So werden Sie glücklich

Glueck Bild AdobeStock Urheber BillionPhotos Bild: AdobeStock, Urheber: BillionPhotos

Was ist Glück?

Dafür gibt es keine allgemeingültige Defini­tion, weil jeder etwas anderes darunter versteht. Ich spreche lieber von Lebenszufriedenheit und Wohlbefinden.

Wird Glück also überbewertet?

Ja. Vor allem dann, wenn man das Gefühl hat, dass man immer gute Laune haben und einem alles gelingen muss. Glück wird ja auch mit Zufall assoziiert. Diesen zu beeinflussen, ist unmöglich. Bei der Lebenszufriedenheit hingegen geht das.

Wie?

Zuerst einmal müssen ein paar Grundvoraussetzungen erfüllt sein. Zum Beispiel die Sicherheit. Im Krieg wird niemand glücklich. Auch elementare finanzielle Mittel sollten stimmen.

Was ist mit der Gesundheit?

Es ist ein grosser Irrtum, dass Kranksein oder eine Beeinträchtigung automatisch mit Unglück gekoppelt wird. Studien zeigen, dass die meisten Paraplegiker nach zwei bis drei Jahren wieder gleich zufrieden sind, wie vor dem Unfall. Es kommt immer darauf an, wie stark die Freiheit und Autonomie eingeschränkt ist. Natürlich spielen auch die Einstellung und die Veranlagung eine Rolle.

Das Glück ist in unseren Genen?

Zumindest ist genetisch bedingt, ob wir eher optimistisch oder pessimistisch denken. Trifft Letzteres zu, muss man sich etwas mehr anstrengen, um zufrieden zu sein. Das heisst aber nicht, dass man nichts bewirken kann.

Wie geht das?

Ich arbeite mit dem Perma-Modell. Das sind fünf Säulen, auf denen das Wohlbefinden aufbaut. Jede von ihnen können wir beeinflussen. Die Abkürzung kommt aus dem Englischen und steht für Positive Emotions (gute Gefühle), Engagement (Stärken einsetzen), Relationships (Beziehungen), Meaning (Sinn) und Achievement (Zielerreichung).

Wie kann ich meine Emotionen ­beeinflussen?

Zuerst indem ich Fragen stelle. Was tut mir gut? Wie kann ich mehr davon bekommen? Es gibt dafür einen ganz einfachen Trick, der sogar wissenschaftlich belegt ist. Schreiben Sie jeden Abend drei Dinge auf, die Sie durch den Tag hindurch glücklich gemacht haben. Fragen Sie sich: Was war schön, und was habe ich dazu beigetragen? Schon nach sechs Wochen ist man zufriedener.

Was ist mit Engagement gemeint?

Dass man sich seiner Stärken bewusst wird. Bei welcher Tätigkeit vergessen Sie die Zeit und sind gefordert? Was können Sie besonders gut? Das kann privat oder beruflich sein. Hat man das herausgefunden, sieht man plötzlich den Sinn einer Tätigkeit.

Kommen wir zu den Beziehungen, wie wichtig sind sie für unsere Zufriedenheit?

Sie sind eine der Hauptzutaten für ein gutes Leben. Sich mit Menschen zu verbinden, ist eine wichtige Eigenschaft, die man fördern sollte. Genauso rate ich aber, sich von Beziehungen, die einem nicht guttun, zu lösen. Wichtig ist, dass man auch die Bindung zu sich selbst pflegt, das nennt man dann Selbstfürsorge.

Wie sieht es mit der Frage nach dem Sinn aus?

Wenn man in seinem Tun oder Dasein einen Sinn sieht, ist man natürlich glücklicher. Das kann zum Beispiel sein, dass man als Mutter oder Vater die Verantwortung für die Kinder übernimmt. Dieser Sinn erfüllt einen etwa 20 Jahre, danach muss man sich einen anderen suchen.

Wie wichtig sind Ziele, die fünfte Säule des ­Modells, im Leben?

Wenn man Ziele verfolgt, die einem sinnvoll erscheinen, dann wirkt das erfüllend. Das müssen nicht unbedingt die grossen Lebensziele sein. Manchmal reicht es, einen einfachen Vorsatz – wie das Zmittag selber zu kochen – umzusetzen. Dann gibt es zum feinen Essen ein gutes Gefühl.

Kann man nach einem Schicksalsschlag wieder glücklich werden?

Unbedingt. Ich habe selber meine erste Frau verloren. Sie war 36 Jahre alt und hinterliess mich und unsere vier Kinder. Natürlich werden wir das nie vergessen, aber irgendwann kommt die Akzeptanz und dann die Erkenntnis, dass man auch etwas gewonnen hat.

Was war das in Ihrem Fall?

Ich hätte sonst nie eine so intensive Beziehung zu meinen Kindern aufbauen können. Und sie wiederum haben viel über den Tod gelernt und schätzen das Leben und die Geborgenheit umso mehr. Ich würde sogar sagen, wir sind auf der Zufriedenheitsskala gleichauf wie vor dem Schicksalsschlag.

Wie ist es mit dem Glauben? Sind Religiöse ­zufriedener?

Ja, sie haben eine leicht höhere Lebenszufriedenheit. Erstens wegen der sozialen Integration. Sie gehören einer homogenen Gruppe an. Zweitens haben sie auf viele Sinnfragen eine Antwort. Das gibt Sicherheit.

Was ist mit dem Geld?

Lange dachte man in Fachkreisen, dass die Zufriedenheitskurve ab einem gewissen Betrag abflacht. Neuste Studien zeigen aber, dass mehr Geld auch leicht höheres Glück bedeutet.

Dann sind alle Reichen automatisch glücklich?

Nein, so einfach ist es dann doch nicht. Die Formel gilt nur in Zusammenspiel mit anderen Faktoren wie Eigenständigkeit, Freiheit und soziale Bindungen. Wichtig ist auch, dass man keine Angst hat um sein Geld. Oder sich nicht ständig nach oben hin vergleicht. Es gibt immer jemand, der mehr hat.

Die besten Tipps von Prof. Willi

Glueck Sigmar Willi
Prof. Sigmar Willi, Dozent für Persönlichkeitsbildung an der OST Ostschweizer Fachhochschule, Berater und Coach.

Kennen Sie Ihre Stärken

Wenn man unsicher ist, welche das sein können: Fragen Sie Ihre Freunde.

Werden Sie aktiv

Wichtig ist, dass man handelt. Das kann bei einem Problem auch das Aufsuchen eines Therapeuten sein.

Lernen Sie aus Krisen

Sehen Sie schwierige Situationen als Lernhilfe. Jede Krise bringt neue Einsichten und lässt Sie wachsen. Und nie vergessen: Vieles was als Unglück daherkommt, erweist sich im Nachhinein als Glücksfall.

Akzeptieren Sie das Negative

Zu jedem Erfolg gehört auch eine Krise, zu jeder Gewissheit braucht es Zweifel, und es gibt kein Leben ohne Tod. Wer das akzeptiert, lebt bewusster und zufriedener.