachtet. Bei akutem Stress stellt sich diese in der Regel innert 24 Stunden ein. Bei Psoriasis kann die zeitliche Verzögerung bis zu drei Wochen dauern.

Traumatische Lebensereignisse sind mit einem erhöhten Auftreten von Neurodermitis, Psoriasis oder Hauttumoren in einem Zeitfenster von etwa 6 Monaten verbunden.

Lösungsansätze

Reagiert Ihre Haut auf Stress? Oft, aber nicht immer spielt die Psyche mit. Daher lohnt es sich, rückblickend bis zu einem halben Jahr vor einer neuen Hauterscheinung oder Verschlimmerung einer bestehenden Hauterkrankung auf psychische Belastungen zu achten. Liegen andere stressbezogene Symptome vor, wie zum Beispiel Schlafstörungen, chronische Müdigkeit oder Stimmungsschwankungen?

Was können Sie tun? Alles, was Stress reduziert, reduziert auch die Entzündung. Das ist gut belegt für moderaten Ausdauersport und Entspannungsübungen wie autogenes Training oder Meditation etc., aber auch für ausreichend Schlaf und sozialen Support.

Wenn Sie merken, dass Ihre Hauterkrankung auf psychische Probleme zurückgeht, sollten diese auch entsprechend erkannt und fachkompetent – ärztlich, psychologisch – behandelt werden.

Dr. med. Marc Fouradoulas, Spezialarzt für Allgemeine Innere Medizin und Psychosomatik in Zürich
Dieser Eintrag wurde veröffentlicht am 19.09.2019.

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