Sitzen statt spritzen – eine Lektion übers Pinkeln

Männer Pinkeln Bild: AdobeStock, Urheber: Jürgen Fälchle

Männer, die im Sitzen Wasser lassen, sollen keine richtigen Männer sein und ihre Gesundheit riskieren. Solchen Brunz liest man immer wieder. Das Gegenteil ist der Fall. Es gibt keine wissenschaftliche Untersuchung, die belegen oder auch nur einen Hinweis darauf geben würde, dass die Körperhaltung beim Wasserlassen kurz- oder langfristig einen Einfluss auf die Organfunktion hat. Weder auf die Entleerung der Blase noch auf die Stärke des Harnstrahls noch auf die Sexualfunktionen.

Gefährliche Ohnmachtsanfälle

Aus unfallchirurgischer Sicht ist das Urinieren im Sitzen allerdings deutlich sicherer, wegen der geringeren Verletzungsgefahr bei einem allfälligen Sturz. Das gilt vor allem im vorgerückten Alter und bei Erkrankungen von Herz, Blutgefässen und Gleichgewichtssinn. Besonders für reifere Herren mit vergrösserter Prostata kann das Stehpinkeln unter Umständen sogar lebensgefährlich werden. Wegen der Abflussbehinderung dauert das Entleeren der Blase minutenlang. Zudem müssen die Betroffenen häufiger nachts raus. Beim plötzlichen Aufstehen und beim langen Stehen kann einem leicht schwindlig werden. Gibt jemand dann stehend noch viel Druck auf die Blase, kann er ohnmächtig werden und sich beim Sturz schwer verletzen. Miktionssynkope nennt man das in der Medizin.

Alkoholisierte Männer sind besonders gefährdet

Die forcierte Blasenentleerung löst einen starken Nervenreiz aus. Der wiederum sorgt dafür, dass das Herz langsamer schlägt. Die Folge ist ein Blutdruckabfall, durch den das Gehirn nicht genügend Sauerstoff bekommt. Passiert dieser Ohnmachts-Anfall an einem dummen Ort, zum Beispiel am Rand einer Mauer oder Brücke oder gar auf einem Segelschiff, kann ein solcher Sturz tödliche Folgen haben. Besonders alkoholisierte Männer neigen dazu, den Urin lange zurückzuhalten. Doch je voller die Blase, desto grösser das Risiko der unheilvollen Nervenreizung beim Pinkeln und damit der Ohnmacht.

Wie lässt sich solchem Unheil vorbeugen? Und wie soll man anständig und respektvoll pinkeln?

  • Die bei uns verbreiteten Sitztoiletten sind für Stehpinkler völlig ungeeignet. Selbst bei perfektem Zielen spritzt ein Teil des Urins wieder zurück – wie bei einem starken Regen – und verschmutzt die Toilette und die Umgebung. Daran ändert auch nichts, die Klobrille vorher hochzuklappen oder die Ränder des Klosetts nach der Benutzung mit WC-Papier abzuwischen.
  • Je nach Lage der Vorhaut kann der Strahl völlig unberechenbar werden. Auch zwei Strahle gleichzeitig sind möglich. Einer zielt richtig, der andere geht völlig daneben.
  • Im Stehen pinkeln ist kein Zeichen von Manneskraft oder Überlegenheit, sondern eine schlechte Angewohnheit und für jeden, der die Toilette zu reinigen hat, eine Zumutung. Übrigens sollten auch die Männer eine Toilette putzen müssen. Denn wer nicht putzt, passt auch nicht auf. Insgesamt hat man den Eindruck, dass die Bereitschaft, sich hinzusetzen, in den jüngeren Generationen zunimmt.
  • Im Sitzen sollten Männer darauf achten, dass der Strahl nicht zwischen Brille und Becken hindurch oder sogar nach oben schiesst. Das kann vor allem passieren, wenn sich ein Mann gleich nach dem Aufstehen mit einer Morgenerektion auf die Toilette setzt. Zudem sollte man vermeiden, dass der Penis beim Pinkeln das Innere des Beckens berührt.
  • Wer fürs Pinkeln unterwegs ein Pissoir benutzt, sollte vor allem nach Alkoholkonsum vorsichtig sein und ja nicht stark pressen. Plötzliches Schwitzen, Unwohlsein und Schwindel können Anzeichen einer Miktionssynkope sein. Dann sollte man die Beine überkreuzen und anspannen, um den Urin anzuhalten, und sich sofort hinsetzen.
  • Besonders ältere Semester sollten sich den Ort, wo sie stehend pinkeln, bewusst aussuchen. Was passiert, wenn ich dabei ohnmächtig werde und hinfalle? Stürze ich irgendwo in die Tiefe? Es gibt Würdevolleres als ein Tod beim Pissen.