Das Rätsel der zu grossen Milz

Morbus Gaucher Milzvergroesserung Bild AdoveStock Urheber mi viri Bild: AdobeStock, Urheber: mi viri

Natascha kam mit 35 Jahren über den Hausarzt ins Kantonsspital. Sie litt an Splenomegalie – einer krankhaft vergrösserten Milz – und einem Mangel an Thrombozyten, die für die Blutgerinnung nötig sind. Doch was war der Grund für die zu grosse Milz und die tiefen Thrombozyten? Zu wenig Vitamin B12, zu wenig Folsäure? Eine Erkrankung des Knochenmarks, Krebs? Vieles wurde im Spital gecheckt. In Nataschas Blut fand man weder einen Hinweis auf akute Entzündungen noch auf einen fieberhaften Infekt. Auch keine Hämoglobinopathie und kein Pfeiffersches Drüsenfieber. Keine Leukämie und kein Lymphom. Keine Hinweise auf Leberzirrhose und auch nicht auf Herzinsuffizienz.

Spitalintern wurde Natascha in die Gastroenterologie überwiesen. Auch hier blieb man zunächst ratlos. Bis einer der Ärzte nach einem Ultraschall einen Geistesblitz hatte. Es könne Morbus Gaucher sein. Eine vererbte lysosomale Speicherkrankheit, die sich manchmal über eine vergrösserte Milz bemerkbar macht.

Klarheit nach Knochendichtemessung

Volltreffer. Der Trockenbluttest bestätigte die Vermutung des Arztes. Und weil Osteo­porose eine typische Begleiterkrankung von Morbus Gaucher ist, machte man bei Natascha noch eine Knochendichtemessung. Auch hier wurden die Ärzte fündig. Alles passte auf einmal zusammen.

Wer an Morbus Gaucher erkrankt, hat bis zur Diagnose oft schon einen langen Leidensweg hinter sich. Morbus Gaucher zählt zu den seltenen Krankheiten. Ihre Symptome passen auch zu anderen, viel häufigeren Erkrankungen. Bei Morbus Gaucher führt eine genetische Fehlfunktion der Zellen dazu, dass körpereigene Abfallprodukte nicht abgebaut, sondern angehäuft werden. Unbehandelt sterben erst die betroffenen Zellen, später ganze Organe. Ähnlich wie bei der ebenfalls seltenen Acid Sphingomyelinase Deficiency ASMD, manchmal als Niemann-Pick-Krankheit Typ A/B bezeichnet, die ebenfalls hinter einer Splenomegalie stecken kann.

Eine vergrösserte Milz macht von sich aus wenig bis keine Beschwerden. Erst wenn sie wegen zunehmendem Volumen unter dem schützenden Rippenbogen hervortritt, schwillt der Bauch sichtbar an, oder die Milz drückt auf den Magen und führt beim Essen zu frühzeitigem Völlegefühl.

Seit zwei Jahren bekommt Natascha nun die richtigen Medikamente. Eine Enzym­ersatztherapie zur Behandlung von Morbus Gaucher und Bisphosphonate zur Behandlung der Osteoporose. Die Laborwerte haben sich in beiden Fällen seither deutlich verbessert. Der Patientin geht es richtig gut.

So erkennt man Morbus Gaucher

Morbus Gaucher macht Symptome, die auch zu anderen, häufigeren Krankheiten passen. Bei diesen Symptomen sollte man auch an Morbus Gaucher denken: vergrösserte Milz, vergrösserte Leber, verminderte Knochendichte, Blutarmut, Mangel an Blutplättchen. Sie führen zu vorgewölbtem Bauch, Müdigkeit, Blutergüssen, blauen Flecken, Nasenbluten, Wachstumsverzögerung sowie Gelenk- und Knochenschmerzen.