Ich fühle mich wie ausgewechselt

Eisenmangel 01.23

Am Anfang hat sie es gar nicht recht zuordnen können. «Ich fand tausend Gründe für mein Unwohlsein», sagt die 35-jährige Bernerin. Frühjahrsmüdigkeit, anstrengende Tage in Job und Familie, zu wenig Sonnenlicht. «Ich hatte auch häufig so ein komisches Gefühl von Herzrasen vor dem Zubettgehen, einen pochenden Herzschlag, innere Unruhe, manchmal Schwindel. Meine Hände waren eiskalt, mein Kopf tat weh, meine Haare wurden dünner. Beim Rollerbladen fehlte mir die Energie. Die Muskeln verkrampften schon bei halber Leistung, und ich war schnell müde. Selbst genügend Schlaf konnte das Manko nicht ausgleichen.»

Ferritin-Wert abklären lassen

Weil die Symptome schleichend kamen, dauerte es eine Zeit, bis sich Lea Schott Sorgen machte. «Ich befürchtete ein organisches Problem an Herz oder Schilddrüse. Der Arzt nahm Blut, machte einen Rundum-Check. Alles bestens, ich war organisch völlig gesund. Bis auf eins. Meine Ferritin-Speicher waren leer, und zwar schon seit Längerem.» Die Bernerin hatte gerade noch 16 Milligramm pro Liter Blut. Über die kritische Untergrenze besteht Uneinigkeit. Einige geben sie mit 50 Milligramm pro Liter an, andere gehen tiefer. Die Idealwerte liegen in jedem Fall höher. «Ich war sehr froh, dass mein Herz gesund war, doch mein Arzt ermahnte mich, auch den Eisenmangel ernstzunehmen. Wir analysierten meine Ernährung und sprachen auch eine mögliche Wechselwirkung mit dem Eisen an.»

Schnelle Hilfe

Während der Behandlung ging es stetig bergauf. «Meine Durchblutung wurde sofort besser. Das Herzrasen wurde immer weniger, die Müdigkeit verschwand, auch mein Schwindel wurde von Woche zu Woche besser. Nach gut einem Monat fühlte ich mich wie ausgewechselt. Wir haben herausgefunden, dass mein Ferritin über 100 sein muss, damit es mir gut geht.»

Es kann jeden treffen

Bei Frauen erhöhen frühe und verstärkte Regelblutungen das Risiko für einen Eisenmangel. In der Schwangerschaft ist der Eisenbedarf sehr hoch, und selbst in und nach den Wechseljahren leiden Frauen häufig an Eisenmangel. Die Symptome ähneln stark den Wechseljahrbeschwerden und werden häufig verkannt. Weit verbreitet ist Eisenmangel auch unter Kindern, Jugendlichen und Sportlern. Selbst Männer sind nicht davor gefeit, wenn auch weniger betroffen. Eisen ist unerlässlich für den Energiestoffwechsel der Nervenzellen, für die Produktion von Botenstoffen, die Nervenschaltstellen und die Nervenumhüllungen. Eisenmangel in Wachstumsphasen sollte man deshalb unter allen Umständen vermeiden. Dies umso mehr, als es unter Jugendlichen einen risikobehafteten Megatrend gibt. Lebensmittel tierischer Herkunft, speziell Fleisch, haben in weiten Kreisen einen schlechten Ruf. Doch Vegetarier haben ein erhöhtes Risiko für Eisenmangel, weil das sehr gut resorbierbare Eisen durch den Verzicht auf Fleisch in ihrer Ernährung nicht vorkommt. Das gilt auch für Sportler, wenn sie sich vorwiegend vegetarisch und kohlenhydratreich ernähren. Zudem haben gerade sie einen erhöhten Eisenverbrauch. Blutverluste über den Magen-Darm-Trakt ereignen sich nicht nur unter Wettkampfbedingungen, sondern auch während intensiver Trainingseinheiten.

Eisenmangel im Alter kann schwerwiegende Störungen verursachen, die man fälschlicherweise dem Alter zuschreibt. Klagt ein älterer Mensch über Müdigkeit und Nachlassen der körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit, sollte man ihm raten, vom Arzt abklären zu lassen, ob ein Eisenmangel vorliegt.