Am Anfang war es nur ein Brennen in der Blase, das den 42-Jährigen in der Nacht weckte. Doch auch sein Penis war in diesem Moment jeweils steif – ohne jede sexuelle Erregung. Die Episoden wurden schlimmer, die Schmerzen im Penis grösser. „Die Erektionen treten nur im Bett auf, manchmal vier bis zehn Mal. Wenn ich mich bewege und tief atme, sind sie innert Sekunden weg. Kaum falle ich wieder in den Schlaf, kommen sie zurück. Verlangen nach Sex habe ich in diesen Momenten keines. Doch speziell ist, dass die Dauererektionen häufiger auftreten, wenn ich vor dem Zubettgehen noch einen Film mit erotischen Szenen gesehen habe. Selbst, wenn diese Szenen völlig harmlos sind.“
Er sei zum Hausarzt gegangen, dann von Pontius zu Pilatus geschickt worden und überall ohne wirklichen Befund zurück gekommen. Einzig eine psychische Ursache hätten die Ärzte ausgeschlossen. Ganz am Anfang wurde bei ihm ein Leistenbruch operiert, aus Unzufriedenheit habe er danach aber den Arzt gewechselt. Irgendwann konnte er kein Fleisch mehr essen. Dann musste er wegen einer massvien Verstopfung und unerträglichen Bauchschmerzen als Notfall ins Spital. Die nächtlichen Erektionen wurden nicht weniger. Die Schmerzen im Penis auch nicht, sie nahmen im Gegenteil sogar noch zu. Zeitweise Erleichterung habe ihm die Behandlung mit Kinesiologie gebracht. Doch jetzt hält er es nicht mehr aus. „Die letzten 14 Tage brachten mich an den Rand meiner Möglichkeiten. Ich habe keine Lebensqualität mehr. Der Schlafentzug ist für mich nicht länger zu ertragen. Und das Schlimme: meine sexuelle Lust ist gleich Null, Verlangen nach Sex habe ich keines mehr.“
Wir haben den Fall den beiden erfahrenen Urologen Dr. med. Ladislav Prikler und Dr. med. Roger Gablinger von Uroviva in Bülach übergeben. Hier ihre Antwort:
Medizinisch ist es nicht ganz einfach, die Ursache für die wiederholten schmerzhaften nächtlichen Erektionen herauszufinden. Es gibt Männer mit einem erhöhten Sexualtrieb, was aber bei Ihnen nicht der Fall zu sein scheint, da sie während den Erektionen keine sexuelle Erregung verspüren und die Erektionen auch schmerzhaft sind. Schmerzen bei Erektionen treten meist erst nach etwa ein bis zwei Stunden auf, da es durch den Blutstau im Penis zu einer Mangelversorgung an Sauerstoff kommt.
Es gibt verschiedene – häufigere und seltenere – Gründe für eine verlängerte Erektion. Ich kann Ihnen mögliche Gründe nicht abschliessend aufzählen, aber neben Medikamenten kommen auch blutbedingte und neurologische Erkrankungen in Frage.
Ausserdem kann ein erhöhter Druck im kleinen Becken durch eine volle Harnblase mit oder ohne Erkrankung der Prostata sowie durch Stuhlunregelmässigkeiten und starke Windbildung den Blutabfluss aus dem Penis behindern und so eine Erektion begünstigen oder verlängern. Ihre Prostata wurde ja schon abgeklärt. Man sollte deshalb den Fokus auf eine gute Stuhlregulierung legen und am Abend eher auf eine leichte bläharme Kost setzen.
Ich würde des Weiteren empfehlen, zunächst die nächtlichen Erektionen mittels eines speziellen Messgerätes zu objektivieren. Eine solche nächtliche Tumeszenzmessung kann in einigen urologischen Kliniken durchgeführt werden. Je nach Befund wäre unter Umständen eine weitere Abklärung durch einen Hämatologen – einen Blutspezialisten – und einen Neurologen angezeigt. Ebenso könnte eine Abklärung in einem Schlaflabor weiterhelfen sowie eine Arterien- und Venenflussmessung der Penisgefässe und des Schwellkörpers während einer pharmakoinduzierten Erektion. Bitte beachten Sie, dass bei aller heute zur Verfügung stehender Technik nicht alle Leiden diagnostiziert oder behandelt werden können.