Wir haben nur dieses eine Leben

Heide Rose Decurtins Aufmacher REA

Die Geschichte des klinisch toten Rennvelofahrers hat mich sehr berührt und nachdenklich gemacht (Geschichte hier nachlesen). Hier lese ich von einem Menschen, der in aller Dankbarkeit und demütig erkennen darf, was eigentlich das Leben ausmacht. Erkennen, wie notwendig es ist, an sich zu arbeiten und auch bereit zu sein, einen neuen Weg in seinem neu geschenkten Leben zu gehen. Ein glückliches und erfülltes Leben hat nichts mit dem Materiellen und mit ideologischen Werten zu tun. Es sind die Erfahrungen und Ereignisse in unserem Leben, die uns aufzeigen möchten, was wichtig für uns ist, um glücklich, frei und zufrieden unser Leben zu leben.

Wenn ich mich umsehe, sehe ich Menschen, denen es nicht bewusst ist, dass uns nur dieses eine Leben geschenkt ist. Doch dieses Geschenk hat ein Ablaufdatum. Es ist nicht selbstverständlich, dass es uns gut geht, wir einen tollen Job haben, die neusten Designer-Kleider, Ferienreisen zu den schönsten Destinationen. Die digitale Welt hat wie eine Spinne ihr Netz von permanenter Allgegenwärtigkeit über unseren Alltag gelegt. Wir rasen atemlos durch unser Leben. Atemlosigkeit ist das neue Lebensgefühl.

«24/7» ist das Kürzel unserer Zeit. Zuerst sah ich dies in den USA an den Geschäften und Dienstleistungsfirmen mit dem Versprechen: 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche zur Verfügung zu stehen, Tag und Nacht, also rund um die Uhr. Und das ist bei uns leider auch schon Mode.

Pausen schenken

Wann schenken wir uns Pausen, wenn wir schon einen vollen Terminkalender haben? Oder müssen wir zuerst durch eine Krankheit oder eine einschneidende Situation in unserem Leben dazu gezwungen werden? Pause zu haben bedeutet wieder Luft zu schöpfen, aufzuatmen, sich Zeit zu nehmen, sich zu spüren um wieder den eigenen Rhythmus aufzunehmen. Pausen sind so vielfältig, wie das Leben selbst. Atempausen helfen zu leben. Denkpausen benötigen wir, um nachzudenken und um uns weiterzuführen. Zwangspausen durch Krankheit oder Verlust zwingen uns, sich freier zu machen. Und auch das Vergnügen braucht manchmal Pause.

Da denke ich an Nietzsche: «Sie steigen wie Tiere den Berg hinauf, dumm und schwitzend: man hat ihnen zu sagen vergessen, dass es unterwegs schöne Aussichten gebe.» Zum Glück gibt es Pausen: Immer wieder – und das ist das Schönste aller Aussichten.

Innehalten

Wir rennen dem guten Leben hinterher. Dabei wartet es auf uns, wenn wir nur innehalten würden. Wie können wir erkennen, was wirklich wichtig ist?

  • Achtsamkeit und Vertrauen. Lernen, das Leben bewusster wahrzunehmen, verstehen, was es mit dem Tod auf sich hat und ins Leben vertrauen.
  • Gelassenheit, um stürmische Zeiten zu meistern. Das Loslassen und die Fähigkeit, Ängste und Sorgen überwinden zu können.
  • herausfinden, was man selbst will, um dann selbstbestimmt danach zu handeln und die kostbare Lebenszeit sinnvoll und erfüllend zu nutzen.
  • sich die Frage stellen, was man wirklich benötigt, um glücklich und zufrieden zu leben, im Beruf, wie auch in der Gesellschaft.

Liebe und Dankbarkeit

Zu all diesem gehört die Erkenntnis, dass ohne Liebe zu sich selbst auch keine Liebe zu anderen Menschen möglich ist, sowie Dankbarkeit für all das, was uns das Leben schenkt. Wenn wir lernen, uns auch unsere eigenen Mängel zu verzeihen, können wir besser mit denen unserer Mitmenschen umgehen.

Und vielleicht darf ich Ihnen noch einen Denkanstoss mitgeben, den ich dem Lebensfreudekalender entnommen habe:

Mal angenommen: Heute wäre Ihr letzter Tag in Ihrem Leben. Würden Sie heute tun, was Sie sich vorgenommen haben?

Wenn Sie diese Frage für mehrere Tage hintereinander mit NEIN beantworten, ist es vermutlich an der Zeit, etwas zu ändern.

Heide-Rose Decurtins