..sind Kinder chancenlos.
Von Peter Angst. Wir leben in verrückten Tagen. Die Angebote und Verlockungen, die ununterbrochen auf junge Familien einprasseln, sind erdrückend. Wir werden überflutet von Informations- und Unterhaltungswellen. Leider werden unsere Kinder durch diese Reizüberflutung viel zu früh geweckt und ständig mit neuen Bedürfnissen aufgeputscht. Für eine kindergerechte Jugend ist die Welt schlicht zu laut geworden.
Die extreme Konsumwelt verführt viele labile Kinder zu allen möglichen und unmöglichen Begierden mit entsprechendem Verhalten. Dadurch werden verantwortungsvolle und erziehungsbewusste Eltern zu täglichen Neinsagern, was fürchterlich ermüdend und anstrengend ist. Viele Eltern fürchten, dass sich die Kinder durch das Neinsagen von ihnen abwenden könnten.
Die Eltern von heute werden aber auch durch die Botschaften von eigenartigen Kuschel-Ratgebern verunsichert, die ihnen weismachen wollen, Kinder bräuchten nur Liebe und viel, viel Verständnis. Dann werde alles gut. So einfach ist das aber nicht. Natürlich braucht es in einer gesunden Familie viel Liebe und Verständnis. Aber es braucht auch genauso viel Biss und Konsequenz, damit die heranwachsenden Kinder vor all dem gigantischen Müll geschützt werden, um sich gesund entwickeln zu können. Deshalb braucht es hin und wieder Konfrontation und Widerstand. Erziehen ist mehr als Kuscheln!
Die ganze Schöpfung ist nach einem dualen Prinzip geschaffen: Hell und dunkel, heiss und kalt, schwach und stark. So auch die Erziehung: Neben liebevoller Zuwendung benötigt sie ein ebenso wertvolles Gegenstück, nämlich Forderungen und Konfrontation. Vielleicht hat uns die Natur auch deswegen zwei wunderbare Hände mitgegeben.
Die eine Hand symbolisiert das Zuwendende, Streichelnde. Sie schenkt Liebe und Vertrauen. Es ist die gebende Hand. Die andere steht für das Stoppende, Schützende und Konfrontierende. Die Hand, die sich einmischt, wenn es nötig wird, sich entgegenstellt bei Gefahren. Die hin und wieder sogar weh tun kann und muss. Es ist die nehmende und fordernde Hand.
Dummerweise lassen sich viele Eltern auf diese einseitigen Wünsche ein und bieten ihren Kindern nur die eine Hand. Sie sind erstaunt, wenn es dann in der Erziehung nicht mehr klappt. Kinder, die nur einhändig begleitet werden, werden meistens haltlos und aggressiv. Eine Hand allein genügt nicht auf dem schwierigen Weg durch die Kindheit, wo so viel Wichtiges geschieht und viel Abartiges und Gefährliches lauert.
Was ist eigentlich Erziehung?
Gute Erziehung ist anspruchsvoll, schon fast eine Berufung. Eine Mischung aus eigenen Erfahrungen, Wissen und Handeln. Sie ist anstrengend und eine der gewaltigsten Langzeitleistungen. Erziehung heisst, sich selber im Auge behalten und ein gutes Vorbild sein sowie ein bewusstes Begleiten. Es ist ein stetes Fordern und Fördern. Nicht unterfordern, aber auch nicht überfordern. Erziehen ist die grosse Kunst von Geben und Nehmen. Erziehung ist auch das feinfühlige Beibringen von sozialen Werten wie Fairness, Hilfsbereitschaft, Solidarität, Aufmerksamkeit, Mitgefühl, Mut und Dankbarkeit. Sogar ein paar altmodische Begriffe, die moderne Pädagogen und Pädagoginnen kaum mehr in den Mund nehmen, sollten wieder vermittelt werden: Anstand, Ehrlichkeit, Freundlichkeit, Achtung und Respekt dem Mitmenschen gegenüber sowie Disziplin, Verantwortung und Leistungsbereitschaft.
Erziehung ist…
Erziehung ist ein weites Feld. Mit diesen zehn Grundsätzen machen Sie alles richtig:
Erziehung ist…
- Wissen und damit lernbar
- Beziehung und Vertrauen
- Vorbild und Vorleben
- Versprechen einhalten
- am gleichen Strick ziehen
- Liebe und Zuwendung
- Fordern und Konfrontieren
- Erziehung zur Selbsterziehung
- lebenstüchtig machen
- rechtzeitiges Loslassen